Ohne Zucht und Ordnung: Die Hamburger Medizinstudenten benehmen sich offensichtlich stark daneben – deswegen gibt es für sie jetzt einen Verhaltenskodex. Ob der Knigge etwas ändert, fragt sich unsere Autorin Eva Famulla.
Kein Handy, keine Jogginghose und keine Schokoriegel mehr. Das Hamburger Universitätsklinikum hat zum Semesterbeginn einen Verhaltenskodex für Medizin-Studierende veröffentlicht. Darin finden sich nicht nur Aufforderungen wie „Lehrende und Studierende gehen respektvoll miteinander um“, sondern auch klare Verbote, wie etwa für Handys, Laptops und Essen im Unterricht. Auch Fotos, Audio- und Videomitschnitte bei Lehrveranstaltungen werden untersagt. Der sieben-Punkte-Plan soll die Konzentration im Unterricht wieder steigern und die Interaktion zwischen Studierenden und Dozenten „optimieren“.
Ewige Vorwürfe
Eins ist auf jeden Fall lobenswert am Hamburger Kodex: Er schließt Dozierende von den Vorschriften nicht aus. Die Hauptzielgruppe sind wohl allerdings doch Studierende. Man könnte jetzt diskutieren: Ist das notwendig? Brauchen wir einen Knigge? Benehmen wir uns wirklich so schlecht? Oder ist das am Ende nur Gängelei? Wo bleibt da eigentlich die studentische Freiheit? Studenten gehen seit Jahrzehnten schon nicht mehr in Schlips und Kragen zur Uni.
Außerdem: Smartphones und Laptops gehören zu unserer Generation. Warum in aller Welt sollten diese aus dem Vorlesungsraum ausgeschlossen werden? Nur weil unsere Professoren ohne studiert haben? Nach dem Motto „damals ging das ja auch“? Irgendwie kommt einem das bekannt vor… Ja richtig! Der Vorwurf „die Jugend benehme sich nicht“ – den gibt es ja schon seit die Menschen sprechen können. Trotzdem hat sich die Welt weiterentwickelt – wie merkwürdig.
Anspruch und Wirklichkeit
Regeln auf ein Blatt Papier zu schreiben ist grundsätzlich nicht verachtenswert, aber ob sich diese Regeln dann durchsetzen – das steht auf einer anderen Seite. Die Dozenten der Hamburger Universität gaben auf Anfrage der Welt-Redaktion an, dass es keine Sanktionen für Verstöße gegen den Kodex geben werde. Und damit wird der schöne Studenten-Knigge dann ganz schnell zum Pro-Forma-Wunschzettel an Studierende und Dozenten.
Am Ende führt das alles auf eins hinaus: Wir brauchen keinen Knigge – wir sind alle mündige Menschen. Wer sich daneben benehmen will, der tut das sowieso. Ein Verhaltenskodex für Studierende wird weder die Welt retten, noch sie ins Unheil stürzen – sondern einfach nur an ihr vorbeirauschen.