Am vergangenen Donnerstag wurde in der Werkstatt der Kulturen Sound „verflochten“. Beim „Interweaving Strings“ improvisierten Flöte, Sitar, Cello, Gitarre und ein Laptop. Von Christopher Gripp
Ein feuchtwarmer, in rotes Licht getauchter Kellerraum unweit des Hermannplatzes: Während diese Beleuchtung nur von den wenigen Scheinwerfern ausgeht, entströmt die Schwüle dem zahlreich erschienenen und gespannten Publikum, welches sich dicht hinter die kleinen Tischchen im Raum drängt. Wer zu spät kommt, muss sich, ganz ähnlich wie der Student zu Semesterstart, erst einmal einen Stuhl organisieren. So der erste Eindruck, den am vergangenen Donnerstag der Clubraum der Werkstatt der Kulturen bot.
Das Publikum hat sich eingefunden, um dem Prozess sich „verflechtender Saiten” beizuwohnen: Der Eintritt ist frei, das internationale Forschungskolleg „Verflechtungen von Theaterkulturen” am Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften der FU lädt ein. Dementsprechende Referenzen weisen die vier Musiker auf, die heute den Fokus in erster Linie auf freie Improvisation legen wollen: Komponist Amos Elkana, derzeitiger Fellow am International Research Center, kollaborierte bereits mit den Berliner Symphonikern, den Warschauer Philharmonikern, Cellist Dan Weinstein mit John Zorn und Steve Reich.
Ein letzter Blick durch den Raum, in den jetzt langsam Ruhe einkehrt. Gerade war noch eine Handvoll Gäste in den Raum geschlichen, sie müssen hinten stehen, so voll ist es. Eine Frau wird noch kurzfristig per Handy zugeschaltet, ein Mann hält es gen Bühne, auf der sich nun die vier Musiker einfinden.
‘Sitar’ bedeutet ‘drei Saiten’, das Instrument hat aber zwischen 18 und 20
Ins Auge fallen sofort Hindol Deb und seine Sitar: Das liegt zuerst an dem recht imposanten Instrument selbst. Zudem entlockt er der Sitar ihre Töne in der speziellen Spielhaltung, dem Schneidersitz nicht unähnlich, die der traditionell gekleidete Musiker auf einem Perserteppich einnimmt.
Entsprechend der Komplexität des Instrumentes beginnt das Konzert mit einem langwierigen Stimmen, welches jedoch fließend in eine leise Kakophonie aller Instrumente übergeht. Der klangliche Schwerpunkt liegt dabei auf den spieltechnisch bedingten Nebengeräuschen der Instrumente, die mitunter ganz bewußt produziert werden. So schabt der Cellist im vierten Stück des Abends quer zur eigentlichen Streichrichtung über seine Saiten oder zupft immer wieder Flageoletts.
Ein musikalisches Selbstgespräch
Am Abend wird viel mit Loops und Reverbs vom Laptop gearbeitet. Insofern geriert sich die Improvisation, für Elkana eine Art „random conversation“, oft als musikalisches Selbstgespräch, in dem sich das jeweilige Instrument selbst auszuloten scheint. Gerade dies macht den Reiz der Stücke aus, deren breites Spektrum sich zwischen Meditation und psychedelischer Aufgeregtheit eröffnet. Eine weitere Stimme tritt während des letzten Stückes hinzu: Das Spiel des Cellisten überlagert sich mit Einspielungen aus dem Gedicht „Whiter do you go home“ Péter Nádas’. Es entsteht ein dialogischer, vielschichtiger Klangraum, der das Publikum in sich aufnimmt und am Ende leicht trunken in die kühlende Abendluft entlässt.