Wie hängen Fortnite, italienische Pasta und zusammengepresste Sterne zusammen? Das verrät die Veranstaltung „Schwarze Löcher” der Stiftung Planetarium Berlin. Johannes Bauer verrät, für wen sich ein Besuch lohnt.
Ein pechschwarzer Kreis, umgeben von einem hell leuchtenden Sternenhimmel. Bedrohlich bewegen wir uns unaufhörlich auf diese dunkle Mitte zu – nichts und niemand kann diesem schwarzen Loch entkommen. „Und nun sind wir vollständig verschlungen”. Im Planetarium am Insulaner beginnt mit diesen, zugegeben etwas überdramatischen Worten der knapp 60-minütige Vortrag der Stiftung Planetarium Berlin über die Entstehung, Auswirkungen und Messung von schwarzen Löchern.
Der große Unterschied zu gewöhnlichen Vorträgen ist die Visualisierung: 360°-Animationen projiziert auf die 20 Meter lange Decke. Für viele Zuschauende ein ausschlaggebender Grund für ihren Besuch. Rasante Flüge durch fremde Galaxien, farbenfrohe Implusionen von Sternen, verrückte Zeit- und Raumkrümmung durch schwarze Löcher. Die gezeigten Bilder beeindrucken nicht nur, sie helfen aktiv dabei, das Unvorstellbare sichtbar zu machen. Eine ruhige und zugleich begeisternde Stimme führt durch das Video, untermalt von teils dramatischer, teils spielerisch-leichter Musik. Der 30-minütige Film wird durch einen interaktiven Live-Teil mit Fragen ans Publikum ergänzt, der sogar die neuesten Entwicklungen eines schwarzen Loches in der “Nähe” der Erde mit einbindet.
Die Spaghettisierung von Wissen
Eine Warnung vorweg: Wer denkt er*sie sei ausgefuchst und besuche lieber vormittags unter der Woche eine Vorstellung, um so ein fast leeres Plantarium anzutreffen, irrt gewaltig. Die knappe Stunde teilt man sich dann zwar nicht mit Erwachsenen, dafür aber mit Schüler*innen dutzender Altersstufen, denn Schulklassen haben durch die Stark-Durch-Corona-Aktion freien Eintritt in alle Veranstaltungen der Planetarien. Das führt zu einer amüsanten und sehr ehrlichen Reaktion auf das Gesehene und Erlebte. Das Hineinziehen ins schwarze Loch wird mit „Wallah, Krise!” kommentiert und die Animation eines Raumschiffs sieht aus „wie in Fortnite”, dem beliebten Co-Op-Shooter.
Das Angebot der Stiftung Planetarium Berlin soll eben auch jüngere Menschen ab acht Jahren erreichen. Einer solch großen Spannweite an Zuschauenden dermaßen komplexes Wissen zu vermitteln und gleichzeitig zu unterhalten, ist sicherlich keine leichte Aufgabe. Jedoch gelingt dem Vortrag dies auf beeindruckende Weise. Vor allem durch die bildhafte Sprache – ohne dabei in zu starke Banalitäten zu verfallen. Wie das Bild der Spaghettisierung: Wird ein Mensch von einem schwarzen Loch angezogen, wirkt sich die Gravitation unterschiedlich stark auf seine Beine und seinen Kopf aus. Der Körper wird in die Länge gezogen, wie gekochte Spaghetti.
Nischenwissen zum Angeben
Wie entstehen schwarze Löcher?
Schwarze Löschen entstehen meist aus sehr großen, verstorbenen Sternen. Diese leuchten, da Gase im Inneren verbrennen. Ist deren Treibstoff aufgebraucht, ist das Gleichgewicht der Kräfte nach außen (Gasdruck) und nach innen (Gravitation) gestört und der Stern impludiert. Er wird in wenigen Sekunden auf einen Bruchteil seiner Größe mit enormer Dichte zusammengedrückt. Als Vergleich: Um eine ähnliche Dichte zu erreichen, müsste man die Erde auf die Größe einer Erdnuss zusammendrücken. Damit ein schwarzes Loch entsteht, muss der Stern ursprünglich mehr als 25 mal so groß wie unsere Sonne sein.
Wie werden schwarze Löcher entdeckt oder gemessen?
Schwarze Löcher sind nicht direkt sichtbar, da ihre Gravitation nichts, nicht einmal Licht durchlässt. Jedoch gibt es verschiedene Indizien auf schwarze Löcher: Ihre extrem starke Gravitationskräfte verursachen sogenannte Graviationslinien also Krümmung des Lichts. Außerdem beeinflussen sie die Umlaufbahn nahegelegener Planeten. Ein drittes Indiz wird deutlich, wenn ein Körper einem schwarzen Loch zu nahe kommt. Durch die Anziehungskraft wird die Materie so heiß, dass diese sogenannte Röntgenstrahlung abgibt, die Forschende messen können.
Sind Wurmlöcher in fremde Galaxien denkbar?
Wurmlöcher sind Tunnel zwischen zwei Punkten im Weltraum. Durch die Krümmung von Raum und Zeit, könnte man so eine Abkürzung durch die vier Dimensionen des Weltalls nehmen. Laut Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie sind Wurmlöcher theoretisch denkbar. Bisher wurde aber weder ein Wurmloch nachgewiesen, noch wäre es stabil genug, um mit einem Raumschiff hindurch zu fliegen. Doch davon lassen sich Science Fiction-Autor*innen natürlich nicht abhalten.
Wo ist das nächste schwarze Loch und stellt es eine Gefahr dar?
Im Jahr 2019 gelang ein großer Erfolg: Informationen von acht Teleskopen, die auf der ganzen Erde verteilt sind, wurden aufwändig mittels Atomuhren synchronisiert und mit Hochleistungscomputern zusammengerechnet. Durch die Kombination konnte ein Bild eines schwarzen Loches und seiner Umgebung erstellt werden. Die Detailtiefe entspricht damit einem Teleskop, welches so groß wie die Erde wäre. Anfang November 2022 wies ein internationales Forschungsteam ein schwarzes Loch nach, welches drei mal näher als bisherige Löcher an der Erde liege und taufte es Gaia BH1. Es befindet sich aber immer noch sichere 1600 Lichtjahre entfernt.
Fazit: Zwischen Einblick und Einstieg in unbekannte Welten
Raum-Zeit-Krümmung, Relativitätstheorie und Gravitationslinien – für die meisten von uns haben diese Begriffe wohl keine Relevanz im Alltag oder erinnern nur an die unliebsame Verzweiflung vergangener Physikklausuren. Doch der Vortrag der Stiftung Planetarium Berlin richtet sich genau an uns, denn Vorwissen wird nicht benötigt – allenfalls Vorinteresse.
Die visuelle 360°-Show beeindruckt und weckt oder vertieft die Faszination für die Thematik. Der Nachteil dabei: Die Veranstaltung will Zuschauende jedes Alters abholen. Das führt automatisch dazu, dass ein*e Achtjährige*r sich mit einigen Erklärungen überfordert fühlt, während sich ein*e Erwachsene*r mehr Details über die Zusammenhänge wünscht. Für manche bildet ein Besuch nur einen kurzen Einblick, ein Eintauchen in eine fremde Galaxie. Andere nutzen dieses Wurmloch vielleicht auch als einen Einstieg in diese spannende und ansonsten, aufgrund ihrer Komplexität, verborgene Materie.
Die Veranstaltung “Schwarze Löcher” läuft noch bis zum 31. Dezember 2022 im Planetarium am Insulaner sowie im Zeiss-Großplanetarium und kostet jeweils 7.50 € für Studierende. Diese und alle weiteren Events findet ihr auf der Webseite der Stiftung Planetarium Berlin.