Wenn Wega, Deneb und Atair den Nachthimmel erleuchten, ist das Sommerdreieck komplett. Nebeneinander schweben dann die Harfe, der Schwan und der Adler – ihre Sternbilder. Nicht nur von Sternen, auch von Herztransplantationen und Fischdünger handelte der Science Slam der Stiftung Planetarium Berlin. Ein Veranstaltungsbericht von Pauline Roßbach.
Vor mir leuchtet das Zeiss-Planetarium wie ein von der Sonne angestrahlter, übergroßer Golfball im Ernst-Thälmann-Park. Ich besuche am 19. Juni die Stiftung Planetarium Berlin, wo drei ‘Slammies’ an diesem Abend ihre Forschung in den Bereichen Medizin und Landwirtschaft präsentieren. Anschließend fliegen wir zum Jupiter.
Verkalkte Blutgefäße lassen uns altern
Anna, die in Italien promoviert und als Erste die Bühne betritt, zeigt uns, wie Arterien (Blutgefäße) ‘verkalken’ können. Wenn sich Kalziumsteinchen in ihnen ablagern, verhindern diese, dass das Blut problemlos durchfließen kann. Durch verkalkte Arterien werden unsere Zellen unter Stress gesetzt und können absterben. Anna betont, dass unser chronologisches Alter (die zeitliche Dauer, die wir am Leben sind) zwar unveränderlich sei, unser biologisches Alter (unsere Zellgesundheit) aber durch unseren Lebensstil positiv oder negativ beeinflussbar sei.
Transplantierte Kunstherzen
Als Nächste erzählt Johanna, die als Herzchirurgin in Rosenheim arbeitet, die Geschichte ihres Patienten Kevin. Er ist auch mit ins Planetarium gekommen und leidet an Herzinsuffizienz, Johanna nennt es die ‘Krankheit der Zukunft’. Jede fünfte Person erkrankt im Laufe ihres Lebens daran. Kevin steht auf der Liste für ein Spenderherz: Da es zu wenige gespendete Organe gibt, hat er ein Kunstherz transplantiert bekommen. Johanna zeigt Fotos von Patient*innen mit einem solchen Herz. Weil das Herz an einer Pumpe mit Kabeln und Akkus hängt, tragen sie alle eine schwarze Bauchtasche. Der Traum für die Zukunft sei ein voll-implantierbares System, sagt sie.
Knut benutzt Fische, um Tomaten zu pflanzen
Die Forschung von Fischer Knut nennt sich ‘integrierte Landwirtschaft’. Beim Fischen hat er begonnen, Fischgemeinschaften und ihre Ausscheidungen zu untersuchen. In Aquakulturen, in denen Fische produziert werden, können die Sekrete der Fische entnommen und in Pflanzendünger umgewandelt werden. Knut und seine Kollegen und Kolleginnen “ernten Scheiße”, wie er es nennt. Neben den Fischen werden dann mit dem neuen Dünger auch Tomaten produziert. Das Verfahren nennt sich Aquaponik. Schmecken die Tomaten dann nach Fisch? Nein, beteuert Knut. Er erhielt vom Publikum 91 Punkte, Johanna 72 und Anna 70 Punkte. Damit ist Knut der goldene Gewinner des Slams.
Wir fliegen ins All
Als es im Saal dunkel wird, leuchten circa 3.300 Sterne über uns. In Berlin sieht man sonst wegen der Lichtverschmutzung höchstens 300. Die Milchstraße kann man über der Stadt nicht sehen. Manchmal aber vom Brandenburger Havelland aus, dem dunkelsten Ort Deutschlands. Die drei hellsten Sterne, die man im Sommer am südöstlichen Nachthimmel sieht, sind Wega, Deneb und Atair. Doch das hellste Leuchten bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie der Erde näher sind als dunklere Sterne.
Die Perspektive zoomt uns einige Lichtjahre zurück in den Weltraum. Weg von der Erde, hinaus aus unserem Sonnensystem und hinein in die uns benachbarte Andromedagalaxie. Dann geht es wieder zurück in die Milchstraße und wir landen auf dem Gasplaneten Jupiter. Ihn umkreisen 92 Monde. Einer von ihnen, Europa, ist von einer Eisschicht überzogen, unter der Ozeane aus Wasser liegen. Würde es gelingen, sie zu erforschen, könnte man dort möglicherweise Leben finden.
Viel zu schnell ist die Zeit vorangeschritten und wir fliegen virtuell zurück zur Erde. Ich kann den Blick kaum von der mit Sternen übersäten Kuppel losreißen. Der Abend endet mit begeisterten Applaus, der noch dem Slam vom Anfang gilt, aber sichtlich auch der letzten halben Stunde im Weltall. Ob als Date-Idee, mit Freund*innen oder alleine – ein Besuch im Zeiss-Planetarium erfüllt alle Erwartungen eines spektakulären Abends.