Normalerweise wird das Verhältnis von Politik und Medien am OSI aus akademischer Sicht betrachtet. Wie es im politischen Alltag aussieht, erklärte der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering bei seinem Besuch am Dienstag. Von Patrick Nickol.
“Wissenschaftlichen Ansprüche” wolle er an seinen Vortrag „Ohne Koch und Ohne Kellner“ nicht erheben, das stellte Franz Müntefering gleich am Anfang klar, vielmehr versprach er eine rein subjektive Darstellung seiner Erfahrungen aus 45 Jahren politischer Aktivität. Dem Titel entsprechend begann der 70-Jährige das persönliche Plauderstündchen mit der Einschätzung, dass Politik und Medien in einem symbiotischen, aber keineswegs in einem hierarchischen Verhältnis zueinander stünden und demzufolge einander brauchen. Im Umgang miteinander forderte er von beiden Seiten Augenmaß sowie den nötigen Respekt: „Die Politik muss Dinge ansprechen und Journalisten müssen bitteschön versuchen, dass was man sagt auch zu verstehen, so wie man es meint.“
Kritisch äußerte sich Müntefering auch über die Kurzatmigkeit und Schnelllebigkeit, in welcher sich sowohl Politik als auch Medien befänden. So denke heute niemand mehr ausreichend darüber nach, was er sage beziehungsweise was er schreibe. Die Mangelnde Fähigkeit im „Heute“ Grundsteine für die nächsten 20 Jahre zu legen und die Idee „Nach mir die Sintflut“, verurteilte er als „eine der größten Sünden unserer Zeit“.
Medien und Privatsphäre
In der anschließenden Diskussionsrunde stellte sich Müntefering dann den Fragen der Studenten. Rücktritte von Politikern durch Druck seitens der Medien – wie im aktuellen Fall von Horst Köhler – hielt er für unwahrscheinlich. Als Politiker solle man sich “vorab darüber Gedanken machen”, was man sagen wolle. Speziell Spitzenpolitiker sollten wissen, dass alles, was sie sagen im selben Moment geschrieben und wenig später auch kommentiert werde.
Auch auf schlechte Erfahrungen mit der Presse und negative Berichterstattung um seine Person kam Müntefering zu sprechen. Er gab zwar zu ein gewisses Interesse am Privatleben von Politikern nachvollziehen zu können, so lange es um politische Belange und das Wohl Deutschlands gehe. Das gezielte Ausspionieren der Privatsphäre, wie er es bereits erlebte, erachte er hingegen als „randständig“.