Ein Arbeitskreis will verhindern, dass die Sozialwissenschaft an der FU kriegsrelevante Forschung betreibt. Der Diskurs über die Zivilklausel steht aber erst noch am Anfang. Von Matthias Bolsinger
Mag die afghanische Bevölkerung die Bundeswehr? Dieser Frage ging eine Studie aus dem Jahr 2007 nach. Jan Köhler und Christoph Zürcher erhoben die Einstellungen der Bevölkerung Nordafghanistans gegenüber dem deutschen Militär. Die Ergebnisse wiederum dienten der Bundeswehr zur Erarbeitung adäquater Interventionsstrategien. Problematisch ist und bleibt, dass diese Studie nicht nur am sogenannten „Sonderforschungsbereich 700“, der am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft an der FU Berlin angesiedelt ist, veröffentlicht wurde. Köhler und Zürcher arbeiteten außerdem für das Verteidigungsministerium. Universität und Ministerium gingen eine diffuse Allianz ein.
Im vergangenen Jahr erhielt die Freie Universität 78.000 Euro vom Verteidigungsministerium für „zwei wehrtechnische Forschungsvorhaben“. In welche Projekte das Geld floss, ist aber unklar. Die Unabhängigkeit der Forschung steht in Frage.
Kriegsrelevante Forschung an einer öffentlichen Universität – wenn es nach dem „Arbeitskreis Zivilklausel“ geht, soll damit möglichst bald schon Schluss sein. Der Arbeitskreis will den Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften zu einer freiwilligen Selbstverpflichtung bewegen. „Wissenschaft trägt Verantwortung. Es kann nicht sein, dass an einer Universität Forschung betrieben wird, die einem friedlichen Zusammenleben entgegensteht und militärische Operationen ermöglicht“, sagt Fabian Namberger, der sich im Arbeitskreis als einer von etwa zehn Studierenden seit Ende des vergangenen Sommersemesters engagiert. Forschung solle nur zivilen Zwecken dienen.
Dafür soll eine Klausel eingeführt werden. Für das, was als kriegsrelevant gilt und was nicht, gibt es indes keine festgelegten Kriterien. „Ausreden gibt es viele“, so Fabian. Ebenso wenig sind rechtliche Schritte möglich, um gegen kriegsrelevante Forschung vorzugehen. Und doch könnte sich eine Zivilklausel auf die Besetzung von Professuren und Ausrichtung von Forschungsbereichen auswirken. Sie hätte jedenfalls verhindert, dass Köhler und Zürcher gleichzeitig für Universität und Verteidigungsministerium arbeiten.
Für die Durchsetzung einer Zivilklausel brauchen die Studierenden eine Mehrheit im Fachbereichsrat – die ist jedoch ungewiss. Ein richtiger Diskurs über Forschung im Kontext von Krieg steht am Fachbereich erst noch am Anfang. Eine Podiumsdiskussion am kommenden Mittwoch soll den Stein ins Rollen bringen und einen Prozess einleiten, der verhindert, dass der Fachbereich in Zukunft „Munition“ liefert.