Sinkende Wahlbeteiligung und fehlende Opposition — was bringt das StuPa noch? Nichts, sagte Hendrik Pauli, und plädierte für Abschaffen. Falsche Antwort, findet Valerie Schönian. Sie hält das StuPa für den letzten Anker der FU-Demokratie.
Die Hochschulpolitik an der FU braucht einen Relaunch. Wie dringend, das offenbart das Studierendenparlament (StuPa) in voller Tragik: Von nur 11,35 Prozent der Studierendenschaft gewählt, hat es eine flüchtige Opposition und wird vom Präsidium überhört. Deshalb ist das Parlament unbeachtet, unpluralistisch und machtlos. Nur noch wenige FU-Studierende wollen das ändern und engagieren sich in dem Gremium. Das Irre: Dafür ernten sie keinen Dank, nicht mal Respekt. Werden sie nicht ignoriert, werden sie belächelt; als ein paar aufmüpfige Politik-Studierende mit zu viel Freizeit und Idealen, aber fehlendem Realitätsbezug.
Etwas verändern an der Hochschulpolitik? – Wie lächerlich, alles Kinderkram, denkt sich Durchschnittsstudent an der FU. Er will sich nicht engagieren und hat dank der Bologna-Reform auch keine Zeit dazu. Mit einer Geschwindigkeit von 36 Stunden pro Woche segelt er durch sein Studium. Schaut nicht darauf, was oder wer nach ihm kommt. Und das selbstbestimmte Studium sitzt im Beifahrerboot, direkt neben dem partizipatorischen Demokratieverständnis.
Deshalb schafften es nur 11,35 Prozent der FU-Studierenden 2012 zu den Urnen für die StuPa-Wahl. So entstanden in dem Gremium Mehrheitsverhältnisse, die kaum das Meinungsbild der Gesamtheit widerspiegeln. Aber wie auch, bei so einer Wahlbeteiligung? Erst einmal ist nicht entscheidend, ob die Mehrheit AStA-tragend ist oder nicht. Der Punkt ist: Sie sind gewählt – und im Gegensatz zur Opposition noch da.
Sie sind die Menschen, die den Studierenden noch eine Stimme geben, während 88,65 Prozent schweigen. Sie setzen sich für Dinge ein, die nicht nur sie direkt betreffen, sondern auch zukünftige FU-Studierende. Das ist nicht realitätsfern, sondern solidarisch.
Wir müssen uns klar machen: Hätte es diese hochschulpolitisch Engagierten nicht gegeben, wo wären wir jetzt mit der Rahmenstudien- und Prüfungsordnung (RSPO)? Oder gehen wir noch einen Schritt zurück: Was wäre passiert, wenn sich diese Aufmüpfigen nicht in den Hörsaal gesperrt hätten? – Bei einer Anwesenheitspflicht, die für manche Studiengänge die Sechs-Semester-Regelstudienzeit unmöglich macht. Wir können die Frage auch umgekehrt stellen: Was hätte bei den Bildungsprotesten 2011 erreicht werden können, wenn sich alle 30.000 Studierende der FU beteiligt hätten? Womöglich alles. Ist das nur eine idealistische Wunschvorstellung? Vielleicht, aber immerhin gibt es an dieser Universität noch ein paar Idealisten.
Einige davon sitzen noch im StuPa, es werden weniger. Denn mehr und mehr wird das studentische Parlament an den Rand der Studierendenschaft gedrängt. Wie soll es mit so einem Gremium weiter gehen? In absehbarer Zeit wird es bei der niedrigen Wahlbeteiligung bleiben. Das Präsidium wird die studentischen Vertreter weiterhin gegen eine Wand laufen lassen oder ganz überhören. Niemand wird den StuPa-Vertretern Respekt zollen.
Wo sind wir gelandet, dass Engagement, Solidarität und Ideale etwas Falsches sind? Wir brauchen einen Relaunch der Studierenden, des Präsidiums und der Opposition. Allen muss klar werden, dass studentische Selbstbestimmung nicht in das Beifahrerboot gehört, sondern auf’s Deck. Nur so können wir an der Universität zu eigenständigen, frei denkenden und demokratischen Menschen werden. Haben wir nicht mal eine Stimme auf der Politik-Ebene, die uns direkt betrifft, ist das Konzept kläglich gescheitert.
Deswegen ist das StuPa so wichtig. Deswegen muss es bleiben. Denn das Gremium ist der letzte Anker der davon segelnden Demokratie an der FU.