Cinesisters – mehr Filme von und über Frauen!

150 Filme, vier Kinos und sieben Tage Popcorn: Die British Shorts feierten ihren Sweet Sixteen. Dabei lieferten die Cinesisters mehr als nur Partystimmung. Eine Rezension von Alexandra Seidenberger.

Die British Shorts sorgten für ausverkaufte Kinosäle im Sputnik. Foto: Alexandra Seidenberger

Der Januar schien kein Ende zu finden und von den Neujahrsvorsätzen wurde offiziell Abschied genommen. Berlin bleibt grau und der Winter zu lang. Viel hat sich also nicht geändert. Da boten die British Shorts erfrischende Abwechslung und ein kurzes Entkommen. Vom 19. bis zum 25. Januar 2023 fand das 16. Lichtspielklub Kurzfilm-Festival statt. Zu diesem Anlass landeten verschiedene Lebenswelten aus Großbritannien und Irland auf den Leinwänden Berlins. Vielversprechend schien dieser Hauch von Farbe, inmitten der sonst so trüben Wintertage. 

Die Cinesisters im Sputnik 

Das Kreuzberger Kiez-Kino Sputnik fühlt sich an wie Wohnzimmer und Kneipe zugleich. Individuelles Chaos könne er gut, versicherte mir ein Mitarbeiter, kollektives Chaos eher weniger. Die Vorstellung sei eigentlich ausverkauft, doch ein letztes Ticket habe er noch für mich. Glück gehabt, denn großes Kino stand auf dem Programm.

An diesem Montagabend präsentierte das Sputnik am Südstern sieben ausgewählte Filme der vergangenen British Shorts, die von den Cinesisters, einem Regisseurinnen-Kollektiv, produziert wurden. Ihre Devise: Mehr Filme von und über Frauen! Denn Filmemacherinnen haben es noch immer schwer, sich gegen die großen – zumeist männlichen –  Namen im Filmgeschäft durchzusetzen. Die in dem Kollektiv der Cinesisters gebündelte Kreativität, soll dem entgegenwirken.

Meine persönlichen Highlights

Besonders berührte der Kurzfilm Bitter Sea von Fateme Ahmadi, der 2018 für den BIFA (British Independent Film Award) nominiert wurde. Die Geschichte dreht sich um Maria, eine alleinerziehende Mutter aus Rumänien, die mit ihrer kleinen Tochter Dina nach London zieht. Geflohen vor dem Terror häuslicher Gewalt hofft sie, in Großbritannien ein besseres Leben zu finden. Die Liebe zu ihrer Tochter scheint grenzenlos – genauso wie die damit verbundene Last und Verantwortung. Irgendwie den Alltag stemmen, heißt es für Maria. Was aber, wenn der Alltag selbst zur Bedrohung wird? 

Der Kampf gegen den Alltag und die Sehnsucht nach mehr Perspektive im Leben – davon handelt auch Nour Wazzi’s Kurzfilm Up on the Roof (2013). Marcus ist zwölf Jahre alt und die Matratze auf dem Dach sein neues Zuhause. Gelegentlich wird er hier von Trish besucht, einem Mädchen, das erwachsener scheint, als sie es eigentlich ist. Doch mit Marcus kann sie wieder Kind sein, zumindest für einen kurzen Augenblick. Blut tropft ihr die Beine runter. Sie hat ihre Periode, aber kein Geld für Menstruationsartikel. Trotz prekärer Lebensbedingungen, bleibt den Freunden die Menschlichkeit zu- und das Lachen miteinander, auch wenn einem eigentlich nicht zum Lachen zumute ist. Sie stehen auf dem Dach, ihre Blicke sind auf die gegenüberliegenden Gleise gerichtet. Wohin diese wohl führen? 

Zwar zeigten beide Kurzfilme verschiedene Lebensrealitäten, die Hoffnung aber, der unterschiedlichen Protagonist*innen auf eine bessere Zukunft, war dieselbe. 

Der Vorhang fällt, lautes Klatschen erfüllt den Saal. Die Cinesisters haben bewegt, die British Shorts waren ein Erfolg. Was jedoch auch bleibt, ist der bittere Nachgeschmack sozialer Ungleichheit und die vergebliche Suche nach ein bisschen mehr Menschlichkeit.

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