FURIOS verrenkt sich: K.O. und Schachmatt

Intelligente Kämpfe finden nicht nur in der Jurabibliothek statt, sondern auch im Chess Boxing Club Berlin. Annika Grosser schnappt sich ihre Schachfiguren und schlüpft für FURIOS in den Ring.

Hier sind Kraft und Köpfchen gefragt. Foto: Annika Grosser.

In unserer Ferienserie „FURIOS verrenkt sich“ probieren unsere Autor*innen skurrile Sportarten aus.

„FIGHTING IS DONE IN THE RING, WARS ARE WAGED ON THE BOARD“ – Das ist der Slogan, der auf den Trainingsshirts des weltweit ersten Schachboxvereins prangt. Gründervater des Schachboxens ist Iepe Rubingh. Der Niederländer stieß in einem französischen Comic auf die Idee zur Kombination beider Sportarten und entwickelte daraus den Wettkampfsport. 2003 wurde er zum ersten Weltmeister in der Geschichte des Schachboxens gekrönt und gründete daraufhin den Verein in Berlin, der heute einer von vielen ist. Leiter meines Probetrainings: Rubingh höchstpersönlich.

Ein richtiger Schachboxkampf läuft wie folgt ab: Es werden elf Runden bestritten, in denen sich die Kontrahenten abwechselnd sechs Runden à vier Minuten im Schach und fünf Runden à drei Minuten im Ring miteinander messen. Gewonnen wird durch ein Schachmatt auf dem Feld, Aufgabe des Gegners bzw. Ablauf seiner Bedenkzeit oder durch ein K.O. im Ring. Wenn die Partie im Remis endet, entscheidet die Punktewertung im Boxen und wenn es selbst hier unentschieden steht, gewinnt der Kämpfer mit den schwarzen Steinen.

Muskeln oder Köpfchen?

Stellt sich die Frage, welche Art Mensch man bei so einem Training antrifft. Nerds, die zeigen möchten, dass auch Schach ein richtiger Sport ist? Klitschkos, die ihre Intelligenz unter Beweis stellen wollen? Zwar hat der Chess Boxing Club Berlin laut Website „keine Klischees an Bord“, doch befinde ich mich beim Probetraining ausschließlich unter Männern, mit der Ausnahme einer weiteren Anfängerin.

Vor Beginn des zweistündigen Trainings werden rasch die Tische mit Schachfiguren und Stoppuhren präpariert. Anschließend geht es ans Aufwärmen: Seilspringen, Gewichte heben, Schattenboxen, Spurts – kein absehbares Ende. Fehlt nur noch, dass “Eye of the Tiger” gespielt wird, dann wäre die Trainingsmontage vollkommen.

Als ich mit meiner Kondition am Ende bin, gehen wir zum intellektuellen Teil über. Anfangs sieht mir der Trainer beim Schach zu, um mein „Niveau“ einzuschätzen. Doch als ich nach etwa 30 Sekunden meinen ersten Bauern verliere, ist die Sache entschieden: Er verzichtet darauf, ein richtiges Spiel mit mir anzufangen.

König um König, Schlag um Schlag

Stattdessen soll ich nun lernen, wie man mit zwei verbliebenen Figuren den König mattsetzt. Schach, sagt er, lerne man schließlich von hinten nach vorne. Nach vier planlosen Minuten in denen ich versuche, meine Figuren sinnvoll zu verschieben, stehe ich wieder auf der Matte. Mein Gegenüber soll ich an Schultern und Knien treffen und gleichzeitig seinen Schlägen ausweichen. Wenn das nicht gelingt, sind Liegestütze angesagt, doch die erste Runde überlebe ich weitestgehend ohne zu Boden zu gehen.

Dann widme ich mich meinem Läufer. Die Uhr piept. Drei Minuten Frust am Sandsack auslassen. Schon reiße ich mir die Boxhandschuhe von den Händen und kämpfe erneut gegen einen König. Neben mir schieben die anderen konzentriert ihre Figuren hin und her, während der Schweiß aufs Schachbrett tropft.

Nächste Runde Boxübungen, Partner*innenwechsel. Alles läuft gut, bis ich vom dritten Partner einen Schlag gegen den Kopf bekomme, der meinen mentalen Schachfähigkeiten nicht unbedingt auf die Sprünge hilft. So geht das immer weiter – Boxhandschuhe an und Boxhandschuhe wieder aus –  bis wir uns dehnen, noch ein paar Kraftübungen machen und schließlich die Tische einräumen.

Auch wenn das Training wirklich Spaß gemacht hat, eine professionelle Schachboxerin wird aus mir nicht. Letztendlich habe ich jedoch etwas gelernt: Schach ist zwar nicht meins, aber für den Prüfungsstress eignet sich Boxtraining wunderbar als Ventil.

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