Zu einer Demokratie gehört auch die Öffentlichkeit bei der Auszählung von Wahlergebnissen. Dass diese zwar vorhanden ist, aber kaum genutzt wird, hat wohl verschiedene Gründe. Von Felix Lorber
Die Auszählung aller abgegebenen Stimmen geschieht also öffentlich, ein zentrales Merkmal demokratischer Wahlen. So ist es angekündigt, so wird es umgesetzt und zwar an einem Freitag, den 13. in der Silberlaube. Doch scheinbar interessiert sich kaum jemand dafür. Den betreffenden Raum zu finden, erweist sich trotz korrekter Ankündigung als schwierig. Im endlosen Labyrinth der Rost- und Silberlaube hat sich wohl jeder schon mal verlaufen, daher vermisst man besonders irgendwelche Hinweise. Ein Plakat? Ein noch hastig aufgehängter Wegweiser zur Auszählung? Fehlanzeige. Na gut, irgendwie ist das ja wahrscheinlich auch Bürgerpflicht, beziehungsweise Studentenpflicht. Wer interessiert ist, wird schon fündig. Und so sitzen auch drei vereinzelte Studierende in der Tür eines Raumes, der weiter als zwei Meter nicht zu betreten ist. Ein Absperrband hält die Grenze zur Auszählung. Der interessierte Zuschauer nimmt eine beobachtende Position ein.
Wer kommt, kommt zur Kontrolle
Dreizehn Menschen drängen sich in dem Raum um Tische und Wahlurnen. Nachdem zu Beginn die Regeln und der Ablauf erklärt sind, herrscht geschäftiges Treiben. Der zweite Raum, durch eine weitere Tür vom ersten aus begehbar, ist jedoch nicht einsehbar. Was dort geschieht, darüber erfährt man leider nichts.
Der studentische Wahlvorstand gibt sich Mühe, die richtige Atmosphäre zwischen Gelassenheit und Professionalität zu wahren, denn alle drei Besucher, die tatsächlich den Weg zur Auszählung gefunden haben, sind aus Kontrollgründen da. Der Vertreter der RCDS – der Studentenunion – beobachtet, ob auch alles korrekt abläuft. Zu häufig käme in der eigenen Liste der Vorwurf einer Benachteiligung auf, sagt er. Auch die Juso-Hochschulgruppe ist in Form eines Studenten anwesend, der sich ein Bild davon machen will, wie transparent und nachvollziehbar so eine öffentliche Auszählung denn nun tatsächliche abläuft. Beide standen selbst zur Wahl. Die dritte Studentin, von der FSI Jura entsandt, führt sogar Protokoll über die Abläufe.
Und man muss den Dreien Recht geben: die Transparenz oder zumindest Nachvollziehbarkeit der Ereignisse ist wirklich schwerlich zu verfolgen. Besonders der nicht einsehbare Raum erregt die Gemüter. Außerdem ist es auch die sterile Grundstimmung; kommentiert wird für den Außenstehenden gar nichts, auch Zwischenergebnisse werden nicht bekannt gegeben.
Transparenz ist nicht einfach
Das liegt natürlich auch daran, dass es sich hier um einen komplexen Vorgang handelt. Etliche Male werden Stimmzettel überprüft, mehrmals durchgesehen, bis sie als ungültig oder einer Liste zugehörig gewertet werden können. Ruhe scheint unerlässlich für derartige Zählversuche mit wohl über einhundert Listenplätzen; auch bei überregionalen Wahlen bis hin zum Bundestag ist die Zählpraxis die gleiche. Zum anderen aber erhöht sich die Begeisterung für derartige Vorgänge bei Wahlen, die regelmäßig um eine Wahlbeteiligung von zehn Prozent kämpfen, so keineswegs. Daher ist es wenig verwunderlich, dass sich kaum einer findet, der sich diese circa siebenstündige Auszählung aus freiem Interesse antut. Das einzige, das man wirklich sieht, sind Wahlurnen. Aber mal ehrlich- was haben wir auch anderes erwartet?