Berlin bangt um seine Techno-Szene

Die Berliner Technokultur gilt seit März 2024 als immaterielles Kulturerbe. Trotz dieser bedeutsamen Anerkennung müssen immer mehr Clubs um ihr Weiterbestehen kämpfen. Wie ernst ist die Lage und gibt es Hoffnung zur Erhaltung dieser Subkultur? Ein Kommentar von Elena Herschel.

Die Technokultur in Berlin ist sogar von der deutschen UNESCO-Kommission als immaterielles Kulturgut ausgezeichnet worden. Quelle: Pixabay

Die Clubszene in Berlin ist als solche einzigartig. Dumpfes Wummern, ein steigender Adrenalinpegel und Menschen, die sich die Seele aus dem Leib tanzen. Ein tiefes Gefühl von Verbundenheit vereint diejenigen, die sich im Berliner Nachtleben auf die Tanzfläche trauen, bis nur noch ein harmonisches Miteinander existiert.  

Seit jeher gelten die Clubs in Berlin als Orte der Akzeptanz und Offenheit, gerade für die queere Szene. Mit ihrer außergewöhnlichen Musik repräsentieren sie die Vielfalt und Lebendigkeit unserer Hauptstadt. Nicht umsonst ist unser Techno international bekannt und mittlerweile sogar von der deutschen UNESCO-Kommission als immaterielles Kulturgut ausgezeichnet worden. Umso beunruhigender ist es, dass in den letzten Monaten immer mehr Clubs in Berlin schließen oder ihre baldige Schließung ankündigen. Dazu gehören bekannte und beliebte Institutionen wie das „Mensch Meier“, das „Watergate“ und nun auch die „Wilde Renate“. Statistiken zufolge erwägen etwa 46% der Clubs in Berlin gezwungenermaßen, in nächster Zeit zu schließen. Doch woran liegt das und ist hier ein ernstzunehmendes Clubsterben in Gange?

Verantwortlich für die gleichzeitige Schließung von mindestens fünf Clubs ist beispielsweise der Ausbau der Stadtautobahn A100 durch Berlin. Trotz vielfacher Empörung und mehreren Demos, geführt unter dem Motto „A100 wegbassen“, hat sich der Berliner Senat doch dazu entschlossen, den Ausbau durchzuführen. Ob sich der Bau nach jahrelanger Planung und immer höheren Kosten überhaupt lohnen wird, bleibt abzuwarten.

Ein weiterer Grund ist die allgemeine Gentrifizierung Berlins, die leider nicht nur die Clubszene trifft. Durch steigende  Mieten in bestimmten Teilen Berlins können nun auch beliebte Clubs, wie die „Wilde Renate“ oder das „Watergate“ ihre Mietverträge nicht verlängern. Hinzu kommen die noch immer verheerend wirkenden Folgen Coronas. So hat sich seitdem das Feierverhalten der Partyszene stark verändert – das betrifft nicht nur Menschen innerhalb von Berlin, sondern auch den „Clubtourismus“. So bleiben nun bestimmte Altersgruppen aus, die durch den Lockdown nie wirklich in das Clubleben eingeführt wurden. Auch für Touristen ist es dadurch unbeliebter geworden, „mal für ein Wochenende” nach Berlin zu fahren und feiern zu gehen. Nicht zuletzt spielen auch ein daraus resultierendes verändertes Finanzbewusstsein und die steigende Inflation eine große Rolle.

Es gibt also ernstzunehmende Schwierigkeiten, mit denen die Clubbetreibenden zu kämpfen haben. Die Clubkommission, ein Verband aus über 100 Clubs, fordert daher vor allem mehr staatliche Angebote zur finanziellen Unterstützung und eine bessere rechtliche Sicherheit, was zum Beispiel unverhältnismäßige Mieterhöhungen angeht. Trotz allem ist nicht alle Hoffnung verloren. Denn gerade in dieser Szene gab es schon immer großen Wandel und viel Umstrukturierung, im Grunde lebt sie von den sich immer verändernden Verhältnissen. 

Schließlich ist es ein Gefühl, das Gefühl der ungebundenen Freiheit, das die Menschen so miteinander verbindet, dass sie für das Überleben der Clubszene kämpfen wollen. Die diese lebendige Subkultur und Safe Space aufrechterhalten wollen. Nicht umsonst ist Techno ein immaterielles Kulturerbe – weil es den Menschen etwas bedeutet. Und solange das der Fall ist, wird es immer, auch wenn nur im Kleinen, einen Raum geben, in dem es gute Musik gibt und Menschen zusammenkommen.

Deswegen ein Appell an euch alle: Zeigt, was in euch steckt! Geht feiern! Geht tanzen! Genießt das Leben in vollen Zügen!

Oder auch wie das „Watergate“ so schön sagt: „The party is over – long live the party!“

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1 Response

  1. Laurenzia sagt:

    Ich finde den Beitrag sehr gelungen. Es zeigt nochmal genau womit wir es eigentlich zutun haben & die Schreibweise der Autorin ist sehr fesselnd und aufklärungsreich. Daraus kann sich bestimmt noch mehr entwickeln!

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