„Warum kann das nicht lustig sein?“

Ihr kennt sie bestimmt von Instagram, wo sie euch gute Ratschläge gibt oder lustige Geschichten aus ihrem Leben erzählt. Sie ist auch einer der Gründe, warum alle wieder „Diva“ sagen. Ihr Name ist Avelo und Richard Eger hat sie zum Interview getroffen.

Das Cover zeigt Avelo und einen Mann in einem Kostüm gestaltet wie die US-amerikanische Flagge.
Das Cover zu Avelos erster Tour „Ami aus Versehen“. Foto: Avelo

Avelo studierte klassische Musik in den USA. Im Rahmen ihres Studiums kam sie auch für einige Zeit nach Berlin. Einige Zeit später zog sie dann auch final nach Deutschland und lebt nun seit sieben Jahren hier. Früher war sie eher für ihre Auftritte mit Musik bekannt. Im Frühjahr 2025 ging sie dann allerdings mit Comedy auf TikTok und Instagram viral. Seitdem war sie mit einer Show auf Tour und wird erneut im Herbst aufbrechen. Ein Gespräch über Ikkimel, Trans*feindlichlichkeit und warum trans*sein lustig sein kann.

Um den originalen Ton von Avelo beizubehalten, wurden ihre deutsch-englischen Grammatikkonstruktionen mit in den Text aufgenommen.

FURIOS: Avelo, Marlene Bellissimo, Diva, Queen, Ikone. Du hast viele Namen, welcher ist Dir am liebsten?

Avelo.

FURIOS: Du hast klassische Musik studiert und spielst Violine und Gitarre. Wie beeinflusst Dich Dein Studium bis heute?

Avelo: Ehrlich gesagt: seit ich mit Comedy angefangen habe, gar nicht. Ich mache keine Musik mehr, aber vor sechs Monaten war ich noch Musikerin und habe an einer Universität in den USA studiert. Deshalb spiele ich auch Geige und Gitarre. Ich habe damals für viele Künstler*innen aufgenommen, wenn jemand eine Aufnahme oder ein Orchester auf einem Song brauchte, ich habe alle Teile davon in meiner Wohnung arrangiert und selbst aufgenommen.

FURIOS: In einem anderen Interview sagtest Du, dass Du Deutsch vor allem durch Schlager gelernt hast, besonders die aus den 1920er- und 1960er-Jahren. Aus dieser Zeit stammt auch das Album „Kurt Gerron & Curt Bois“, auf dessen Albumcover Du Dich bei dem Cover zu Deiner Show „Ami aus Versehen“ beziehst. Was fasziniert Dich an diesen alten Liedern und Alben?

Avelo: Ich schätze Popmusik so sehr und meine Liebe für Popkultur gilt fast jedem Jahrzehnt. Weimarer-Republik-Sachen haben mich so fasziniert, als ich hierhergezogen bin. Ich als Amerikanerin habe nicht so vieles über die deutsche Geschichte gelernt, außer, was im Zweiten Weltkrieg passiert ist, und ich hatte immer so eine Association mit der Sprache als was sehr Hartes, sehr Faschistisches. Ich fand das aber total nicht so, wenn ich Weimarer-Republik-Musik gehört habe und auch Schlager aus den 60er-Jahren. Ich fand das so schön und so faszinierend.

FURIOS: 2024 bist Du dann zu The Voice of Germany gegangen, um die Vielfalt der trans* Stimmen zu feiern und mit dem alten Klischee von trans* Frauen mit tiefer Stimme zu brechen. Ist die Sichtbarkeit von Trans*identitäten immer noch einer Deiner größten Motoren oder hast Du andere Ziele mit Deiner Comedy?

Avelo: Ich glaube, das ist noch mein Hauptziel. Zu The Voice of Germany: Ich habe mich als eine sehr freundliche Transe präsentiert und trotzdem: Ich habe so viel Hass bekommen. Das hat mir wirklich gezeigt: Es gibt keinen Weg, akzeptiert zu sein in dieser Gesellschaft (Avelo wählt die Bezeichnung „Transe“ selber – Anm. d. Red.).

FURIOS: Und das war auch der Moment, als Du mit Comedy angefangen hast?

Avelo: Ja, ich habe begonnen, viele Videos auf TikTok zu posten, nachdem ich die Wahlergebnisse im Februar 2025 gesehen habe. Da habe ich auch angefangen zu denken: „Es ist total scheißegal, ob ich freundlich bin.“ Ich kann jetzt also einfach sagen, was ich denke, und das ist, was ich mit Comedy gemacht habe. Meine kommende Tour heißt „Biologische Schlampe“ und dort geht es genau um dieses Thema.

FURIOS: „Biologische Schlampe“ ist bereits Deine zweite Tour. Wie kam es dazu, dass Du nicht nur für Musik, sondern auch für Comedy auf die Bühne gegangen bist?

Avelo: Ähm, I don’t know. Ich hatte einen Tiefpunkt in meinem Leben erreicht. Danach es war mir total egal, was andere Personen über mich denken. Und obwohl es auch sehr natürlich für mich war, mit Musik aufzutreten, das erste Mal, als ich Comedy live gemacht habe, ich habe zu meinem Mann danach gesagt: „Es war die natürlichste Sache, die ich je bisher getan habe.“ Ich glaube, ich habe das mein ganzes Leben in meiner Privatsphäre geübt. Ich war immer bekannt als jemand, die spannende Geschichten erzählt, und viele meiner Freund*innen fanden mich lustig, aber ich dachte nicht, dass das etwas wäre, was die anderen Personen hören wollen. Als ich gesehen habe, dass andere Personen das auch spannend finden, habe ich nichts wirklich vorbereitet. Eine Woche später hatte ich diesen eineinhalb Stunden Monologue. Ich dachte: „Oh, ich habe schon all die Geschichten, ich muss es nur organisieren.“

FURIOS: Vor Berlin hast Du in New York gewohnt. Eine Stadt, die bekannt ist für ihre exzentrische und wilde Seite. Vermisst Du das New York vor zehn Jahren?

Avelo: No. Ich bin in der Nähe von New York aufgewachsen, eine Stunde entfernt, und ich war immer in New York am Wochenende in der Highschool und bin dann auch nach New York City umgezogen. Aber dann ich bin nach Berlin umgezogen und Berlin war dann der Ersatz für das, was ich über New York dachte. Das war für mich irgendwo, wo man viele Sachen machen kann, Kunst machen kann. Ich vermisse das nicht, ich habe das schon in Berlin wiedergefunden.

FURIOS: Politiker*innen, die rappen; Ratschläge für Divas; ein Podcast mit Alltagsgeschichten. Du machst viel verschiedenen Content. Woher kommen Deine Ideen? Eingebung oder genaues Brainstorming und Vorbereitung?

Avelo: Literally jede Sache, die ich sage, ist irgendetwas, das ich schon erlebt habe. Ich bin jetzt 30 und vieles von meiner Comedy sind Sachen und Tipps, die ich vor zehn Jahren hätte hören müssen. Ich bin bekannt für cunty slaps at people, aber diese Ratschläge sind eigentlich immer für mich. 

FURIOS: Du sagst in Deinen Videos immer wieder, dass Du Mann „aus Versehen“ warst. Du redest im selben Tonfall darüber, wie man auch darüber sprechen würde, dass man aus Versehen an der falschen Station ausgestiegen ist. Für andere ist das ein sehr sensibles Thema und es kommt nicht so oft vor, dass so offen und fast beiläufig darüber geredet wird. Woher kommt Deine lockere Einstellung dazu?

Avelo: In Mainstream-Culture es gibt so viele Personen, die viele Scherze und Witze über trans* Personen gemacht haben, aber sie können nicht verstehen, warum trans* sein lustig sein kann. Deshalb, wenn sie versuchen, Witze zu machen, ist es immer beleidigend und das ist dann ein wiederkehrender Kreis aus Trans*phobie. Ich bin auf Tumblr aufgewachsen, und die Antwort in meiner Zeit, als ich an der Universität war, war einfach keine Scherze über trans* sein zu machen oder nur zu erlauben, dass trans* Personen darüber scherzen können. Ich fand das ein bisschen komisch. Das Problem für mich waren nicht die Personen, die Geschichten oder Witze erzählt haben, es war, wie sie das erzählt haben. Ich habe viele lustige Witze über trans* Personen, die nicht beleidigend sind. Die Comedy, die ich liebe, ist Comedy, die diese Grenzen überschreiten kann, aber gleichzeitig immer zeigt, dass sie trotzdem ein Herz hat; like Caleb Hearon oder Patti Harrison, Personen, die ich sehr feiere. Dass ich ein Mann für 27 Jahre war, das ist the funniest thing about me. Deswegen rede ich so angenehm darüber. Ich finde das lustig. Ich glaube, Personen haben vielleicht Probleme damit, dass ich literally Witze über jede Sache in meinem Leben mache, speziell die dunkleren Sachen, aber I don’t care.

FURIOS: Das heißt, alle müssten mehr über das Thema Trans*sein reden?

Avelo: Ich glaube, Comedy ist etwas, das einen guten Kontrast zu all den anderen Sachen im Leben schafft. Diese Debatte um keine trans*phobischen Jokes und keine Trans*-Jokes; ich sehe das als zwei verschiedene Sachen. Jetzt, wenn ich das mache, ich will wirklich diese laute Transe sein. Vor zwei Wochen oder einem Monat ich hatte einen Artikel im Tagesspiegel. Und sie haben gedruckt, dass ich gesagt habe: „Es ist Zeit für eine laute Transe in Deutschland.“ Und als ich das gelesen habe in the fucking Tagesspiegel, I was like: „Okay, I’m doing what I need to do.“

FURIOS: Bei Deinem Monolog auf Deiner ersten Tour behandeltest Du auch ernste und sensible Themen. Manche baten Dich danach, Triggerwarnungen zu geben, um sensibel gegenüber anderen Betroffenen zu sein. Auf Instagram zeigtest Du Verständnis, erklärtest aber auch, dass Du Dich bewusst gegen Triggerwarnungen entschieden hast. Du wolltest die Anspielungen bewusst vage halten und nichts zu explizit definieren, um die Macht über Deine Erinnerungen zu behalten und Deine Geschichte selber zu erzählen. Glaubst Du, Deine Weise stellt einen besseren Umgang mit Traumata dar, als die Leute davor zu warnen? 

Avelo: Ich würde meinen Weg nicht als besser beschreiben, es ist nur, was ich machen will. Es gibt so viele verschiedene Arten, wie wir das beantworten können. Ich glaube, dass ich ein paar Fans dadurch verloren habe, aber I honestly don’t care. Ich habe dieses Buch vor ein paar Jahren gelesen, das heißt „Conflict is not Abuse“ von Sarah Schulman. Es geht um die komplizierte Politik in queeren Communities und marginalized Communities, in denen Personen, die von irgendetwas betroffen sind, versuchen, Macht über andere Personen zu bekommen – durch ihre Traumata oder ihre Marginalisierung. In bestimmten Situationen können Personen, die normalerweise unterdrückt sind, ähnliche Systeme aufbauen durch diese Traumata. In dieser Instagram-Post ich habe gesagt, ich bin sehr achtsam darüber, wie ich meine Narrative vorbereite. In meiner Show bildeten diese Narrative dann einen Twist und in Hinsicht darauf kann man sehen: „Oh, das macht Sinn.“ Als eine überlebende Person ich finde das, diesen Twist, interessanter, als die Agency von meiner Geschichte wegzunehmen.

Avelo trägt ein Kleid im Blumenmuster
Avelo in dem Kleid, welches sie auch oft in ihren Reels trägt. Foto: Avelo

FURIOS: „Nach ‚Tschüsseldorf‘ wollen“ als Codewort für suizidale Gedanken. Ist das nicht ein wenig zynisch?

Avelo: Ich würde sagen, dass es kann zynisch sein kann. Es gibt einen Text von einer Band, die ich liebe, Nana Grizol aus den USA, und dort wird gesagt: „Cynicism isn’t wisdom. It’s a lazy way of saying you’ve been burned.“ Ich liebe diese Einsicht. Ich würde das vielleicht als zynisch beschreiben, aber warum kann das nicht lustig sein? Ich glaube, dass manche Personen finden es auch geschmacklos, wie leicht ich über Suizid scherze. Aber es ist egal, was man sagt, es gibt Personen, die nur das Surface Level davon wahrnehmen, aber Personen, die mehr als fünf Minuten meinen Podcast anhören, sie würden Bescheid wissen, wofür ich stehe und wie serious ich ernsthafte Sachen auch nehme. Aber das Leben ist so kurz: Warum kann ich nicht auch über Sachen, die ich erlebt habe, scherzen?

FURIOS: Du bist großer Fan von Ikkimel, im Musikvideo zu „Who’s that“ stehst Du sogar neben anderen an ihrem offenen Sarg. Von manchen wird Ikkimel gefeiert für ihr feministisches Empowerment und die Provokation, andere kritisieren die übermäßige Sexualisierung und ihre unverstellte Männerkritik. Wie schaust Du auf diese ganze Diskussion?

Avelo: I support her. Das, was Ikkimel derzeit tut, ich habe dafür ein Verständnis als trans* Frau. Für mich ist wichtig, Agency über unsere eigenen Entscheidungen zu haben. Ikkimels Art von Feminismus ist auch darauf fokussiert. Es ist ähnlich zu dem, was ich davor über trans* Witze beschrieben habe: „Who cares about playing nice?“ Aber Ikkimel zeigt auch, dass sie für ihre Fans sorgt, und ich würde nicht von ihrer, like, public image denken, sie ist herzlos oder lieblos. Bei ihren Shows hat sie bestimmte Orte für autistic people und schwangere Personen etc., Orte, um sich auszuruhen. Das ist, was ich sehr interessant finde: dass man sehr, like, provokativ und sehr ehrlich sein kann, aber auch in einer Art, die nicht nur für Provokation da ist.

FURIOS: Auch Dein Auftreten ist oft sehr provokativ: Clips, in denen Du Würstchen zerschneidest, auf ironische Weise Männer bashst und so ironisch über Gender und Geschlecht redest, dass viele sich mit ihren eigenen Vorstellungen davon auseinandersetzen müssen. Alles nur Spaß oder auch Wut?

Avelo: Es ist beides. Ich glaube, dass ich habe viele Fans verloren, indem ich mich so ausgedrückt habe. Viele Personen haben mir sehr ehrlich gesagt: „Ich finde es offensive, dass du „Transe” so oft sagst oder dass du so viele Witze darüber machst. And it’s like, that doesn’t sound like my problem. Manche Personen finden das auch nicht gut, wenn ich „Schlampe“ oder „Fotze“ sage, aber das ist mir egal.

FURIOS: Oft haben Deine Clips mit banalen Witzen mehr Aufrufe und Likes als solche zu ernsteren Themen. Frustriert Dich das?

Avelo: Nein. An einem Punkt es hat mich frustriert, aber das ist so eine komplizierte Sache mit dem Algorithmus. Es ist sehr schwierig, das nicht so persönlich zu nehmen. Als ich zum ersten Mal viral geworden bin, war es so, dass der Algorithmus mich so geliebt hat. Für einen Monat, ich habe ein paar Videos pro Tag gepostet, in denen ich für über eine Minute geredet habe, und so viele Personen haben kommentiert und sich mitgeteilt, es war so gut; aber dann hat sich der Algorithmus geändert und ich konnte die gleiche Sache posten und es ging nicht viral. Ich dachte, dass das bedeutet, dass ich was falsch gemacht habe oder dass ich das nicht machen soll. Es kann schade sein, wenn du siehst, was der Algorithmus von dir will, aber du kannst trotzdem damit umgehen. Ich habe herausgefunden, dass, obwohl ich nicht meine ganze Lebensgeschichte auf meinem TikTok-Konto erzählen darf, ich jetzt Shows und einen Podcast habe, wo ich sehr offen über mein Leben reden darf.

FURIOS: Du hast mal erzählt, dass eine trans* Person auch noch diskriminiert wird, wenn sie allgemein akzeptiert wird und als „passing“ gilt, sie also als ihr tatsächliches Geschlecht wahrgenommen wird. Du hast daraus gezogen, dass dieses Stadium nicht mehr Dein Ziel sein kann, stattdessen müsstest Du auf Deine Trans*identität stolz sein. Nur so könntest Du der Diskriminierung begegnen. Wünschst Du Dir manchmal, dass man nicht mehr stolz auf sich selber sein müsste, um sich zu schützen?

Avelo: Ja. Meine neue Show „Biologische Schlampe“ diskutiert diese Idee. Ich dachte so lange, wenn ich mein Leben so lebe, dann ich werde ich als eine normale trans* Frau akzeptiert. Ich wollte mich nicht von anderen trans* Personen distanzieren, aber ich dachte, es gab einen Ort für mich in der Gesellschaft, wo ich als eine binäre, passing, trans* Frau existieren kann. Was ich tatsächlich herausgefunden habe, ist, dass in dem Moment, in dem Personen wissen, dass du trans* bist, sie dich diskriminieren werden. Ich rede oft online darüber, dass ich trans* bin, aber gleichzeitig sind es nur, like, 30 Prozent der Videos, die ich drehe. Und wenn ich nicht erwähne, dass ich trans* bin, kommentieren Personen das nicht, sie kommentieren trans*feindlichen Hass nicht. Aber wenn ich das erwähne, dann kommentieren sie Sachen like: „Oh, ich habe es schon bemerkt“ oder „Du wirst nie eine Frau sein.“ Es gibt derzeit leider keinen Weg in der Welt, als trans* Person akzeptiert zu sein. Und wenn das so ist, dann: „Who the fuck cares?“

FURIOS: Trans* Personen sind sehr häufig Opfer von Diskriminierung. Woher kommt all dieser Hass?

Avelo: Ich glaube, Personen haben Angst vor dem, was sie nicht verstehen können, und wenn sie was nicht verstehen, dann ist es sehr easy to dehumanize Personen. Wir haben das in der Geschichte mit so vielen marginalisierten Gruppen gesehen. Eine trans* Person hat vor kurzem einen Article in the New York Times über die Denationalisierung von trans* Personen derzeit in den USA geschrieben und das mit Nazi-Germany verglichen. Wenn man einen Reisepass von jemandem wegnehmen kann und wenn man die Wahrheit anzweifelt, dass diese Personen Personen sind, dann kann es sehr einfach sein, sie als Feinde zu präsentieren. Das ist genau, was wir sehen. Ich glaube, Personen, die trans*phobisch sind, sind nicht so gemein in ihrem Herzen. Und das ist was, mit dem viele trans* Personen der Trans*bewegung nicht übereinstimmen würden. Aber ich habe gesehen, wie einfach ein Herz geändert werden kann, nur wenn was geklärt ist. In einer Welt, in der viele rechtsextreme Personen sehr gerne erklären, warum Personen uns töten sollen, finde ich solche Phrasen wie „It’s not my job to educate you“ nicht so praktisch. Es ist keine Pflicht, das zu machen, aber wenn man das machen kann, kann das hilfreich sein. Ich bin in einem sehr konservativen Haushalt in den USA aufgewachsen und habe in meinem Dorf viel Trans*phobie, Homophobie und eigentlich jede Art von Feindlichkeit gesehen. Ich habe das persönlich gesehen und es gab Erfahrungen, wo ich erlebt habe, dass andere denken, dass ich aus der Hölle komme. Ich habe mich dann gefragt, wieso wir trotz dessen eine Unterhaltung haben können.

FURIOS: Ein Neonazi hat vor kurzem das Selbstbestimmungsgesetz missbraucht, sehr wahrscheinlich, um nicht in das Männer- sondern in das Frauengefängnis kommen zu wollen. Was löst das in Dir aus?

Avelo: Oh my God. Ich habe ein Video dazu gepostet und es hat total gefloppt. Then I was like: „You know, what the fuck, I’m not taking these things seriously again on the internet cause that’s just not my job.“ Aber mit dieser Sache, es ist mir total fucking egal. Es ist zehn Monate her, seit das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft getreten ist und viele Personen haben davor behauptet, dass es die Gesellschaft zerstören wird. Aber warum ist das die einzige Geschichte, die ich darüber gehört habe? Ich dachte, wir werden jetzt schon zerstört sein. Es ist nur Hysterie, like, it’s crazy. Für fünf Tage nach der Schlagzeile es gab keine trans*-positive Person, die das kommentiert hat. Ich glaube, because wir sind nicht bereit, solche Fälle zu beantworten als trans* Personen. Personen können nur Sachen wie „trans* Frauen sind Frauen“ sagen, sie können aber nicht verstehen, warum das stimmt. Deshalb, wenn es so einen Fall gibt, ich habe nicht so viele kluge Antworten dazu gesehen.

FURIOS: Darüber hinaus untersagte der Kulturstaatsminister Wolfram Weimer kürzlich das Gendern in der eigenen Behörde – ein eher symbolischer Schritt. Was gibt Dir gerade trotzdem noch Hoffnung?

Avelo: Diese Trans*community, es gab das immer, es gibt das immer, es wird das immer geben. Es gibt so viele trans* Personen in Deutschland, die sehr oft schikaniert werden auf rechten Kanälen. Aber das einzige Mal, dass ich auf solch einer Seite gepostet wurde, war im Februar. Aber seither bin ich sehr laut und sehr unapologetic und no one’s targeting me. Ich finde das sehr interessant, denn ich kenne persönlich viele Personen, die viel weniger Follower*innen als ich haben, die aber sehr oft von solchen Seiten beleidigt werden. Aber wenn ich mich so fucking cunty ausdrücke oder sort of bitchy about it bin, no one comes for me. Maybe because it’s not fun, it’s not easy. How are you going to make fun of me? I’m sure it might change if people start to realize who I actually am and it starts reaching people who I don’t have blocked. Ich habe das begonnen, weil ich dachte, Trans*feindlichkeit in Deutschland is so fucked, dass ich mich einfach so ausdrücken und keine Sachen mehr verstecken will und ehrlich gesagt, weil ich ein bisschen provozieren will. Ich habe auch viele trans* Personen gehört, nachdem ich meine Videos gemacht habe, die mir gesagt haben: „Ich bin so dankbar, dass du so offen und so unapologetic damit bist.“ Das ist, was mir Hoffnung gibt. Wir sind für uns da. Die Existenz von trans* Personen ist in dieser Welt immer präsentiert als etwas, das eine Erlaubnis braucht. Ich glaube, durch meine Comedy und wie ich mich ausdrücke, suche ich keine Erlaubnis zu existieren. Das ist eine Antwort an dieses System, das sagt: „Verpiss dich.“ Ich spiele nicht mit diesem System, ich würde nicht nach der Erlaubnis zu existieren bei jemandem suchen.

FURIOS: Du schreibst gerade ein Buch, drehst eine Webserie und hast gerade Deine zweite Podcast-Staffel veröffentlicht: Was kommt noch von Dir dieses Jahr neben Deiner zweiten Tour?

Avelo: That’s pretty much it. Das Buch ist „Ami aus Versehen“, mein erster Monolog. Mein Projekt für diesen Monat ist diese Webserie zu drehen, die heißt „Berlinerisch“ und es geht um me, eine trans* Frau, die heißt Marlene, die aus den USA, nach Berlin umgezogen ist. Es ist wie „Girls“ oder „Sex in the City“, aber in Berlin. Wir drehen die ersten drei Folgen und dann ich werde einen Kickstarter beginnen, um die anderen Folgen zu finanzieren. Mein Ziel ist, dass das eine Fernsehserie sein könnte. Ich habe so viele Sachen und Ideen, die ich machen will. Ich dachte, es wird meine Musik sein, die eine Resonanz mit anderen Personen erzeugen wird, aber it’s not. Ich will jetzt wirklich schauen, wie ich in dieser Kultur existieren kann. Nicht, dass ich so viel Einfluss darauf hätte, aber ich bin jetzt ein Teil davon.

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