Die sozialistisch-revolutionäre Gruppe Young Struggle besetzt mit rund 50 Personen seit Dienstag, 9.30 Uhr den Hörsaal 2 in der Rost- und Silberlaube. Im Mittelpunkt ihrer Forderungen steht ein Ende aller (vorgeblich) imperialistischen Handlungen Deutschlands: Der deutsche Staat solle seine kriegstreibenden Absichten fallen lassen. Ebenso fordern sie den Beschluss einer universitären Zivilklausel: Die Universität solle sich ausschließlich zivilen Forschungsprojekten verschreiben und auch Investitionen in Rüstungsunternehmen unterlassen. Ein ganztägiges Programm soll die Besetzung begleiten.
Young Struggle versteht sich selbst als eine revolutionäre, sozialistische Jugendorganisation. Die Aktivist*innen streben eine Welt an, die frei von Ausbeutung, Unterdrückung und Diskriminierung ist: eine antiklassistische, antikapitalistische, antifaschistische, antipatriarchale und anitimperialistische Gesellschaft. Die Mitglieder sind unterschiedlicher Herkunft und in mehreren europäischen Ländern aktiv. Vom Verfassungsschutz wird Young Struggle in Verbindung mit der in der Türkei verbotenen Marksist Leninist Komünist Parti (MLKP) gebracht. Die Gruppe selbst wehrt sich gegen eine Kriminalisierung ihres Aktivismus‘.
Mit einer Besetzung zum Ziel
Die Aktion wurde von der Gruppe zuvor gründlich geplant. FURIOS liegen Sitzungsprotokolle vor, nach denen die Vorbereitungen der Besetzung bereits im Dezember vergangenen Jahres begannen. Verantwortlichkeiten wurden verteilt und protokolliert, die Logistik besprochen, Teams für unterschiedliche Phasen der Aktion aufgestellt: Wer kümmert sich um eine Mobilisierung möglichst vieler Studierender? Wer hält Polizei- und Sicherheitskräfte in Schach, sollten diese die Besetzung beenden wollen? Wer recherchiert und hält Vorträge während der Besetzung? – Und was genau fordern wir eigentlich?
In einem an das Präsidium der FU adressierten offenen Brief, der FURIOS bereits im Vorfeld vorlag, formulieren die Aktivist*innen ihre Forderungen:
Im Zentrum ihrer hochschulpolitischen Anliegen steht die Forderung einer Zivilklausel der Freien Universität Berlin. Sie würde die Selbstverpflichtung der Hochschule bedeuten, ausschließlich zu zivilen, nicht aber militärischen Zwecken zu forschen. Mehrere deutsche Hochschulen, etwa die Technische Universität Berlin, führten die Klausel in der Vergangenheit ein. International ist die Zivilklausel wenig verbreitet. Historisch geht die Idee auf die Friedensbewegung zurück und ist unmittelbar mit einer Politik der Abrüstung und Demilitarisierung verbunden. Kritiker*innen lehnen die Zivilklausel etwa mit der Begründung ab, dass ihre Restriktionen zu unscharf seien, indem einzelne Technologien sowohl zivil als auch militärisch Einsatz finden könnten. Auch in der Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und in der nachfolgenden Debatte um eine Aufrüstung der Bundeswehr war die Idee auf Kritik gestoßen.
Ebenso werfen die Aktivist*innen der Universitätsleitung vor, Aktien an Rüstungsunternehmen gekauft und gehalten zu haben. Durch den Besitz solcher Anteile profitiere die FU direkt von bewaffneten Auseinandersetzungen und einer Aufrüstung der deutschen und internationaler Streitkräfte sowie von Waffenexporten. Dementsprechend fordert Young Struggle den sofortigen Verkauf der Anteile, ein künftiges Investitionsverbot in Unternehmen der Rüstungs- und Militärindustrie und eine Offenlegung des universitären Aktienportfolios.
Die Universitätsleitung äußerte sich auf FURIOS-Anfrage bisher noch nicht zu den Forderungen und Vorwürfen der Aktivist*innen. Näher verschaffe sich, der Pressestelle der FU zufolge, die Hochschulleitung „derzeit ein Bild der Lage und wird danach über das weitere Vorgehen entscheiden“.
Young Struggle kritisiert die deutsche Außenpolitik scharf. Insbesondere lehnen sie deutsche Waffenlieferungen ins Ausland und Sanktionen gegen Russland ab, ebenso die Investition von 100 Milliarden sowie jährlich zwei Prozent des BIP in die Bundeswehr. Denn mit diesen Maßnahmen finanziere der deutsche Staat die Waffenindustrie, während die Belange der Bevölkerung, insbesondere des minderprivilegierten Teils, vernachlässigt würden. Young Struggle argumentiert, dass sich mit westlichen Waffenlieferungen der Krieg in der Ukraine nicht schneller beenden lasse. Für dessen Ausbruch sei zudem die NATO wesentlich mitverantwortlich, indem sie einen westlichen Imperialismus unter Führung der USA vorantreibe. Auf ihrer Webseite fordern die Aktivisten entsprechend die „Auflösung aller imperialistischen Bündnisse – ob NATO oder EU, die eine aggressive imperialistische Politik weltweit, aber vor allem aktuell in Osteuropa, ausüben!“
Gemischte Reaktionen
Mit der Besetzung wolle man in der Tradition des linken Protests den Universitätsbetrieb stören. Denn mit den vorausgegangenen Flyer-Aktionen habe man keinen Erfolg gehabt, die eigenen Forderungen durchzusetzen. Nun wolle man die Institution „angreifen“, erklärt ein*e Aktivist*in zu Beginn der Besetzung.
Doch einige Kommiliton*innen begegnen der Aktion, den Positionen und Forderungen von Young Struggle, nicht mit Zustimmung und Wohlwollen. „Ihr habt den Zug echt nicht abfahren hören im vergangenen Jahr“, entgegnet ein Kommilitone auf die Nachricht der Besetzung. „Ihr habt echt einen an der Waffel, oder?“, kritisiert ein anderer die Forderungen der Aktivist*innen. „Ich frage mich ja immer, wie man das hinkriegt, wirklich alle verfügbaren Informationen so zu verdrehen, dass sie sich in ein derart polarisiertes Weltbild einfügen.“
Und auch eine andere Kommilitonin, die die Positionen der Aktivist*innen zwar teilt, kritisiert doch die Aktionsform. Sie glaubt nicht, dass die Aktivist*innen mit ihrem Protest die anderen Studierenden wirklich erreichen. Stattdessen sprächen diese „nur vor der eigenen Bubble.“
Einfach lost diese Uni, war kurz Wasser nachfüllen und auf dem Weg diesen Clowns begegnet
EU und NATO führen “aggressive imperialistische Politik weltweit, aber vor allem aktuell in Osteuropa” aus. Wie lost kann man denn bitte sein. 🤡🤡 Aussagen wie diese verdeutlichen, dass Gruppen wie Young Struggle ein völlig überholtes Weltbild haben und tatsächlich noch glauben, dass Russland und Putin noch zu realsozialistischen Vorbildern taugen, die vor einem imperialen Westen bewahrt werden müssen. Seit vielen Jahren beweißt Putin mit seiner agressiven Expansionspolitik und den Krigen in Georgien, Syrien und der Ukraine das komplette Gegenteil. Tatsächlich zeigen sich in der russischen Gesellschaft mitunter faschistoide Tendenzen (s. Gruppe Wagner)! Wer jetzt zu einem Waffenstillstand aufruft und behauptet die NATO hätte den Krieg “provoziert” stärkt damit dem Agressor den Rücken! Hören die Ukrainer*innen auf zu kämpfen, gibt es keine Ukraine mehr, hört Russland auf zu kämpfen, können alle wieder heim zu ihren Familien fahren und es gibt Frieden. Wahre Friedenspolitik ist also dafür zu sorgen, dass Russland gezwungen wird, die Waffen endlich niederzulegen und die Ukraine in Ruhe lässt.
Solidarität mit den Menschen in der Ukraine!! 🟡🔵 Schluss mit dem mörderischen russischen Angriffskrieg!!
Toll, ab sofort läuft PutinFM im Hörsaal 2! Vielleicht als Nächstes die Ankunftszentren / Notunterkünfte der geflüchteten Ukrainer*innen besetzten? Eigentlich müssen man die doch Sanktionieren, was fällt denen eigentlich ein, die Waffen anzunehmen!