Hoher Besuch an der FU: Außenminister Frank-Walter Steinmeier hielt im Audimax eine Grundsatzrede zur deutschen Außenpolitik und stellte sich den Studierenden zur Diskussion. Von Sarah Ashrafian und Alexandra Brzozowski
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Schlangen vor dem Audimax. Bereits eine halbe Stunde vor Einlass warteten gut hundert Gäste im Foyer des Henry-Ford-Baus. Anlässlich des 70-jährigen Jubiläums zur Gründung der Vereinten Nationen hielt Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch eine Rede unter dem Thema „Die Welt aus den Fugen – Was hält uns zusammen?“. Darin sprach er über Ordnung, die Bedeutung der Vereinten Nationen, die aktuelle Migrationsbewegung und Lösungsansätze für den Syrien-Konflikt.
Lautstarker Protest der Studierenden
Noch während Steinmeier die Anwesenden begrüßte, wurde er jedoch von lautem Getrommel unterbrochen. Studierende schlugen gegen die Fenster des Max-Kade-Auditoriums, um ihrem Protest gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP Ausdruck zu verleihen. Außerdem demonstrierten im Saal zwei Studierende mit einem Banner der „Refugees Welcome”-Bewegung und skandierten lautstark: „Nazis morden, der Staat schiebt ab – das ist dasselbe Rassistenpack.“
Als sie schließlich aus dem Saal geführt werden sollten, richteten sie ihre Parolen gegen Steinmeier persönlich: „Schreibtischtäter, Blut an deinen Händen.“ Steinmeier reagierte indes gelassen: „Ich wäre fast enttäuscht gewesen, wenn das nicht passiert wäre.“ Er bot den beiden Demonstranten an, im Saal zu bleiben. „Vielleicht finden Sie das ein oder andere Argument in meiner Rede, das Sie gebrauchen können.“
Kein Frieden ohne Ordnung
In seiner Rede unterstrich der Außenminister, dass es seit Ende des Kalten Krieges keine klare Weltordnung mehr gäbe. Statt in einer bipolaren, lebten wir heute in einer nonpolaren Welt. Die Suche nach einer neuen Weltordnung laufe momentan vor allem gewaltsam ab. Die Erosion der bestehenden Ordnung zeige sich vor allem an den aktuellen Konflikten in Syrien, Irak, dem „ganzen Krisenbogen von Libyen bis Afghanistan“, Konflikten in vielen Teilen Afrikas sowie in der Ukraine. Die daraus resultierende Fluchtbewegung sollte uns lehren, dass es eine Verantwortung gäbe, die „über das eigene nationale Interesse hinausgeht.“ Dieser Verantwortung, so Steinmeier, sollte man vor allem mit Vermittlung gerecht werden.
„Wer Frieden will, muss reden“, plädierte der Bundesaußenminister, „wobei es das eigentlich Schwierige ist, einige dazu zu bringen, miteinander zu reden.“ Damit nahm er Bezug auf seine Verhandlungsgespräche in Saudi-Arabien und Iran im Zuge der vergangenen Woche. Auch wenn Situationen schwierig erscheinen, sei es wichtig, Engagement und Beharrlichkeit zu zeigen, um gewisse Ziele durchsetzen zu können. „Frieden und Stabilität fällt nicht vom Himmel“, so Steinmeier.
Dabei kritisierte er den Alleingang Russlands und hob hervor, dass eine Lösung des Syrien-Konflikts mit friedlichen Mitteln angestrebt werden müsse. Gleichzeitig kritisierte er das Vorgehen der USA unter George W. Bush, der Syrien als Teil einer „Achse des Bösen“ in die Isolation getrieben und damit eine Grundlage zur Konfliktvermeidung in Syrien verbaut habe.
Ordnung braucht Wandel
Zum Ende hin nahm er noch einmal Bezug auf den studentischen Protest. Es dürften keine Menschen in Deutschland darunter leiden, sich für das Schicksal der Flüchtlinge einzusetzen, so der Außenminister. Zu diesem Engagement ermutigte er die Versammelten und lobte sowohl den Einsatz der Studierenden als auch die FU mit ihrem neuen “Welcome@FU”-Projekt.
In der anschließenden Diskussionsrunde ging es unter anderem um eine Reform der UN. Nach Steinmeier sei eine Reform des Sicherheitsrates unbedingt notwendig. Gleichzeitig vermied er jedoch, die Forderung nach einem ständigen deutschen Sitz im UN-Sicherheitsrat anzusprechen.
„Ordnung braucht Wandel, aber Wandel braucht auch Ordnung“, betonte Steinmeier und hob hervor, dass mehr Engagement und Beharrlichkeit der einzige Weg seien, diese Ordnung in der Welt wieder herzustellen.