Das Doku-Format Lohnt sich das? stellt verschiedene Berufe vor, indem es Menschen bei ihrer Arbeit begleitet. Ole Meckenstock erklärt, warum das in Zeiten von Social Media eine erfrischende Abwechslung sein kann.
Wer kennt es nicht? Mensch sitzt in der philologischen Bibliothek, muss noch diese eine nervige Hausarbeit schreiben und fragt sich ohnehin schon, was jetzt genau aus diesem Philosophiestudium werden soll. Also was solls, erstmal eine kurze Pause auf Instagram genehmigen… und schon ist es passiert, auf einmal sind 20 Minuten rum und aus der leisen Zukunftsungewissheit ist eine markante Unzufriedenheit geworden. Während mensch sich selbst mit den Strapazen des Studiums herumschlägt und einzig in den eigenen Zweifeln Gewissheit findet, wird in den sozialen Netzwerken vorgelebt, wie es gemacht werden müsste.
Aber das sind ja nur die sozialen Netzwerke. Mittlerweile hat mensch oft genug davon gehört, dass dort nur die besten Ausschnitte gepostet werden. Dennoch: ein wenig unzufriedener fühlt mensch sich meistens trotzdem. Wäre es da nicht mal eine willkommene Abwechslung, ein realistisches Bild der Arbeitswelt vermittelt zu bekommen, dass das eigene Vertrauen in den gewählten Berufsweg bestärkt?
Bunte Ausschnitte aus dem Berufsalltag
Hier kommt die Doku-Reihe Lohnt sich das? vom Bayerischen Rundfunk ins Spiel. Dort werden wöchentlich verschiedene Berufsalltage von wechselnden Protagonist*innen vorgestellt, indem diese sich auf ihrer Arbeit von einem Kamerateam begleiten lassen. Weil sich alle, die ihren eigenen Beruf zeigen möchten, bewerben können, entsteht eine weite Vielfalt an repräsentierten Berufen. Ob E-Sports-Coach, Heilerziehungspfleger oder Partner-Vermittlerin – alle geben in zehn bis fünfzehn Minuten sympathisch und unverkrampft einen Einblick in die täglichen Herausforderungen.
Die breite Auswahl hat zur Folge, dass für jede*n etwas spannendes dabei ist. Es werden Einblicke in klassische Berufsfelder geboten (beispielsweise wenn ein Arzt seinen Alltag in der Kinderchirurgie präsentiert), aber auch Jobs vorgestellt, von denen kaum jemensch eine konkrete Vorstellung hat. Wer weiß schon genaueres über die Arbeit eines Waldpädagogen? Gemeinsam ist in jedem Fall, dass die Zuschauenden die eigene Perspektive erweitern können.
Balsam für alle, die sich hinterfragen
Darüber hinaus werden die Einblicke mit den abwechslungsreichen beruflichen Werdegängen der Protagonist*innen verknüpft. Mensch kann sehen, wohin die linearen Wege von Studium und Ausbildung führen können, aber lernt auch Protagonist*innen kennen, die Ausbildungsabbrüche, Quereinstiege oder das (fehlgeschlagene) Sich-Selbstständig-Machen hinter sich haben. Die beruhigende Erkenntnis, die sich daraus gewinnen lässt: Wir kommen auch ohne linearen Weg am Ziel an.
Außerdem wird deutlich, dass das Ziel ganz verschieden aussehen kann. Im Laufe einer Episode begründet jede*r Protagonist*in, warum sich der eigene Job für sie selbst lohnt. Das erfolgt durch die transparente Darstellung des eigenen Gehaltes und nicht zuletzt durch das Darlegen der individuellen Motivation, die eigene Arbeit auszuüben. Welche Aspekte der Arbeit erfüllen den*die Protagonist*in? Was gibt ihm*ihr etwas zurück?
Realitätsnahe Lebensentwürfe
Das gilt aber nicht nur hinsichtlich des Berufes, sondern auch abseits davon. Die Episoden werden stets durch einen persönlichen Ausschnitt aus dem Privatleben der Protagonist*innen ergänzt. Wie sieht das Leben aus, das Arbeit und Gehalt ermöglichen? Auf diese subtile Art und Weise bekommen die Zuschauenden auch ein Gefühl dafür, worin der Antrieb des*der Protagonist*in bestehen mag. Dies wird nicht immer in Gänze ersichtlich, aber wenn ein Lokführer voller Stolz erklärt, mit seiner Arbeit für die eigene Familie sorgen zu können, dann lässt sich seine Motivation gut nachvollziehen.
Letztlich wird den Zuschauenden so in jeder Folge ein individueller Lebensentwurf präsentiert. Es wird nicht nur sichtbar, wie die Protagonist*innen ihr Leben gestalten, sondern auch, warum sie es tun und wie sie darin aufgehen. Der präsentierte Lebensentwurf kann von den Zuschauenden für erstrebenswert befunden werden, oder auch nicht.
Das Wertvolle daran ist, dass es sich zur Abwechslung mal nicht um die aufpolierten Lebensentwürfe handelt, die in rauen Mengen auf Instagram und Co. zu finden sind und in keiner Weise der eigenen Lebensrealität entsprechen. Ganz im Gegenteil, es ist fast schon ein erfrischender Realitätscheck. Weil es beweist, wie sehr mensch auch in einem ganz gewöhnlichen Lebensentwurf mit einem ganz gewöhnlichen Beruf aufgehen kann.