Studis sollen auf dem Arbeitsmarkt eine gute Figur abgeben. Blöd nur, dass da ausgerechnet die Studienordnung in die Quere kommt, findet Lilia Becker.
Arbeitgeber*innen gieren nach jungen Absolvent*innen mit Bestnoten und der praktischen Erfahrung eines*einer 45-jährigen CEO. Jung und erfahren sollte die Bologna-Reform Absolvent*innen auf den Arbeitsmarkt spülen. Eine straffe Regelstudienzeit und das ein oder andere Pflichtpraktikum im Bachelor schienen da eine gute Idee. Im Master findet sich dagegen häufig kein Raum für Praxiserfahrung. Pflichtpraktika sind in vielen Master-Programmen nicht vorgesehen und der Zugang zu ABV-Kursen der Uni ist für Master-Studierende stark begrenzt. Das ist ein Fehler.
Wettkampf gegen die Zeit
Die Uni schreibt selbst, wie empfehlenswert ein Praktikum doch sei: So habe man Gelegenheit „Berufswünsche in Verbindung mit den Praxiserfahrungen zielgerichtet weiterzuentwickeln oder zu korrigieren.“
In vier Semestern ist es aber nahezu unmöglich, sich auf den nahenden Berufseinstieg mit den dringend notwendigen Vollzeitpraktika vorzubereiten und dabei nicht völlig auf ein Privatleben zu verzichten. Der straffe Lehrplan erfordert Anwesenheit unter dem Semester und das Bewältigen von Klausurenphasen und Hausarbeiten während der vorlesungsfreien Zeit.
Wer also nicht schon im Bachelor vorgesorgt hat oder eben einfach eine Weile gebraucht hat, herauszufinden wohin es beruflich gehen soll, für den wird der Master eine Sisyphusaufgabe. Verpflichtende Praktika, für die entsprechend Zeit eingeräumt wird, oder eine Lockerung der Regelstudienzeit würden Studierende im Kampf nicht so schutzlos aussehen lassen.
Verzweifelter als auf einer Ü40 Party
War for talents – und Studierende mitten drin. Schon klar, eine hohe Anzahl an Masterstudiengängen sind forschungsorientiert und bereiten die Absolvent*innen somit auf eine wissenschaftliche Laufbahn vor. Aber jetzt mal Hand aufs Herz: Wie vielen ist ein solcher Platz überhaupt sicher? Großzügig gerechnet vielleicht zehn Prozent. Der Rest der Studierenden wird sein Glück auf dem freien Arbeitsmarkt versuchen müssen und verzweifelter sein als ein Single auf einer Ü40 Party. Dann läuft man als Jungabsolvent*in von einem Unternehmen zum nächsten und bettelt um ein bezahltes Praktikum, damit man bei der nächsten richtigen Jobbewerbung etwas fach-nahe Erfahrung präsentieren kann.
Ein breiteres Angebot an ABV-Kursen im Master würde diesen Kampf immerhin etwas weniger aussichtslos machen. Nur leider, sind die meisten Plätze für ABV-Kurse für Bachelor-Studierende reserviert. Das muss sich ändern, denn Masterstudierende brauchen die berufliche Vorbereitung dringend.