Zwischen Kunst, Hoffnung und Geschichte

Ein künstlerischer Werdegang und vier Jahrzehnte deutscher Geschichte stecken in Donnersmarcks neuestem Film „Werk Ohne Autor“. Max Kaplan hat ihn sich angesehen.

Tom Schilling als Künstler Kurt Barnert. Bildmontage / Foto: Buena Vista International/ Pergamon Film Wiedemann/ Berg Film, Illustration: Joshua Leibig

Vor genau zehn Jahren gewann Florian Henckel von Donnersmarck mit „Das Leben der Anderen“ den letzten deutschen Auslands-Oscar. Bis heute gilt der Film mit seiner meisterhaften filmischen Umsetzung und seiner akkuraten und ungeschönten Darstellung des Lebens in der DDR als einer der feinsten deutschen Historienfilme. Auch sein neuester Film mit dem Titel „Werk Ohne Autor“ setzt sich mit deutscher Geschichte auseinander und ist bereits als Beitrag für den Auslands-Oscar 2019 vorgeschlagen worden.

Durch die Augen eines Künstlers

Das Besondere an „Werk Ohne Autor“ ist neben dem schieren Ausmaß der Produktion vor allem die Perspektive: Indem man dem jungen, aufstrebenden Künstler Kurt Barnert (Tom Schilling) auf seinem Werdegang von der Nazizeit bis ins geteilte Nachkriegsdeutschland folgt, erlebt man diese dunklen Kapitel der deutschen Geschichte aus dem Blickwinkel eines gewöhnlichen Menschen, wenn auch mit außergewöhnlichen Talenten. Kurt Barnert ist kein großer politischer Funktionär, er ist kein historischer Dreh-und Angelpunkt. Er ist ein junger Maler mit einem großen Traum. Es ist nicht schwer, mit Schillings Charakter mitzufühlen und die Geschichte durch seine Augen zu sehen.

Was jedoch gezeigt wird, überzeugt: Kulissen sind realistisch, detailgetreu und vermitteln ein täuschend echtes Bild der porträtierten Zeit. Die große und vor allem aufwendige Arbeit, die dahintersteckt, ist dem Film in jeder Sekunde anzusehen. Ebenso beeindruckend ist zudem Sebastian Koch. Er stellt den gnadenlosen, kalten Professor Seeband, einen ehemaligen Nazi-Funktionär und Massenmörder, mit großem schauspielerischen Können dar, das sich in den kleinen Details äußert: Die eiskalte Mimik, das verhaltene Lächeln und die trügerische Fassade jagen so manche Schauer über die Rücken.

Die altbekannten filmischen Mittel

Doch auch den deutlichen Stärken des Films stehen einige Schwächen gegenüber. Der Film vermittelt durchgehend den Eindruck eines Fernsehfilms: Die Kameraperspektiven sind größtenteils unspektakulär, die Dialoge sind oft vorhersehbar und vor allem die erste Hälfte verfügt über zahlreiche Momente, deren Lichtsetzung und Auflösungen eher an einen kitschigen Film im Nachmittagsprogramm als an einen epischen Kinofilm erinnern.

Parallel dazu scheint es häufig, als hätte Donnersmarck versucht, einen „deutschen Hollywood-Film“ zu schaffen. Dies äußert sich vor allem in der altbekannten linearen Erzählstruktur, sowie in Sequenzen, die einen Erfolg oder eine Niederlage Barnerts verdeutlichen sollen: Barnert malt mit neu gewonnener Motivation, die Liebenden rollen gemeinsam vom Bett und lachen, die Welt ist wieder heile. Da „Werk Ohne Autor“ aber gerade vom außergewöhnlichen, vielseitigen Wesen der Kunst handelt, enttäuscht diese Konventionalität grundlegender Elemente mehr als einmal.

Jedoch darf man den hohen Unterhaltungsfaktor und die gekonnt aufrechterhaltene Spannung in „Werk Ohne Autor“ nicht außer Acht lassen. Trotz seiner Laufzeit von 188 Minuten schafft es der Film, die Zuschauer*innen bis zuletzt am Ball zu halten. Und gerade der einzigartige Kontrast zwischen großer Geschichte und intimer Erzählperspektive macht „Werk Ohne Autor“ allemal sehens- und empfehlenswert.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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