200 Studierende und Beschäftigte protestieren zusammen gegen Repression 

FU-Studierende und Dozierende haben erstmals gemeinsam gegen die gewaltsame Räumung des Palästina-Protestcamps demonstriert. Sie stellten sich auch gegen die mediale Diffamierung von Dozierenden, die das Vorgehen von Polizei und Unileitung öffentlich verurteilt hatten. Emilia Portwich und Sara Kenderes waren vor Ort.

Studierende und Beschäftigte versammeln sich vor der Freien Universität Berlin zum protestieren. Foto: Sara Kenderes

Etwa 200 Studierende, Dozierende und weitere Uni-Mitarbeitende haben sich am Donnerstagmittag, 16. Mai, vor der Mensa II der Freien Universität (FU) versammelt. Unter dem Motto „Gegen Polizeigewalt, Repression der Uni-Leitung und mediale Hetze“, hatte die FU-Hochschulgruppe Palästina Komitee zu der Kundgebung aufgerufen. 

Die Veranstaltung verstand sich als Reaktion auf die brutale Räumung des palästinasolidarischen Protestcamps im Theaterhof der FU am 7. Mai. Caro, eine Sprecherin des Palästina Komitees, kritisierte das Vorgehen des FU-Präsidiums bei der Räumungsaktion: „Die Universitätsleitung entschied sich dazu, die Unversehrtheit ihrer Studierenden aufs Spiel zu setzen. Infolgedessen setzte die Polizei Schmerzgriffe und Pfefferspray […] gegen friedliche Studierende ein.“ Viele Teilnehmenden buhten, „Shame on you, FU“- Rufe ertönten.

Studis und Dozierende stehen zusammen

Zudem wurde dem FU-Präsidium vorgeworfen, durch die Räumungsentscheidung erst die Grundlage für die mediale Hetze der Springer-Presse geschaffen zu haben. Die Bild-Zeitung hatte am 10. Mai unter der Schlagzeile „Universitäter“ die Namen und Fotos einiger Dozent*innen veröffentlicht, die den offenen Brief in Solidarität mit dem Protestcamp unterschrieben hatten. Die Unileitung kündigte daraufhin an, „rechtliche Schritte“ gegen die Zeitung zu prüfen und gab am vergangenen Freitag bekannt, beim Presserat Beschwerde gegen die Bild-Berichterstattung eingelegt zu haben. 

Mittlerweile wurde der offene Brief von etwa 1.400 Lehrenden aus Berlin und der ganzen Welt unterschrieben. Sie verurteilten darin die Polizeigewalt gegenüber den Studierenden, selbst wenn sie nicht alle Forderungen des Protestcamps teilen. Einige von ihnen waren auch zur Kundgebung erschienen. 

Dies stellte ein Novum dar. Zwar waren auch schon bei vergangenen Kundgebungen an der FU vereinzelt Beschäftigte beteiligt gewesen, jedoch nicht in dieser Anzahl. Dieses Mal hielten Dozierende Reden oder Plakate in die Luft: „Wenn unsere Studierenden abgeführt werden, haben wir als Lehrende versagt.“

Foto: Sara Kenderes

Keine Palästina-Flaggen waren bei der Kundgebung zu sehen, viele Teilnehmende trugen aber Kufiye. Anders als bei vorherigen Veranstaltungen von palästinasolidarischen Hochschulgruppen gab es dieses Mal keine Gegendemonstration von Fridays For Israel, nur einige Beobachter*innen am Rand. Zwar war auch zu dieser Kundgebung ein relativ hohes Polizeiaufgebot angerückt, von den 200 Polizist*innen auf dem FU-Campus am 7. Mai war es jedoch weit entfernt. 

“Keine Polizei auf dem Campus!”

Den Kern der Veranstaltung bildeten Redebeiträge verschiedener Beschäftigter und Studierender der FU. „Keine Polizei auf dem Campus“ und „Nein zu Zwangsexmatrikulationen und der Wiedereinführung des Ordnungsrechts“ sowie ein sofortiger Waffenstillstand in Gaza bildeten die zentralen Forderungen der Veranstaltung. 

Der erste Redebeitrag stammte von einem Lehrenden, der selbst nicht anwesend sein konnte, Jan Rehmann vom Institut für Philosophie der FU. Er nahm klar Stellung gegen die „horrific mass killings of civilians in Gaza“ und verurteilte „the massacre of Israeli citizens by Hamas on October 7th.“ Seiner Ansicht nach steht dies nicht im Gegensatz zu einem von ihm befürworteten „divestment from companies that are profiting from the war in Palestine“. Dröhnender Applaus. „Antisemitism is a serious problem in Germany and in other countries. And therefore we can not allow it to be instrumentalized and weaponized against the current peace movement“, so Jan Rehmann.

Foto: Emilia Portwich

Ein weiterer Redebeitrag wurde von Caro verlesen, die Verfasserin ist Dozentin an der FU und möchte anonym bleiben. Caro betonte, dass dies allein schon sehr viel über den Diskurs an der Uni aussage. Die Worte der Dozentin fanden Anklang bei den Teilnehmenden: „Warum hat die Polizei Angst vor euch? Warum haben die Medien Angst vor euch? Weil ihr Studierende seid, die lesen und selbst nach der Wahrheit suchen.“

So brutal wie lange nicht mehr

Einer der prominentesten Redner der Kundgebung war Hajo Funke. Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes und lehrte bis zu seiner Emeritierung 2010 am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der FU mit den Schwerpunkten Rechtsextremismus und Antisemitismus in Deutschland.

Er forderte die Uni-Leitung auf, sich deeskalierend, statt eskalierend zu verhalten und Anzeigen gegen Studierende fallen zu lassen. Zudem sprach er sich dafür aus, „den Druck auf die israelische Regierung und die terroristische Hamas weiter zu erhöhen“ und rief zur „Solidarität mit allen Opfern und einem sofortigen Waffenstillstand“ auf.

Foto: Paula Friedel

Ein prominenter Beobachter der Veranstaltung war FU-Präsident Günter Ziegler selbst. Nachdem Funke ihn in der Menge erkannte und adressierte, zeigte sich Ziegler zumindest nicht gänzlich ablehnend gegenüber der Kritik. Vergangenen Kundgebungen und auch dem Protestcamp Anfang Mai war er nach eigenen Angaben ferngeblieben.

Eine Sprecherin betonte, dass es zwar eine Heterogenität von Meinungen der Teilnehmenden und Redner*innen gebe. Dennoch müsse man zusammenhalten und insbesondere die Dozierenden schützen, da diese viel riskierten. Die Kundgebung endete friedlich gegen 15:30 Uhr, es kam nicht zu Ausschreitungen. 

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