Brahms, Schostakowitsch oder Mahler? Was die Musiker*innen des Jungen Orchesters der FU verbindet, ist Spaß. Den bekam auch Zuhörerin Petya Zyumbileva zu spüren.
Ein winterlicher Sonntagabend. Es ist kurz vor halb sieben. Die im Sommer von Farben, Lachen und Musik erfüllten Straßen Neuköllns sind still und leer. Ich gehe an den Straßenlaternen der Schillerpromenade entlang. Eine Gruppe von Menschen mit Geigenkoffern auf den Rücken läuft an mir vorbei und betritt ein Schulgebäude. Ich folge ihnen und treffe vor dem Eingang des Gebäudes Balasz Taiger, den Leiter der Bläser-Gruppe des Jungen Orchesters der FU Berlin (JOFU), das an diesem Abend seine wöchentliche Probe hat. Er erzählt mit ansteckender Begeisterung von den kommenden Konzerten im Februar und ich entscheide mich dafür, die Probe zu begleiten.
Wir sind im Saal. Das Orchester beginnt. Alle Instrumentengruppen sind vertreten – von Violine und Cello über Fagott, Oboe und Klarinette bis hin zu Trompete und Kontrabass. Die Bläser geben den Ton an. Dann steigt auch die Harfe ein. Streicher schließen sich sanft daran. Der Saal wird von einer himmlischen Harmonie erfüllt. Nach ein paar Takten vergesse ich, dass ich mich bei der Probe eines Orchesters befinde, in dem überwiegend Hobby-Musiker*innen zusammenspielen und versinke langsam in der magischen Welt der Rückert-Lieder von Gustav Mahler.
Ein Projekt mehrerer Generationen
Das JOFU wurde vor knapp 24 Jahren von Studierenden gegründet. Seitdem ist es ein selbstverwaltetes Projekt, das nicht nur für Studierende aller Berliner Hochschulen, sondern auch für andere Musikbegeisterte offen ist. Das Alter spielt hierbei keine Rolle – nicht nur Erstis und Absolvent*innen, sondern auch Berufstätige und sogar Rentner*innen sind vertreten. In dem musikalischen Mehrgenerationenprojekt finden sich Menschen aus allen möglichen Bereichen zusammen – BWL, Architektur, Medizin, Politikwissenschaft, Naturwissenschaften oder auch Akustik.
Musik wie Mannschaftssport
In einer Probenpause habe ich die Möglichkeit, mit einigen Musiker*innen zu sprechen. Johannes, 27, spielt Oboe im JOFU. Er studiert technische Akustik und ist auf Opern- und Konzerthäuser spezialisiert: „Ich bin dem Orchesterleben sehr nah. Es ist meine Arbeit und mein Hobby gleichzeitig. Ich lebe dafür. Man spielt im Orchester und fühlt sich wie ein Teil von der Gruppe. Man macht gemeinsam etwas Schönes.“ Den Teamgeist des Orchesters fasziniert auch die Medizinstudentin Antonia, 23, die dort Fagott spielt: „Man kann es ganz gut mit Mannschaftssport vergleichen – man arbeitet zusammen und erzielt gemeinsam das gute Ergebnis. Es ist ein sehr schönes Gefühl, am Ende des Semesters im Konzerthaus oder in der Kirche zu sitzen und etwas zu spielen, was auch die anderen Leute begeistert.“
Die Organisation der großen musikalischen Besetzung ist flexibel. Dort kann jede*r spielen, die*der Lust aufs Musizieren hat. Ein Vorspiel gibt es nicht. „Es ist die Freude an Musik, die die Menschen beim Jungen Orchester verbindet. Und diese Freude hört man dann auf den Konzerten“, sagt Antoine Rebstein, der seit mehreren Jahren das Orchester dirigiert. Für ihn muss jede Note leben. Das ist auch mein Eindruck der Sonntagsprobe: eine warme Mischung aus Vielfalt, Klang und Harmonie.
Am 1. und 4. Februar ist das Junge Orchester wieder auf der Bühne zu sehen. Diesmal mit Schostakowitschs Symphonie Nr. 7 und Mahlers Rückert-Liedern. Weitere Infos gibt es hier.