Mit einem rauschenden Fest wollte ein neu gegründeten Satiremagazins die Erfurter Studierenden begeistern. Lukas Burger musste jedoch feststellen, dass selbst ein Pferd die Party nicht retten konnte.
Subversiv und kritisch wollten wir sein. Der Welt, oder zumindest unserem Campus, den Spiegel vorhalten. Wir hatten sogar ein Pferd. Und natürlich wollten wir uns dafür auch angemessen feiern lassen. In einem Club voller Verehrer*innen, die nur unseretwegen da sind. Eine legendäre Party, die auf ihrem Höhepunkt damit endet, dass kleinbürgerliche Moralwächter den Club stürmen.
So oder so ähnlich hatten wir uns das wohl vorgestellt. Also nicht gleich von Anfang an. Zu Beginn stand die Idee, eine Satirezeitschrift zu gründen, um die biedere Erfurter Uniwelt ein bisschen in Aufruhr zu versetzen. Wir, das waren der Chefredakteur, ich und ein paar weitere Autoren, die glücklich waren, ihre kreativen Ambitionen irgendwo kanalisieren zu können.
Ein Pferd musste her
„Streichholz“ sollte unser Satiremagazin heißen. Unsere Vorbilder waren Karl Krauß’ „Fackel“ und der „Simplicissimus“. Auf den Redaktionssitzungen sprudelten die Ideen in der gleichen Frequenz wie die Kohlensäure in unseren Biergläsern. Wir konnten ein paar Anzeigenkunden gewinnen und was wir an Geld noch brauchten, besorgte uns der Chefredakteur vom Studierendenparlament, dessen Mitglied er praktischerweise war. Was ihn übrigens nicht davon abhielt ebenjenes aufs Fürchterlichste durch den Kakao zu ziehen.
Was jetzt noch fehlte war ein Paukenschlag, der unser Erscheinen ankündigen sollte. Eine Releaseparty, für die der Chefredakteur extra einen Club gemietet hatte. Jetzt galt es, Promo für uns und das Event zu machen. Dafür bestellten wir uns einen behuften Helfer und marschierten mitsamt gemietetem Pferd über den Campus, um unsere Zeitschrift zu verteilen. Das wird ganz schön Eindruck machen, dachten wir uns. Und wirklich: der Gaul zog. Auf dem gesamten Unigelände kamen uns Studierende entgegen, um das Pferd zu begutachten. Rückblickend hätten wir da schon bemerken sollen, dass sie die Zeitung die wir ihnen in die Hand drückten, lediglich mit einem Seitenblick bedachten.
Hassfantasien in der Großraumdiskothek
Am Abend sollte die Party steigen. Wir warfen uns in Schale und warteten auf die Massen, bereit für Kritik und Lobgesänge. Doch es kam: Nichts. Nun, nicht ganz Nichts. Das direkte Umfeld der Beteiligten ließ sich diese Feier pflichtschuldig nicht entgehen, genauso wie drei Mitglieder der Ortsgruppe der Partei „Die Partei“. Einer von ihnen war 16 Jahre alt und hatte schon eigene Texte bei der Titanic veröffentlicht, was uns neidinduzierte Hassfantasien ihm gegenüber bescherte. Trotz dieser Prominenz genügten dem Clubbesitzer die dreizehn (!?!) zahlenden Gäste nicht und so wurde die Party um 23 Uhr beendet. Unser Traum vom Ruhm, oder wenigstens davon berüchtigt zu sein, starb leise und unbeachtet.
Wir reagierten, wie man in einer eher beschaulichen Stadt eben auf Frust und Enttäuschung reagiert: In der örtlichen Großraumdiskothek versuchten wir uns den Frust von der Seele zu – äh – tanzen. So wurde das, was wir als rauschende Releaseparty für unser Satiremagazin geplant hatten, letztendlich zur Satire einer rauschenden Party. Immerhin hatten wir im Anschluss wirklich noch Ärger mit dem Erfurter Studierendenparlament, sodass unserem künstlerischen Anspruch genüge gedient war. Von der Schmach dieser „Party“ hat sich unser Chefredakteur trotzdem nie erholt.