Der anonyme Blog-Poet

Ein FU-Student gewährt auf seinem Blog intime Einblicke in seine seelischen Abgründe. Die Leserschaft wächst stetig. Wer ist dieser Anton Mila?, fragen Ute Rekers und Bente Staack.

Anton Mila ist ein Phantom. Sein wahres Gesicht gibt er nicht zu erkennen. Foto: jujurocks

Anton Mila ist ein Phantom. Sein wahres Gesicht gibt er nicht zu erkennen. Foto: jujurocks

Ganz hinten in der Ecke sitzt er, den obligatorischen Jutebeutel neben sich auf dem Sofa, entspannt das Kneipenleben beobachtend. Dichter Zigarettenqualm hängt in der kleinen Bar, das bunte Szenevolk von Friedrichshain tummelt sich an der Theke.

Seit geraumer Zeit geistert der Name Anton Mila durch die virtuelle Welt des Internets. Seine Kurzgeschichten begeistern zahlreiche Leser. Er veröffentlicht sie auf seinem Blog. „In unregelmäßiger Regelmäßigkeit“, sagt er lässig. Das Blog, das in einer lkoholgeschwängerten Nacht im Juni 2012 Gestalt annahm, gibt Einblicke in das emotionale Innenleben des Mittzwanzigers, der an der FU studiert. Zum Erhalt seiner Privatsphäre schreibe er unter Pseudonym. Auch seinen Studiengang will er nicht nennen. Das mache ihn interessanter, sagt Anton und grinst.

Nicht selten bekommen seine Leser einen Spiegel vorgehalten. Als “jungen Erwachsenen in einer Welt voller schlechter Sachen“ bezeichnet sich der Blogger. Damit kann sich wohl jeder im Studentenalter iden- tifizieren, von nächtlichen Begegnungen mit Frauen bis hin zu Abschied und Selbstzweifeln. Kritiker warfen ihm dafür schon einmal an den Kopf, ein „Ikea-Baukasten-Autor“ zu sein, weil er sich immer wieder mit diesen Inhalten beschäftige. Darauf angesprochen zuckt Anton nur mit den Schultern. Das lasse sich doch auf viele Künstler übertragen, sagt er. “Die drei großen Themen Tod, Liebe und Angst kommen vermutlich in 95 Prozent der Popliteratur vor.“

Seit der junge Literat mit elf Jahren „Herr der Ringe“ gelesen hat, sei er dem Schreiben verfallen, erzählt er. Zunächst war alles nur ein “Dummer-Jungen-Quatsch“. Bis ihm das Herz gebrochen und seine Texte zur Selbsttherapie wurden – auch präventiv“.

Bevor ich nackt über den Alexanderplatz renne, schreibe ich lieber“, erklärt Anton, während er an seinem Bier nippt. Oft kommen Frauen aus seinem Leben in den Texten vor. Nicht selten muss er sich auf Diskussionen mit ihnen einlassen, wenn sie sich in seinen Texten wiedererkennen.

Unter seinem ersten Pseudonym “berlin_bombay“ begann er vor knapp drei Jahren auf „Neon.de“ seine biografisch angehauchten Texte zu veröffentlichen. Einige Male schaffte er es sogar auf die Startseite des Magazins. Wenn er schwierige Phasen durchlebt, küsse ihn besonders häufig die Muse. Doch statt in langen Monologen vor Selbstmitleid zu zerfließen, versuche er sich knapp zu halten: „Ich will mit möglichst wenig Worten möglichst große Bilder malen.“

Es mag der Digitalisierung und den immer kürzer werdenden Aufmerksamkeits- spannen geschuldet sein, dass Anton mit seinen Kurzgeschichten den Nerv der Zeit und des Publikums trifft. Auf seinem Blog weiß er das geschickt zu nutzen.

Für die Zukunft plant er den Sprung hinaus aus der Virtualität und aufs Papier. Mit anderen Nachwuchsautoren arbeitet er am “Projekt Projekt 13“. Für die Produktion eines Kurzgeschichtenbandes suchen sie derzeit einen Verlag, um dem großen Traum von einem eigenen Buch ein Stückchen näher zu kommen. Ganz unrealistisch scheint das nicht. Denn schon Antons Blogbeschreibung titelt: Buchstaben, nichts als Buchstaben. Und darauf versteht er sich.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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