All about Attitude

Posen, Tanz und jede Menge Attitude – diese extravagante Mischung kann im Voguingkurs des Studierendenwerks erlernt werden. Silvia Bartel beim Selbstversuch auf dem Laufsteg.

Voguing: Eine extravagante Kunstform. Foto: Pinterest

Es tropft der Schweiß, es zittern die Muskeln und um dich rum wird trotzdem „Yeah!”, „Wooo!” und „Go girl!” geschrien. Die skurrile Welt des „Voguing” kommt nicht ohne eine exhibitionistische Ader aus, doch unter der Oberfläche steckt mehr.

Aus New York in die Welt

Für Jene, die mit der Welt des Voguing unvertraut sind, könnte man es als Mischung aus Modelling und Tanz beschreiben. Unschwer zu erkennen ist die Anlehnung an die extravagante Modezeitschrift „Vogue“. In den 60er Jahren fingen die Drags der New Yorker Schwulenszene an, die Posen des Covers zu imitieren. Während sie davon träumten, selbst einmal das Modeblatt zu zieren, bewegten sie sich wie die Models bei einem Shooting. Sie flossen von einer statischen Pose in die nächste und schufen so eine neue Form des Tanzes – das Voguing war geboren. Ausgetragen wurde es in sogenannten „Houses”: Zufluchtsorte für alle, die aufgrund ihrer Sexualität, Vorlieben und Wünsche von ihrer leiblichen Familie verstoßen wurden.

Noch heute battlen die Dragqueens der Houses sich bei den „Balls“ in unterschiedlichen Kategorien, bei denen das gesamte Erscheinungsbild aus Kostüm und Performance bewertet wird. Eine Jury gibt dabei kontinuierlich Anweisungen wie „Pose“ oder „Keep on walking“. Die Szene ist eine geschlossene Gesellschaft, ein Safe-Space, der allen Beteiligten den Raum gibt, sich auf ihre Weise ausleben zu können, ohne verurteilt zu werden.

Auch in Berlin findet die Subkultur Anklang. Die Szene hat sich erheblich geöffnet und ist längst nicht mehr nur für Schwule zugänglich. Von Queer bis Cis sind alle willkommen, die interessiert sind. Der Einblick in die Kunstform durch den Voguing Kurs des Studierendenwerk ist für Einsteiger*innen ideal, um sich an die ausgefallene Szene heranzutasten.

Posen was das Zeug hält

Im Kurs herrscht feuriges Ambiente. Jede*r kann mitmachen, unabhängig davon, wieviel Erfahrung man im Repertoire hat. Die Bewegungen machen Spaß, erinnern teilweise an Modern Dance mit einem erweiterten Move-Repertoire. Nach dem Aufwärmen werden kleine Sequenzen erlernt. Man bekommt Lust auf mehr und möchte am liebsten im eigenen Wohnzimmer weitertanzen. Die markanten, teils akrobatischen Posen, der Wechsel starrer und weicher Bewegungen sowie die ausdrucksstarke Attitude faszinieren. Zwar gibt es anspruchsvolle Techniken, die man lernen kann, vielmehr kommt es aber auf den persönlichen Ausdruck an. Bei sich selbst sein, seine Geschichte durchs Tanzen erzählen und Andere damit begeistern, das ist die Essenz des Voguing.

Am Ende der Stunde gibt es ein Runwaybattle, Verlierer*innen gibt es nicht, dafür aber Feedback von den Kursleiterinnen. Um ein Gefühl für den Wettbewerb zu bekommen, wird von der ersten Stunde an das Battlen mit improvisierten Performances geübt. Dabei wird schon in Ansätzen sichtbar, was die Atmosphäre bei den Balls ausmacht: eine extravagante Location und euphorischer Ansporn durch die Zuschauenden. Trotz des Wettbewerbs entsteht in den Battles anstatt von Konkurrenz ein Gefühl des Miteinanders. Hier findet jede*r eine Bühne, um sich in aller Vielfalt auszudrücken und dabei sich selbst zu überraschen.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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