Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht immer häufiger in der Kritik. Wie Journalist Andreas Wunn die Zukunft des Journalismus und die Kritik am ZDF bewertet, erklärt er im Interview mit Celina Ganz.
TikTok, Instagram und Co.: Das lineare Fernsehen gerät zunehmend in den Hintergrund. Soziale Medien haben in den letzten Jahren erheblich an Zuwachs gewonnen und sind nicht mehr zu umgehen, wenn es um aktuellen Journalismus geht. Aber was bedeutet das für den öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Nachrichtenjournalismus? Diese und viele weitere Fragen beantwortet der Redaktionsleiter des ZDF Morgen- und Mittagsmagazins, Andreas Wunn im Interview.
Glaubst du, du hast deinen Job, so wie er heute ist in 5 Jahren noch?
Das glaube ich schon. Das lineare Programm wird es auf jeden Fall noch geben. Das Morgenmagazin ist ja wie Radio, es läuft nebenher, und daher ist die Live-Sendung noch viel bedeutsamer als bei anderen Magazinsendungen. Ich glaube aber, dass in den nächsten Jahren viel mehr digital passieren muss. Dass wir die Informationen am Morgen eben nicht nur linear, sondern gleichzeitig viel mehr digital aufbereitet werden müssen. Das tun wir auch schon, unsere Inhalte finden sich auf den ZDFheute-Accounts auf Instagram und Co. und auf unseren eigenen Plattformen.
Mit allen Herausforderungen, mit denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk konfrontiert ist, sei es jetzt die Kritik am Rundfunkbeitrag oder das Wachsen der AfD in Deutschland und deren negative Einstellung gegenüber der ARD und dem ZDF: wie schätzt du da die Gefahr für deinen Beruf ein?
Die Digitalisierung ist das eine. Das andere, in der Tat, ist der Druck von rechts auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie viel den anderen politischen Parteien dieses System Wert ist. Da geht es um Fragen wie Staatsverträge und die Anpassung des Rundfunkbeitrags. Das wird in den Landesparlamenten entschieden. Der Reformdruck wird natürlich stärker. Wir dürfen uns da nicht verschließen, aber müssen gleichzeitig in diesem politischen Kampf deutlich machen, warum es wichtig ist, dass es uns gibt.
Wie bewertest du die Kritik am ZDF?
Die ist sehr vielschichtig und es gibt unterschiedliche Arten von Kritik an ZDF und ARD, die ich teilweise auch verstehen kann. Sicherlich haben wir zu viele öffentlich-rechtliche Radiosender in Deutschland. Gerade bei der ARD gibt es noch viele Doppelstrukturen und Reformbedarf. Wenn es um die Frage geht, wie erreichen wir die jungen Leute? Klar, da müssen wir mehr machen, und auch da ist die Kritik berechtigt. Wir befinden uns in einer Übergangsphase, wo wir beides machen müssen: Mit voller Kraft das Lineare bedienen, gleichzeitig sind die jungen Leute aber eher in der Mediathek unterwegs oder auf Social Media. Da hat sich unglaublich viel getan in den letzten Jahren.
Du hast auch einen öffentlichen Instagram Account. Ist Social Media etwas, um das man als moderner Journalist nicht mehr herumkommt? Wie bewertest du deine eigene Social Media Präsenz, wie trittst du da auf?
Es geht dort um Dinge, die zu meinem Beruf als Moderator und Redaktionsleiter und auch als Buchautor gehören. Ich bin da „old-school“, ich mache sehr wenig auf Social Media. Ich glaube, dass es gut ist, einen Account zu haben, wenn man in der Öffentlichkeit steht. Ich bediene ihn aber nicht regelmäßig und gebe auch nichts Persönliches preis, wie viele andere.
Wir müssen trotzdem mit unseren Inhalten dorthin, wo die jungen Leute sind. Das ist nun mal auf Social Media.
Social Media ist also essentiell für den aktuellen Nachrichten-Journalismus?
Um die Jungen zu erreichen, ist es essentiell. Aber auch um einen Gegenpol zu setzen zu all den Missinformationen, die es gibt. Was man auf TikTok und Co. sieht, ist oftmals nicht nachgeprüft oder recherchiert. Wir müssen als ZDF, als doch beliebte „Nachrichtenmarke“, auf Social Media präsent sein, damit die jüngeren Leute wissen: Wenn sie was von uns sehen, dann ist das ein journalistisch geprüftes und recherchiertes Produkt. Mit einer viel höheren Glaubwürdigkeit als wahrscheinlich alles andere auf TikTok.
Wie wird sichergestellt, dass die Inhalte korrekt und objektiv sind?
Es gelten digital wie linear die gleichen Standards: Vor allem das Vier-Augen-Prinzip. Es wird auf Fehler geprüft und gegengelesen. Die Entscheidung werden in der Redaktion, im Team getroffen. Es ist nie eine Person, die alleine veröffentlicht. Videos, Texte, Bilder werden immer gegengeprüft, bevor sie publiziert werden.
Das gilt dann auch für Inhalte, die sich im Nachhinein als falsch herausstellen?
Fehler passieren, das bedauert niemand mehr als wir selbst, aber wir versuchen, sie zu vermeiden. Eben durch das Vier-Augen-Prinzip oder unsere journalistischen Standards. Wir machen diese Fehler dann auch transparent. Wir arbeiten seriös: Wir vertrauen nicht jeder Quelle, wir haben das Zwei-Quellen-Prinzip. Erst wenn zwei Quellen uns die Informationen bestätigen, veröffentlichen wir das. Das gilt fürs Lineare genauso wie fürs Digitale.
Zum Abschluss: Was würdest du dem journalistischen Nachwuchs raten?
Neugierig bleiben. Lust auf Themen, Lust, vor Ort zu sein, sich selbst ein Bild zu machen. Und so viel wie möglich ausprobieren und einfach machen!