„Besser als Photoshop“

Fotografie ist einfach und für alle da. Das zumindest sagt Tilman Kalkhoff, FU-Student, Fotoliebhaber und der Begründer der einzigen „Dunkelkammer für alle. Von Kirstin MacLeod

Tilman Kalkhoff entwickelt in der Dunkelkammer seine Bilder. Foto: Cora-Mae Gregorschewski

Tilman Kalkhoff entwickelt in der Dunkelkammer seine Bilder. Foto: Cora-Mae Gregorschewski

Abgedunkelte alte Kellerräume sind Tilman Kalkhoffs Lieblings- und Arbeitsplatz: Nein, der 29-jährige FU-Student ist nicht professioneller Dark- Room-Betreiber – wobei die Bezeichnung nicht ganz falsch ist. Denn wörtlich übersetzt arbeitet Tilman genau dort, in einer Dunkel- kammer.

Im Kellerraum der „Ida Nowhere“, einem Projektraum für Kunst und Kultur in Neukölln, können Fotoliebhaber und Laien lernen, dass zur analogen Fotografie mehr gehört, als im richtigen Moment den Auslöser zu drücken. Das Konzept der „Dunkelkammer für alle“, wie Tilman sagt, sei in Berlin einzigartig. Zusammen mit vier anderen Fotonarren betreibt der Englisch- und Geschichtsstudent das Labor seit knapp zwei Jahren.

Zwar gebe es in der Stadt viele sogenannte „Laborgemeinschaften“. Deren Benutzung sei mit 25 Euro jedoch sehr teuer, sagt Tilman. Im „Ida Nowhere“ können Bilder für etwa 8 Euro entwickelt werden. Komplette Foto-Ausstellungen sind schon in dem Keller entwickelt worden. Das Fotolabor gehört zu einem gemeinnützigen Verein. „Unser Equipment setzt sich komplett aus Mitglieds- und Spendenbeiträgen zusammen“, erklärt der Student. Manche Teile der Ausrüstung lassen sich im Fachhandel kaum noch erwerben.

Tilman betritt die Dunkelkammer und erklärt, wie ein authentisches Bild entsteht, ganz ohne Instagram: Das fertige Bild, die Kontraste, die Helligkeit, der Schatten alles hänge nur noch von der Fähigkeit des Entwicklers ab. „Das ist doch viel besser als Photoshop“, sagt Tilman und grinst. „Und das Schöne ist: Bei uns kannst du mit den Bildern machen, was du willst.“

Das Entwickeln allein sei eigentlich ganz einfach. Zunächst müsse man die Bilder unter dem Vergrößerer belichten, erklärt er. Dann legt Tilman das noch weiße Fotopapier nacheinander in verschiedene Chemikalien: Im „Entwickler“ wird plötzlich das Bild sicht- bar, der „Stopper“ beendet diesen Prozess und der „Fixierer“ sorgt dafür, dass die Motive nicht verschwimmen. Ein Wasserbad reinigt das Fotopapier schließlich von den verbliebenen Chemikalien. Das Ganze geht so schnell, dass man gern noch ein zweites Mal hinsehen würde, um zu verstehen, wie aus dem Nichts plötzlich ein Bild entsteht.

Auch Mathias Nizinstei fasziniert das. Der 30-Jährige, der an der FU Theaterwis- senschaft studiert, ist von Anfang an bei „Ida Nowhere“ dabei. „Ida Nowhere heißt für mich, raus aus der Realität und rein in eine Wirklichkeit, für die man selbst verant- wortlich ist.“ Es sei ein zwangloser Verein mit wenigen Regeln, sagt Tilman. An den Wochenenden gibt es Fotografieworkshops, unter der Woche Konzerte und Lesungen. Tilman und die anderen setzen dabei auf die Motivation der Gruppe: „Hier ist nicht einer der Lehrer und der Rest hört zu. Jeder kann sich einbringen“, ergänzt der Student.

Mit dem eigenen Bild zufrieden sein – das ist für Tilman besonders wichtig. So ist „Ida Nowhere“ wohl für jeden Fotoliebhaber etwas, der sich nicht vor ein bisschen Kollektivcharakter scheut und am Ende etwas andere Bilder mitnehmen möchte – als „An- denken an die Parallelwelt“, wie Mathias sie beschreibt. Tilman fügt hinzu: „Klar, was wir hier machen ist Spielerei für Liebhaber – aber eben eine authentische Spielerei.“

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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