Wir wollen Euch bluten sehen!

An einer Universität in Neuseeland wurde ein Campusmagazin konfisziert, das eine menstruierende Person auf dem Cover abbildet. Die Aktion bereitet Carla Spangenberg und Corinna Segelken Bauchkrämpfe.

Die Otago University in Neuseeland sieht sich mit Zensurvorwürfen konfrontiert. Ende Mai sammelte das Aufsichtsteam „Campus Watch” über Nacht mehr als 500 Exemplare des studentischen Magazins „Critic Te Arohi” ein. Der Grund: Es könnte als anstößig interpretiert und von Leser*innen als unangenehm empfunden werden. Nein, das Cover zeigt keine religiöse Karikatur. Es zeigt die Zeichnung einer nackten Person zwischen deren gespreizten Beinen Blut aus der Vagina läuft.

Die Zensur eines studentischen Magazins ist ein Skandal an sich. Doch die Uni sendet damit auch ein gefährliches Signal: Menstruation ist eklig, wer blutet muss sich schämen, Muschiblut gehört nicht in die Öffentlichkeit. Wie sehr das Cover provozieren konnte, beweist, dass die Tabuisierung der Menstruation lange nicht überwunden ist. Die Periode wird weiterhin als Obszönität behandelt, von der sich Menschen gestört und, wie im Fall der „Critic”, sogar bedroht fühlen. Das muss sich ändern.

Ohne Muschiblut gäb’s uns nicht

Nicht nur, dass wir einmal im Monat von Bauchkrämpfen geplagt aufgedunsen herumwatscheln und in prämenstruellen Depressionen versinken. Nein, wir sollen das bitte auch noch heimlich tun. Doch das Totschweigen von Menstruation in der Öffentlichkeit begünstigt Scham und Ekel vor dem eigenen Körper.

Die Hälfte der Menschheit blutet einmal im Monat, die gesamte Menschheit ist davon abhängig – aber Tampons auf öffentlichen Toiletten? Eine Rarität, an der Uni sowieso. Stattdessen werden Tampons wie Luxusartikel besteuert, doch wie viel Luxus ist es, wenn ohne sie U-Bahnsitze und Hörsaalstühle vollgeblutet werden? Ja, bluten ist scheiße, aber wer es tut, kann es schlecht ignorieren. Und trotzdem ist Menstruation im öffentlichen Raum unsichtbar.

Würden Pimmel doch nur bluten

Schaut euch doch mal um in Berlin. Von jeder Hauswand glotzen uns Kritzeleien ejakulierender Pimmel entgegen – Pimmel sind schließlich okay. Aber eine Vagina aus der ein bisschen Blut tropft, das ist obszön. Denn Muschis sind eklig. Würden Pimmel doch nur bluten, wie schön rot wären die Häuserwände.

In Werbung für Binden ist das Blut übrigens babyblau. Meistens wird es mit einem kleinen Plastikbecher ausgekippt, weil das hübsch aussieht. Realistisch ist anders, aber realistisch ist eben auch nicht so hübsch und babyblau. Genauso ist auch das „Critic”-Cover: nicht hübsch, nicht inszenierte babyblau-abstrakte Flüssigkeit, sondern rohe Nacktheit und echtes Blut. Solche Bilder sind wichtig.

Muschiblut ist gutes Blut

Die Otago University hat das mittlerweile eingesehen, sich bei der „Critic”-Redaktion entschuldigt und eine Runde Tampons geschmissen. Menstruation muss sichtbar sein. Muschiblut darf kein Tabu bleiben – Muschiblut ist gutes Blut. Um die Scham zu nehmen, braucht es genau solche Zeichnungen wie die der „Critic”, braucht es Instagram-Accounts mit Fotos von Blutflecken, braucht es ein kleines bisschen Überwindung von uns allen. Also kneift euren Arsch zusammen, wir wollen euch bluten sehen!

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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