Speerspitze der Avantgarde

Der Nordberliner Rapper MC Bomber hat sein fünftes Battle Tape kostenlos auf den Markt geworfen. Elias Fischer hat es sich angehört.

Allein das Cover zeugt schon von großer Kunst! Bildmontage / Foto: MC Bomber. Illustration: Joshua Leibig

MC Bomber ist wieder aus den Tiefen des Molochs Prenzlauer Berg emporgestiegen und präsentiert sein neues mephistophelisches Werk – „P.Berg Battle Tape 5“. Das fünfte Tape fügt sich nahtlos in die Reihe des vorangegangenen Quartetts ein. Denn primitive Aussagen in herrlich wortwitzigen Reimen belustigen einerseits und sorgen andererseits für pochende Schläfen. Der Bomber schwenkt abermals die Fahne der Proletik und platziert auf zwölf teils funky Boom-Bap-Beats von Tito Tentaculo lyrisch enorm chauvinistischen Sprechgesang. Wem bei Machismo und Obszönität der Blutdruck wie Geysire kochend in die Höhe schießt, hört also am besten gar nicht erst rein.

Der Botschafter von Kamerun

Wo MC Bomber flowt, sind das Hip Hop Label Nordachse und Freunde nicht weit. So eröffnet G.G.B mit Bomber den sexistischen Reigen in dem Track „Intro“. Und wie es sich für ein Intro gehört, bereiten die Nordberliner die Lauschenden in der ersten Hook präzise auf die nächste halbe Stunde Drogen, Frauenverachtung und Größenwahn vor. Bomber richtet die rhetorische Frage ans Publikum: “Ist das alles, was ihr wollt? Vollgestopfte Atzen, die alles, was sie nich kenn, hassen und verachten?“. Prompt antwortet erst G.G.B.: „Yes, und jetzt scheppert die Nase.” Dann Bomber: “Wir ham’ Bock auf Ficken.” Und schließlich beide gemeinsam: “Ab in die Kralle.“ Message: Natürlich wollt ihr uns und unser Baller-Bums-Battle Tape. Sie feiern sich selbst.

Nach „A Simple Song“, auf dem eine Dame zu beschwingten Synthesizerklängen freudig jodelt und der Bomber den Untergrund als Einstellung feiert, nimmt er alle – abermals mit G.G.B – auf eine Reise mit zum „Karneval der Huren“. Zumindest spanische Hintergrundgesänge, Rasseln und Schellen zeugen musikalisch von Vielfalt, wie sie der Karneval der Kulturen jährlich in Berlin vermittelt. Verbal predigt der Bomber konstant selbstverherrlichend weiter, dass man seine Wenigkeit in allerlei Ländern schätze und er Orgien mit dem Botschafter von Kamerun feiere, der Kondome aus Ziegendarm offeriert. Biologisch abbaubare Präservative – wie fortschrittlich!

Falling in Love

Nach dem ersten Hören des Tapes steht fest: Das Intro hält, was es verspricht. Es wird von „Look black, Bodysuit und Lederschmuck, dicke Titten, geile Fresse, alles gut“ geschwärmt, sich selbst als „Klit-Arbeiter des Monats“ ausgezeichnet, auf die Wirkung von Koks in Verbindung mit indischen Potenzmitteln gehofft. Lediglich die Tracks „Bildungskönig“ und „Spasspartei“ feuern wenig bis gar nicht aus dem Duden für Tuten und Blasen. Doch genauso stetig wie der Chauvinismus ist die Qualität der Beats. Tito liefert guten Boom-Bap mit Einflüssen aus den 80ern bis 00ern. Besonders das Sample in „Verliebt sein“ lässt Schmetterlinge im Bauch flattern. Instrumentalfans kommen definitiv auf ihre Kosten. 

Bomber und seine Featuregäste provozieren durch teils maßlose Übertreibungen bestimmt einige Verfechter*innen des Feminismus, doch die „Speerspitze der Avantgarde“ kitzelt, sollte man sich darauf einlassen, so manchen Schmunzler heraus. Besonders die Intros, Outros und Bridges sind prädestiniert dafür. Wer das Tape hört und Freude daran haben möchte, sollte also nicht zimperlich sein und sich mit Bomber auseinandersetzen. Ansonsten besteht die Gefahr, übermannt zu werden. Außerdem wird das Tape zum kostenlosen Download angeboten oder anders gesagt: Wem es nicht gefällt, schiebt nicht einmal Frust wegen rausgeworfener Euros. Die wären dann übrig: beispielsweise für zuverlässige Kondome.

Autor*in

Elias Fischer

Seine Männlichkeit passt nicht ganz in den Bildausschnitt.

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