Leandro ist ein Erasmus-Student in Athen. Dorthin ist er nicht geflogen, sondern klimafreundlich angereist. Im Gespräch mit Enya Denzel erzählt er, wie seine Erfahrung war und was sonst noch getan werden sollte.

FURIOS: Leandro, du bist ja mit dem Zug und der Fähre nach Athen gefahren. Das war sicherlich eine lange und teure Reise. Was hat dich dazu bewogen?
Leandro: Mhm … Ich habe es zum einen deshalb gemacht, weil ich Zeit dazu hatte und zum anderen, weil ich die Erfahrung machen wollte. Dann natürlich aus Umweltgründen und weil es für mich praktischer war, denn so konnte ich mehr Gepäck mitnehmen. Außerdem gibt es die Erasmus Förderung für grünes Reisen.
FURIOS: Wenn wir jetzt schon bei deiner Reise sind. Wie genau bist du von Berlin nach Athen gekommen?
Leandro: Also, ich bin von Berlin losgefahren. Dann bin ich mit dem ICE nach München gefahren. Von dort aus bin ich mit dem Zug der ÖBB nach Bologna gefahren. Dort habe ich übernachtet. Am ersten Reisetag war ich also von 7 bis 22 Uhr unterwegs. Am nächsten Tag bin ich schon früh los, um von Bologna nach Bari zu fahren. Also Süditalien. Von Bari bin ich mit der Fähre nach Patras gefahren. Am dritten Tag bin ich nachmittags in Patras angekommen und anschließend mit dem Bus nach Athen gefahren.
FURIOS: Weißt du noch, wie viel deine Reise gekostet hat? Für grünes Reisen gibt es zusätzlich zur Reisekostenpauschale einen Zuschuss obendrauf, war dieser Zuschuss kostendeckend?*
Leandro: Ja, war er. Die Fahrt hat ungefähr 220 Euro für einen Weg gekostet. Ich habe auch nachgeschaut, Fliegen hätte ähnlich viel gekostet, mit Gepäck vielleicht sogar etwas mehr.
FURIOS: Für die Anreise nach Athen bekommt man für grünes Reisen etwa 100 Euro mehr. War das für dich ein richtiger Anreiz? Oder nur ein positiver Ausschlag?
Leandro: Der Hauptgrund, warum ich das gemacht habe, war es nicht. Aber schon „nice to have”. Ich denke, der Zuschuss hat die Entscheidung unterstützt.
FURIOS: Hat es sich gelohnt?
Leandro: Ja, ich würde es genauso nochmal machen. Und ich überlege an Weihnachten nach Hause zu fahren, also nach Deutschland, und auch da würde ich lieber gerne grün fahren. Also mit dem Zug oder mit Fähre und Zug. Einfach weil es sonst unsinnig wäre, jetzt zu fliegen. Ich glaube, mein Bewusstsein dafür hat sich nochmal deutlich gesteigert. Eigentlich hatte ich schon immer ein hohes Umweltbewusstsein, aber es hat sich jetzt nochmal verstärkt, sodass ich es im Alltag umsetze. Wie eben beim Reisen. Denn die Reise hat mir nochmal gezeigt, dass es einfach möglich ist. Man braucht natürlich Zeit. Aber ich finde es eigentlich auch ganz schön so zu reisen. Es ist eine schöne Art zu reisen.
FURIOS: Du hast gerade erzählt, du bist auch Fähre gefahren. Die ist nicht wirklich umweltfreundlich. Hast du dich vorher damit auseinandergesetzt?
Leandro: Die Fähre ist nicht grün, nein. Ich habe tatsächlich nachgeschaut, wie viel CO₂ ich einspare. Es war trotzdem weniger als Fliegen. Über 50 % meiner Reise machte ich mit grünen Verkehrsmitteln. Nur mit dem Zug zu fahren wäre wahrscheinlich am besten gewesen.
FURIOS: Wie hat eigentlich dein Umfeld reagiert, als du ihnen erzählt hast, dass du umweltfreundlich anreist und daher nicht fliegst?
Leandro: Gute Frage, die Reaktionen waren eigentlich durchweg positiv. Es war teilweise so, dass die Leute gesagt haben „wenn man die Zeit hat, würde ich das auch machen. Aber es gehen dann immer drei Tage drauf und bei einer Woche Urlaub macht es halt keinen Sinn das zu machen.” Es waren teilweise schon Rechtfertigungen. Das meiste positive Feedback kam lustigerweise von älteren Menschen.
FURIOS: Jetzt bist du ja schon paar Tage hier und hast einige Leute kennengelernt. Hast du das Gefühl, dass mehrere Menschen so angereist sind und wie haben die Menschen auf deine Reise reagiert?
Leandro: Ich kenne eigentlich nur eine andere Person, die auch mit dem Zug gekommen ist. Ahh, und noch eine Person, die mit dem Auto gekommen ist, mit dem Van, auch zu zweit. Ich weiß nicht, ob das als Grün zählt. Ich glaube aber nicht. Immerhin nicht geflogen. Mein Eindruck ist, dass es eher weniger Leute gibt, obwohl es dafür mehr Geld gibt. Ich glaube, es ist einfach noch nicht so angekommen, dass das geht. Gerade bei einer großen Strecke sehen viele gar nicht die Möglichkeit, dass es geht.

FURIOS: Was war dein bestes Erlebnis auf der Reise?
Leandro: Mhm, insgesamt war es eine sehr schöne Reise, aber ich glaube, das Schönste war, als ich in Griechenland von der Fähre gestiegen bin und wusste, „ich bin jetzt in Griechenland und werde hier 4 Monate bleiben”. Der Moment war irgendwie ein bisschen magisch, weil es so eine lange Reise war. Dadurch, dass ich nur über Land und Wasser gefahren bin, konnte ich die Entfernung viel bewusster wahrnehmen. Dann vom Schiff zu gehen, das war der schönste Moment.
FURIOS: Was denkst du, was sonst noch passieren müsste, damit mehr Menschen grün reisen?
Leandro: Ich denke, die Uni oder die EU müsste noch mehr Anreize schaffen. Sie könnte zum Beispiel die Förderung für nicht grünes Reisen, die nicht viel niedriger ist, komplett streichen oder deutlich herabsenken und die für grünes Reisen erhöhen. Ich denke, so werden mehr Menschen grün reisen.
* Die Reisekostenpauschale für die Anreise zur Gastuniversität bekommt jeder Erasmus-Studierende. Die Höhe bemisst sich nach der Entfernung zur Gastuni. Für grünes Reisen erhalten Studierende obendrauf einen Zuschuss, der ebenfalls von der Entfernung zur Gastuni abhängig ist. Zusätzlich erhalten die Studierenden, die grün anreisen, für die benötigten Reisetage eine Erasmus-Förderrate. Für Griechenland ist diese 18 Euro pro Tag. Genaueres lässt sich hier nachlesen.
