„Filme können nicht die Welt verändern!“

Wenn Praktikanten streiken, geht nichts mehr – jedenfalls im Film. Regisseur Jonas Grosch (27) spricht mit FURIOS über Ausbeute, Widerstand und weshalb er selbst Praktikanten für sich arbeiten ließ.

Jonas Grosch hat den ersten deutschen Praktikantenfilm gedreht. Jonas Grosch hat den ersten deutschen Praktikantenfilm gedreht. Er selbst hat nur gute Erfahrungen im Praktikum gemacht.

Das Interview führte: Laurence Thio Foto: Darek Gontarski

In „Résiste! Aufstand der Praktikanten“ geht es um die ausgebeutete Generation Praktikum. Hast Du selbst schlechte Erfahrungen gemacht?

Ich habe nur ein Praktikum gemacht und zwar bei der Wüste Filmproduktion in Hamburg. Das Praktikum ging drei Monate und ich wurde entlohnt. Das war ideal.

Du hast für deinen Praktikantenfilm selbst Praktikanten beschäftigt. Ist das nicht inkonsequent?

Wir haben ungefähr zehn Praktikanten im Produktionsablauf beschäftigt. Wir haben alle für so gut wie kein Geld gearbeitet, es gab bei uns keinen großen Unterschied zwischen Praktikanten und Nicht-Praktikanten. Wir haben keine Praktikanten eingestellt, damit sie Kaffeekochen. Die Leute waren meiner Meinung nach zufrieden und haben viel mitgenommen.

Wie kamst Du auf die Idee einen Film über Praktikanten zu machen?

Es gab bisher keinen Film über Praktikanten in Deutschland. Ich wurde durch eine Produzentin auf das Thema gebracht. Das war zu der Zeit, als im Spiegel über die Generation Praktikum geschrieben wurde. Während meiner Recherche für den Film habe ich dann gemerkt, was für ein großes Problem das eigentlich ist. So gut wie jeder konnte mir eine Geschichte zur Ausbeutung im Praktikum erzählen. Ein Bekannter berichtete mir, dass er im Bundestag bei einer der beiden großen Parteien Praktikant ist und kein Geld erhält. Dieser Fall findet sich beispielsweise auch im Film wieder.

Dein Drehbuch fiel im Drehbuch-Seminar an der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf durch. Andere Produzenten schüttelten ebenfalls den Kopf: Wieso hat Du den Film trotzdem gemacht?

Es gab trotz der ablehnenden Haltung auch sehr viel Zuspruch! Viele Leute haben gesagt: „Das wollen wir machen, dass müssen wir sogar machen, um das Thema auf den Tisch zu bringen“. Bei den 50 Leuten, die an diesem Film mitgearbeitet haben, war von Anfang an sehr viel Energie da.

Wieso das Format der Komödie und kein ernsthafter Film über die Problematik?

Für mich ist die Komödie ein sehr gutes Mittel um das Thema zu behandeln. Diejenigen, die den Film abgelehnt haben, störten sich vor allem daran, dass ich ein so wichtiges Thema nicht ernsthaft genug angehen würde. Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass ein Film Spaß machen sollte. Und darüber hinaus regt er zum Nachdenken an und macht die Generation Praktikum auch außerhalb des Films zum Thema. Eine Komödie zieht die Leute besser an. Man kann und sollte Unterhaltung mit Anspruch verbinden.

Es gibt einiges an Praktikanten-Prosa und Artikel über die Generation Praktikum. Geändert hat das letztlich alles nichts. Meinst Du dein Film könnte etwas bewirken?

Ich bin da sehr vorsichtig, ich glaube Filme können nicht die Welt verändern. Ich habe nicht den eigenen Anspruch, dass sich durch mein Film die Situation der Praktikanten am Ende des Jahres verbessert hat. Ich wünsche mir eher, dass den Leuten der Film gefällt und bei ihnen etwas anstößt. Aber das liegt dann nicht mehr in meiner Macht.

In deinem Film organisieren Praktikanten einen Generalstreik und setzen sich gegen die Ausbeutung zur Wehr. Im vergangenen Oktober hat es in Berlin tatsächlich einen Praktikanten-Streik gegeben. Besonders viele Praktikanten haben jedoch nicht teilgenommen.

Der Film zeigt insofern natürlich schon eine Utopie. Leider Gottes waren nicht viele Praktikanten beim tatsächlichen Streik. In der Realität ist es eben doch nicht leicht Leute zu mobilisieren. Mutig zu sein und auf die Straße zu gehen, ist schwierig, dass liegt auch an der vorherrschenden Existenzangst. Sie verhindert auch, dass sich eine revolutionäre Idee in der Masse durchsetzt, damit es zu einem Generalstreik kommen könnte. Ich habe dafür leider auch nicht die Lösung.

Kauzige 68er, skrupellose Firmenbosse und der arme Kaffeekochpraktikant: Die Figuren im Film sind mit unter sehr klischeebeladen. Wieso hast Du sie so überzeichnet?

Das ist mein Stil, es gefällt mir persönlich. Ein Klischee ist für mich nichts Negatives, sondern ein gutes Mittel eine gewisse Wahrheit auf überzeichnete Art und Weise zu zeigen. Film bedeutet für mich eine Übersetzung zu finden und die ist in diesem Fall der Humor. Und ich glaube , dass macht auch anderen Leuten Spaß.

“Résiste! Aufstand der Praktikanten” läuft am Donnerstag, dem 12.11.2009 an. Der Trailer zum Film:

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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