Pünktlich zum Wahlkampf erscheint die Juso-Hochschulzeitung “links und frei”. Ein bisschen Wahlkrampf auf Papier gedruckt findet Nick Flamang. Eine Rezension von Nick Flamang
Die Jusos haben es schwer an der FU. Vielleicht noch schwerer als die Bundes-SPD – sofern das überhaupt möglich ist. Zwar sind die Jungsozialisten eine der stärksten Fraktionen im StuPa, doch die Erlangung von vier bei sechzig Sitzen scheint verbesserungswürdig. So wird das Knacken der „10 % Hürde“ bei sächsischen Landtagswahlen schließlich auch nicht als Erfolg gefeiert. Aber wären es nur die Sitze. Betrachtete man die StuPa-Landschaft als Autobahn, so würden die Jusos wohl als Lkw auf dem rechten Streifen von den meisten Listen mit doppelter Geschwindigkeit links überholt werden.
Denn es gibt ein Profilproblem. Wie präsentiert man Klassenkampf und Revolution, wenn auch der Großteil der hochschulpolitischen Gegner sich dies als systemtragendes Element auf die Fahnen geschrieben hat? Die links und frei!, Zeitung der FU-Jusos, gibt Aufschluss. Mit diesem Hybrid aus Info-Heft, Wahlkampf-Blatt und sozialistischem Manifest soll die Freie Universität oder besser noch die ganze Welt verbessert werden. Angefangen natürlich in Berlin.
Das Rezept ist einfach wie genial: Man überwältige die Leser mit einer Masse an Ausrufezeichen, beschwöre in jedem Artikel die soziale Spaltung Deutschlands herauf und garniere das Ganze mit Vergleichen, die so alt sind, dass sie ihren Witz schon fast wiedererlangt haben. Fertig. Und wenn alles nichts hilft, sind da ja immer noch die Sudokus als Nachtisch.
Das Resultat ist jedenfalls beeindruckend. So wie die Überschriften: „Spagetti Bolognese? Das Gericht ist so nicht bekömmlich! Abschmecken! Jetzt!“ Das ist ungefähr so unkonventionell und aussagekräftig wie fränkische Kochbücher. Und es geht weiter: „Diese Bolognese stammt nicht aus Bologna!“, „Eigenverantwortliche Auswahl und Gestaltung statt eintöniger Fertiggerichte!“ Wem bei so viel Nudelrhetorik noch auffällt, dass die Jusos auf der einen Seite ein „gerechtes elternunabhängiges BAföG-System“ fordern und dann ein „bedarfsgerechtes BAföG verlangen“, der hat schon sehr genau hingeschaut.
Doch zum Glück sind da ja noch die zwei Sudokus. Die Suche nach der richtigen Zahl dürfte über inhaltliche Schnitzer hinweghelfen und ist doch auch viel spannender als die kritische Auseinandersetzung mit den Schwachstellen der Juso-Schrift.
Für alle nicht-sudokusüchtigen Detail-Pedanten bietet die links und frei! jedoch vor allem saftige Schelte für das „Unternehmen Freie Universität“, die zwar ziemlich hölzern daher kommt, dafür aber ordentlich Kritik im Gepäck hat. An der Form sollte allerdings gearbeitet werden, wenn man die ca. 6,6 % aus 2009 ausbauen und Magenschmerzen bei den Lesern verhindern möchte. Getreu dem Motto der Sachsen SPD: „Zweistellig ist machbar!“