Drei (bessere) Weihnachtsfilme ohne Hetero-Lovestory

Die Winterpause ist da, also nichts wie raus aus der Bib und ab nach Hause aufs Sofa und Weihnachtsfilme schauen. Falls ihr zwischen den alljährlichen Klassikern ein bisschen frischen, nicht-heteronormativen Wind braucht, hat Paula Friedel drei weniger patriarchale und sexistische Filme auf Lager, bei denen euch Spekulatius und Eierlikör nicht direkt wieder hochkommen.

Weihnachtsfilme schauen mit Freund*innen und der Familie – das gehört für viele zum Pflichtprogramm. Welche queeren Filme besonders gut sind, erfahrt ihr in diesem Artikel. Foto: Paula Friedel.

Ob Evergreens oder Neuerscheinungen – die Auswahl an Weihnachtsfilmen ist zwar groß, doch die darin gezeigte Idylle scheint immer dieselbe: perfekt, gemütlich, romantisch. Aber habt ihr mal neben all den Schneeballschlachten, Kakao-Dates und Küssen unter dem Mistelzweig mal darauf geachtet, was wir uns da eigentlich reinziehen?

Die klassischen Weihnachtsfilme haben sich seit Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (1973) nur in Kostüm, Berufsbezeichnung und Bildqualität verändert. 1973 hieß es noch: Zu Unrecht verarmte, aber wunderschöne Magd verliebt sich in Prinz, oder eher Prinz verliebt sich in sie, beschließt sie zu heiraten und alle sind glücklich. Ins 21. Jahrhundert übersetzt: Erfolglose und seit Trennung von Ex-Freund unglücklich einsame Journalistin verliebt sich in Prinzen und wird durch dessen Berühmtheit erfolgreich und endlich wieder glücklich (A Royal Prince). Oder auch: Mittellose Künstlerin übernimmt das Geschenkekaufen für den reichen Unternehmensberater, wird von ihm als wunderschön und talentiert erkannt und übernimmt ab jetzt als seine Freundin unbezahlt für den Rest ihres Lebens das Geschenkekaufen (12 Gifts for Christmas).

All I Want For Christmas Is A Man’s Love

Alternativ wird auch gerne eine vermeintlich moderne, aber nicht minder problematische Variante aufgewärmt. DIe geht dann zum Beispiel so: erfolgreiche, aber emotional unfähige Trailer-Produzentin ist nicht in der Lage, Beziehungen zu führen, fährt über die Ferien aufs Land und lernt durch einen zauberhaften und tiefgründigen Witwer mit zwei Töchtern was im Leben wirklich wichtig ist: nicht der Beruf, sondern die Liebe zu einem Mann und (s)einer Familie. (Liebe braucht keine Ferien, 2006). Oder auch: Erfolgreiche, aber herzlose App-Entwicklerin wird von ihrem Freund verlassen, weil ihr Weihnachten nicht wichtig ist und fährt für die Feiertage zum ersten Mal wieder nach Hause, wo sie sich in einen alten Kindergartenfreund verliebt und endlich zurück zu Liebe und Traditionen findet. (Weihnachten in Christmas Creek, 2018).

Also liebe Frauen: seid schön und talentiert (aber vor allem schön), erfolglos und bescheiden (aber vor allem erfolglos), dann wird euch, wenn ihr Glück habt, ein (erfolg-)reicher und schöner Mann entdecken und euch einen Lebenssinn geben. Aber keine Sorge: Selbst wenn ihr aus Versehen selbstbewusst, erfolgreich und dementsprechend emotionslos und leer geworden seid – mit ein bisschen männlicher Unterstützung werdet ihr schon den Weg zurück in die Küche- ähhh, zu euer wahren Liebe finden.

Aber die klassischen erfolgreichen Weihnachtsfilme von heute sind nicht nur sexistisch, sondern auch so weiß und heteronormativ wie nur irgendwie möglich. Und Weihnachten ist schließlich ein Fest der Liebe – da sollte es doch möglich sein, verschiedene Konstellationen von Liebe zu zeigen und zu zelebrieren. Um ein bisschen Licht ins Dunkel der antiquierten Gruft der Weihnachtsfilme zu bringen gibt es jetzt drei Filmempfehlungen, in denen keine Hetero-Lovestory im Mittelpunkt steht – let´s go-ho-ho!

The Happiest Season (2020)

The Happiest Season (2020, Netflix) behandelt das relativ klassische Thema des Coming Outs. Weihnachtsliebhaberin Harper (Mackenzie Davis) beschließt spontan, ihre Freundin Abby (Kristen Stewart) über die Feiertage mit zu ihrer Familie nehmen, da Abby ihre Eltern vor Jahren verloren und Weihnachten seitdem auch nicht mehr gefeiert hat. Leider hat sie aber eine entscheidende Sache vergessen: Ihre Eltern wissen weder, dass sie lesbisch ist, noch von Abbys Existenz. Es beginnt ein Versteckspiel und eine weihnachtlich-emotionale Achterbahnfahrt: Liebe, Verrat, Privilegien und die Frage: Wie wichtig ist es, zu sich selbst und vor allem zu den Personen zu stehen, die eine*r/m am wichtigsten sind?

Single All The Way (2021)

In Single All The Way (2021, Netflix) steht Peter (Michael Urie) mit Anfang 30, vor dem klassischen Weihnachtsproblem: Er ist immer noch Single und seine Familie wünscht sich nichts sehnlicher, als dass er endlich einen Freund mit nach Hause bringt. Um unangenehmen und aufdringlichen Fragen zu entgehen, erwählt Peter seinen besten Freund Nick (Philemon Chambers) zum Fake-Partner. Ihr Plan geht allerdings überhaupt nicht auf und langsam beginnt es, irgendwo zwischen Schneeballschlacht, Tanz Choreographie auf Britney Spears und Krippenspielproben zwischen den zwei Freunden zu knistern – Ein waschechter Kitschfilm zum Dahinschmelzen und noch dazu mit einem diversen Cast!

Eine Schöne Bescherung (2016)

Und schließlich: Eine Schöne Bescherung (2016, Amazon Prime), der vielleicht unromantischste Weihnachtsfilm ever. Simon (Anastasios Soulis) und Oscar (Anton Lundqvist) sind seit drei Jahren ein Paar und gründen mit ihrer engen Freundin Cissi (Rakel Wärmländer), die inzwischen im neunten Monat schwanger ist, eine Familie. Um ihren Eltern die frohe Botschaft zu verkünden, haben sie die gesamte Verwandtschaft zum Weihnachtsfest eingeladen.

Wer nur auf Schneeballschlachten und seichte Prinzen-Romanzen aus ist, ist hier fehl am Platz. Konservative Eltern mit problematischen Ansichten, unangenehme Kommentare, Stress und unerreichbare Ansprüche – es wird mindestens genauso viel gestritten wie unterm eigenen Weihnachtsbaum zuhause. Im Gegensatz zu den zuckersüßen Bilderbuchfamilien zahlreicher anderer Weihnachtsfilme zeigt Eine schöne Bescherung eine diverse Palette von Perspektiven auf individuelle und gesellschaftliche Konflikte und scheut dabei nicht vor heiklen Debatten zurück. Ehrlich, herzergreifend und gleichzeitig erfrischend humorvoll.

Auf einen nicht-sexistischen Weihnachtsfilm mit Hetero–Pärchen warten wir allerdings vergeblich. Und im Vergleich zu den Weihnachtsfilmen von heute scheint Aschenbrödel eigentlich gar nicht mehr so antifeministisch: Sie ärgert den Prinzen, verstößt gegen alle Regeln und schießt besser als alle Männer – vielleicht wird es Zeit für ein modernes Remake? Und wo bleiben eigentlich die Weihnachtsfilme, bei denen mensch auch komplett ohne Partner*in glücklich Weihnachten feiern kann? Es bleibt viel Luft nach oben, aber auch viel Potenzial. Auf eine hoffentlich bessere Bilanz im nächsten Jahr und bis dahin: Viel Spaß beim Anschauen!

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