Die Erforschung interstellarer Objekte ermöglicht es uns, mehr über das Universum und die Entstehungsprozesse von Kometen in anderen Sonnensystemen zu erfahren. Bisher wurden drei Himmelskörper entdeckt, die nicht aus unserem Sonnensystem stammen. 3I/ATLAS ist der aktuellste davon. Der Harvard-Professor Avi Loeb schließt nicht aus, dass es sich um ein Artefakt einer außerirdischen Zivilisation handeln könnte.

Der Komet 3I/ATLAS ist eines der größten und faszinierendsten Phänomene, die sich in den letzten Jahren in unserem Sonnensystem ereignet haben. Dessenunbekannte Natur führt zu großen wissenschaftlichen Debatten. Warum ist er so besonders?
Drei unterschiedliche interstellare Objekte
Zuallererst sind es die unterschiedlichen Merkmale der drei bisher entdeckten interstellaren Objekte, die Wissenschaftler*innen und weltraumbegeisterte Menschen gleichermaßen in Staunen versetzen. Das erste in chronologischer Reihenfolge war 2017 ‘Oumuamua, das ungewöhnlich länglich – fast zigarrenförmig – war und eine nicht-gravitative Beschleunigung zeigte. Zwei Jahre später wurde Borisov entdeckt, das eindeutig die Eigenschaften eines Kometen mit sichtbarem Schweif aufwies. Das dritte, 3I/ATLAS, wurde am 1. Juli 2025 gefunden und stammt möglicherweise aus der sogenannten dicken Scheibe (thick disk) der Milchstraße.
Was bisher wissenschaftlich belegt ist
Die Analyse von 3I/ATLAS ist ein anspruchsvoller Prozess. Die Schwierigkeit bestand zunächst darin, seinen interstellaren Ursprung zu bestätigen, da er offenbar über eine ungewöhnliche Flugbahn verfügt. Das wurde dank des NASA-Weltraumobservatoriums Neil Gehrels Swift Observatory, dessen Teleskop zwar nur einen Durchmesser von 30 cm hat, aber äußerst leistungsstark ist, ermöglicht.
Ein besonders interessanter Aspekt ist, dass 3I/ATLAS, obwohl er sich in einer Entfernung befindet, die das Dreifache der Distanz zwischen Erde und Sonne beträgt. Trotzdem verspritzt er Wasser mit einer Rate von 40 kg pro Sekunde – als wäre er ein Hydrant auf voller Leistung.
„Jeder interstellare Komet war bisher eine Überraschung“, sagt Xing, Postdoktorand, dessen Forschungsergebnisse in den Astrophysical Journal Letters veröffentlicht wurden. „ʻOumuamua war trocken, Borisov war reich an Kohlenmonoxid, und nun gibt ATLAS Wasser in einer Entfernung ab, in der wir das nicht erwartet hätten. Jeder einzelne verändert unser Verständnis darüber, wie Planeten und Kometen um Sterne entstehen.“
Prof. Avi Loebs Erhebungen
Unter den Wissenschaftlern, die keine Tür verschließen – nicht einmal die zu den umstrittensten Hypothesen – befindet sich auch der Harvard-Professor Avi Loeb. Der Leiter des internationalen Forschungsprojekts Galileo-Project, das systematisch nach Hinweisen auf außerirdische technologische Artefakte sucht, hat in mehreren Interviews und Beiträgen, einige bedeutende Punkte erläutert. Auf die Frage, wie wahrscheinlich eine technologische Herkunft von 3I/ATLAS sei, antwortete er: „Ich schätze die Wahrscheinlichkeit, dass 3I/ATLAS keinen vollständig natürlichen Ursprung hat, auf 30 bis 40 Prozent – basierend auf seinen(sieben) Anomalien.“
Laut Loeb wurde beispielsweise durch die Bemessung des Durchmessers festgestellt, dass 3I/ATLAS eine Mindestmasse von 33 Milliarden Tonnen hat – tausend- bis millionenmal größer als die Masse der ersten beiden bekannten interstellaren Objekte. Die Bilder des Hubble-Teleskops weisen darauf hin, dass sich bei Kometen der Schweif normalerweise in die der Sonne entgegengesetzte Richtung bildet: doch bei ATLAS zeigeder Schweif in Richtung Sonne. Auch die Gaswolke um 3I/ATLAS weise viel mehr Nickel als Eisen auf (ähnlich wie industrielle Nickellegierungen). Im Gegensatz zu Kometen unseres Sonnensystems bestehe er hauptsächlich aus Kohlendioxid statt aus Wasser. Es bestehe eine Wahrscheinlichkeit von 0,005 %, dass der Ankunftszeitpunkt von 3I/ATLAS so abgestimmt war, dass er nahe an Mars, Venus und Jupiter vorbeiflog.
Und schließlich stimme die Ankunfts Richtung von 3I/ATLAS bis auf 9 Grad mit dem berühmten „Wow!“-Signal, das am 15. August 1977 vom „Big Ear“-Radioteleskop der Ohio State University im Rahmen des SETI-Projekts aufgezeichnet wurde, überein.
Prof. Loeb spricht deswegen davon, dass es sich um eine Art „Trojanisches Pferd“ handeln könne: ein technologisches Objekt, das von einer anderen Zivilisation in ein fremdes Sonnensystem geschickt und als natürliches Himmelsobjekt getarnt wurde, um nicht entdeckt zu werden.
Nach all diesen Anomalien fragt man sich mit Recht, ob ATLAS wirklich ein künstliches Objekt außerirdischen Ursprungs oder nur ein zufälliges Ereignis ist. Die Antwort darauf bleibt spannend und lässt noch ein bisschen auf sich warten: Der Monat November wird von großer Bedeutung sein, da dann die Beobachtungen der JUICE-Sonde (ESA’s Jupiter Icy Moons Explorer) ausgewertet werden. Diese könnten weitere Erkenntnisse liefern, wie Wahrscheinlich eine nicht-natürliche Herkunft von 3I/ATLAS ist. Im Moment bleibt die Natur von 3I/Atlas aber weiterhin ein Mysterium.
