Frischer Wind oder Wolf im Biberpelz?

In diesem Wahljahr wird mit harten Bandagen gekämpft. Im Plakatdschungel der FU findet sich harsche negative Wahlwerbung. Mara Bierbach ist den Vorwürfen an zwei studentische AS-Listen auf den Grund gegangen.

Was ver­steckt sich wirk­lich unter der süßen Ver­pa­ckung? Illus­tra­tion: Robin Kowalewsky

„Euer Otter warnt – vorsichtig vor PUZ-igem Biber“ steht auf einem Plakat unbekannter Urheberschaft. Das Plakat kritisiert zwei Listen, die für den Akademischen Senat (AS) kandieren: „PUZ – Pragm_Unab_Zukunft“ und die „Offene Liste aller Fachbereiche“, kurz Olaf – ihr Maskottchen ist ein Biber. Der Vorwurf: PUZ und Olaf würden nicht studentische Interessen vertreten, sondern seien von präsidiumstreuen Professoren initiierte „Tarnlisten“, die die studentische Vertretung unterwandern sollen, um so mögliche studentische Vetos im AS zu verhindern.

Sind PUZ und Olaf tatsächlich Marionetten des Präsidiums – oder die Opfer einer Hetzkampagne? Die Anschuldigungen gegen Olaf und PUZ gründen sich darauf, dass viele Kandidaten beider Listen als Doktoranden oder studentische Mitarbeiter von präsidiumsnahen Professoren abhängig sind. Zudem hat Grundschulpädagogik-Professorin Hilde Köster für die Olaf in einer ihrer Lehrveranstaltungen geworben. Köster ist Mitglied der Vereinten Mitte, der auch Präsident Alt angehört. Auch Christian Zoschke, Spitzenkandidat der PUZ, soll in einem Seminar seiner Doktormutter, Vizepräsidentin Monika Schäfer-Körting, für seine Liste haben werben dürfen.

Zoschke beteuert: „Frau Schäfer-Körting betreut meine Promotion, nicht meine politische Arbeit.“ Er sei durch die Ereignisse um die RSPO zur Uni-Politik gekommen. Dabei habe er festgestellt, dass die Positionen der Protestbewegung seinen eigenen weitgehend widersprechen. Über Facebook und Bekannte habe er Mitstreiter gesucht, um sich in der Hochschulpolitik zu engagieren.

„Wer Leistung fordert, muss Leistung fördern“

Das Wahlprogramm, das die PUZ auf ihrer Homepage präsentiert, liegt im eher neoliberalen und konservativen Raum – ein Slogan lautet: „Wer Leistung fordert, muss Leistung fördern.“ An die RSPO hat die PUZ vor allem eine Forderung: eine Begrenzung der Prüfungswiederholungen auf drei Versuche. Zudem spricht sich die Liste deutlich für die Exzellenzinitiative aus. So scheint die PUZ tatsächlich mehr mit dem Präsidium als den jetzigen studentischen Vertretern im AS gemein zu haben. Aber kann man von einer „Tarnliste“ sprechen, wenn die PUZ sich offen zu weitestgehend präsidiumskonformen, aber in der heterogenen Studentenschaft durchaus vertretenen Positionen bekennt?

Die Olaf präsentiert auf ihren Plakaten ein knapp gehaltenes Wahlprogramm – sie träten ein für „den Dialog zwischen den verhärteten Fronten im Akademischen Senat, für eine studierendenfreundliche Bearbeitung der RSPO und für alles, was Studierenden Bauchschmerzen bereitet.“ Auf konkretere und umfassendere Forderungen hätten sie bewusst verzichtet, so Olaf-Spitzenkandidaten Tobias Mehrtens und Hannah-Sophie Braun. Man wolle Raum lassen für Probleme, die Studenten an Olaf herantragen.

Bezahlte ein Prof für die Wahlplakate?

Braun und Mehrtens kritisieren den Mangel an Kompromissbereitschaft der derzeitigen studentischen Vertretung im Bezug auf die RSPO. „Ich hab das Gefühl, dass es gut wäre, da einfach mal ein bisschen frischen Wind reinzubekommen,“ erklärt Braun. Im Gegensatz zu Zoschke sympathisieren Braun und Mehrtens aber mit den Forderungen der studentischen Proteste.

Fragt man nach der Gründungsgeschichte der Olaf, so erzählen beide Spitzenkandidaten von einer Suche nach Gleichgesinnten im Bekanntenkreis. Was sie verschweigen: Der Kontakt kam zum Teil über Professoren zustande. Dies ist dem E-Mail-Verteiler der Olaf zu entnehmen, der, wohl aus Versehen, auch für Außenstehende zugänglich ist. Ebenfalls im E-Mail-Austausch erwähnt ist, dass ein Professor – höchstwahrscheinlich Arthur M. Jacobs – sich bereit erklärt haben soll, für weitere Wahlplakate zu zahlen. Jacobs sitzt zur Zeit für die Vereinte Mitte im AS. Gleich drei Olaf-Kandidaten arbeiten bei ihm. Auch eine Informationsveranstaltung mit Leo Brunnberg – ebenfalls Vertreter der Vereinten Mitte — wird über die Mailingliste angekündigt.

Der Fachbereich soll vertreten sein

Ist Olaf also tatsächlich eine Tarnliste, die eine versteckte Agenda — die Umsetzung präsidialer Interessen — verfolgt? Die Widersprüche zwischen Mehrtens’ und Brauns Aussagen im Interview mit FURIOS und dem E-Mail-Austausch legen dies nahe. Plausibler scheint jedoch, dass die enge Vernetzung zwischen Professoren und Olaf-Mitgliedern durch Fachbereichsinteressen und -loyalitäten begründet ist.

Fünf der neun Olaf-Kandidaten kommen vom Fachbereich für Erziehungswissenschaften und Psychologie, drei sind Veterinärmediziner. Mehrtens sorgt sich um den Fortbestand seines Faches Grundschulpädagogik und lobt die gute Zusammenarbeit zwischen Professoren und Studenten an seinem Fachbereich – das wünsche er sich auch auf Uni-Ebene.

Köster warb für Olaf mit dem Hinweis, auf der Liste wäre ein Grundschulpädagoge vertreten. Braun begründet ihre Entscheidung, sich uniweit politisch zu engagieren, auch damit, dass sie die Interessen der Tiermediziner bisher zu wenig repräsentiert sehe. Auch Professor Brunnberg vertritt nicht nur die Vereinte Mitte im Senat, sondern seit knapp zehn Jahren als Dekan auch die Interessen des Fachbereiches Veterinärmedizin.

Der Vorwurf an die neuen Listen, sie seien Marionetten des Präsidiums, wirkt vor diesem Hintergrund überzogen. Ob die neoliberale Ausrichtung der PUZ überzeugt oder ob man der Olaf übel nehmen sollte, dass sie ihre Nähe zu Professoren herunterspielt oder verschweigt, sollte jeder für sich entscheiden.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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2 Responses

  1. Ulf sagt:

    Die Frage ist doch,
    wie sich die Studierende der besagten Tarnlisten im AS mit den von ihren Arbeitgebern und -geberinnen entworfenen Studien- und Prüfungsordnung kritisch auseinandersetzen, wie Sie ihrem Chef mal öfter widersprechen oder wie Sie in besonders kritischen Angelegenheiten auch einmal Stillschweigen gegenüber ihren Vorgesetzten behalten wollen.

    Dass sich Studierende für die Interessen ihrer Profs, von denen sie glauben, es wären ihre, instrumentalisieren und sich zudem ihre Wahlkampfflyer bezahlen lassen, ist ein Skandal sondergleichen. Da hilft auch jeder Versuch das kleinzureden nichts.

    Und Entschuldigung: der Großteil der engagierten Studis ist NICHT bei irgendwelchen politisch aktiven Profs angestellt. Dass sich die Arbeits- bzw. Abhängigkeitsverhältnisse gerade bei Listen häufen, die sich gegen die gegenwärtige Studipolitik im AS stellen und für einen Kuschelkurs mit Profs stehen, ist wohl kein Zufall.

    Witzig ist mitnichten, dass die FURIOS auf dem Mailverteiler von OLaF nicht besonders gut weggekommen ist. 😉

  2. R. Pauli sagt:

    Dass so viele Kandidaten der alternativen Listen im Uni-Umfeld arbeiten, muss nicht verwundern. Es liegt ja nahe, dass engagierte Studenten eine engere Bindung zur Uni haben – nur würde die über studentische Gruppierungen laufen, würden sie ja eh nicht als eigene Gruppe antreten. Darüber hinaus ist es jedes Jahr die gleiche Ironie, dass der Tarnlistenvorwurf aus der Ecke kommt, die am stärksten auf dieses Modell setzt.

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