Was bedeutet kafkaesk für euch? Unergründlichkeit, Absurdität, vielleicht sogar Bedrohlichkeit? Lynn Dawid findet diese Begriffe in zwei Neuinszenierungen von Kafkas Werk wieder und empfiehlt sie nicht nur alteingesessenen Kafka-Fans, sondern auch den Studis, die sich einfach ein bisschen in herbstliche Stimmung bringen wollen.

„Wenn ich unter ihnen bin, bin ich nicht glücklich, aber vor der Schwelle des Glücks.“ (Kafka an Hugo Bergmann)
Während sich alles langsam auf den Winter vorbereitet und sich die Blätter an den Bäumen nach und nach gelb färben, erscheinen auf Plakaten gleich zwei Kafka-Inszenierungen: „K.“ im Berliner Ensemble und „Franz K.“ auf der Kinoleinwand. Kafkas Leben wird noch einmal neu aufgegriffen. Und das auf ganz unterschiedliche Weise.
Im „talmudischen Tingeltangel“, wie Regisseur Barrie Kosky das Bühnenstück nennt, stehen vor allem Musik und die jüdische Kultur im Vordergrund. Das Publikum begleitet die Hauptfigur Franz detailgetreu durch den „Prozess“, der in diesem Fall Kafkas Gefühle bezüglich seines jüdischen Hintergrundes widerspiegeln soll. Es werden aber auch Kostproben anderer Schriften Kafkas gegeben, darunter „Ein Hungerkünstler“, „Das Urteil“ oder auch Briefe, die er aus dem Ostseebad Müritz schreibt. Der sonst so schwere Stoff wird mit Witz und in Begleitung jiddischer Lieder leicht verdaulich präsentiert. Trotzdem versäumt Kosky nicht, mit dieser Neuinszenierung an eine gesellschaftliche Debatte anzuknüpfen und Stereotype zu hinterfragen: Bekannte Figuren treten durch eine Umkehrung ihrer Geschlechterrollen in neuer Form auf. So wird Franz K von Kathrin Wehlisch gespielt, Fräulein Bürstner dagegen von einem ihrer männlichen Kollegen verkörpert. Ausgefallene Bewegungen in den Choreografien untermalen die Absurdität zusätzlich.

Wer nach bedrohlicheren, unangenehmeren Eindrücken sucht, findet sie eher in Agnieszka Hollands Verfilmung: Auch hier werden Elemente verschiedenster Werke Kafkas, darunter „Das Urteil“ oder „Die Verwandlung“, miteinander verwoben und vordergründig Kafkas eigenes Leben nacherzählt. Ein besonderer Fokus liegt auf der Vater-Sohn-Beziehung von Franz und Hermann Kafka. Sein Vater durchbricht die vierte Wand und scheint durch die Leinwand hindurch nicht nur seinen Sohn, sondern das gesamte Publikum anzubrüllen und den Kinosaal unangenehm einzunehmen. Bruchstückhaft reihen sich die Szenen aneinander: Einblicke in das Leben des Künstlers werden immer wieder durch Einschübe der Gegenwart unterbrochen. Dadurch wird die Absurdität des überzogenen Kafka-Hypes unterstrichen: Besuchende einer Stadtführung jagen um jeden Preis den Spuren des Schriftstellers nach. Eindrucksvolle Bilder und eine raffinierte Farbwahl, aber nichts für schwache Nerven.
Was beide Inszenierungen verbindet: Immer scheint der Protagonist kurz vor der Schwelle des Glücks zu stehen, erreichen oder gar übertreten kann und wird er sie aber nie.

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