Pixel-Kitzel raus!

Nichts ist ablenkender als der Laptopbildschirm des Vordermanns. Hannah Knuth hat genug gesehen und wünscht sich laptopfreie Hörsäle.

Illustration: Cora-Mae Gregorschewski

Es gibt da ein Phänomen an der Uni, das ich nicht nachvollziehen kann. Schlimmer sogar: ich rege mich darüber auf, ich hege geradezu eine Abneigung gegen jeden, der zu diesem Phänomen beiträgt: Laptops im Hörsaal.

In der Uni sind sie erlaubt. Das ist okay. Dagegen würde ich bei den Stupa-Wahlen keine Liste gründen. Aber sobald Laptops die Reihen im Hörsaal schmücken, wird es ernst für alle Beteiligten. Und zwar ziemlich ernst. Es bedarf nämlich weitaus mehr Disziplin, das Geschehen auf dem Bildschirm in der vorigen Reihe zu ignorieren, als den Worten des Vortragenden zu folgen. Und es geschieht jede Menge auf den Bildschirmen, 90 Minuten sind lang. Sie sind, wie ich entsetzt bemerken musste, anscheinend für einige lang genug, um sich Star Wars anzugucken! Bei dem Anblick haben mich alle Mächte verlassen.

Seit der ersten Veranstaltung bin ich von der Offenheit meiner Kommilitonen überrascht. Da werden freizügige Fotos der letzten Nacht von der Kamera auf den Laptop geladen, bearbeitet und auf Facebook gestellt. Ich musste den ganzen Prozess verfolgen, obwohl ich es nicht wollte. Sie hat sich mir mit ihren Fotos aufgedrängt! Ich habe das anfangs toleriert. Ich fand es sogar ein bisschen spannend zu lesen, wie der rothaarige Kommilitone in der Reihe vor mir per E-Mail versuchte, seiner Mutter klar zu machen, dass ein Besuch am Wochenende ausgeschlossen sei.

Ich wollte anfangs auch nicht glauben, dass sich ein Student in einer anderen Vorlesung Fitness- und Diätvideos auf Youtube angesehen hat. Einmal musste ich sehen, wie einer Kommilitonin ein Praktikumsplatz entsagt wurde. Das hat mich und meine Reihe ganz schön mitgenommen. Ich hatte ihr fast schon mein Beileid ausgedrückt, als mir einfiel, dass wir uns ja gar nicht kannten und mich ihre Absage auch herzlich wenig anging.

Aber genau darum geht’s, liebe Suchtis vor den Bildschirmen: Es geht uns nichts an. Viel mehr noch: es klaut uns Hörhungrigen die Konzentration und das Augenmerk. Denn natürlich gucken wir hin. Natürlich warte ich auf gebannt auf „Luke, I am your father“. Natürlich wünschte ich, ich könnte mithören.

Warum also tut ihr uns das an? Ist das Provokation? Sind das versteckte Botschaften? Oder ist es die Begierde nach Multitasking? Ich frage mich, wenn es euch nicht interessiert und ihr euch langweilt, warum seid ihr dann überhaupt da?

Na klar, das Gewissen. Hauptsache man sitzt im Hörsaal, auch wenn der Professor zu den Youtube- und Facebook-Zombies nicht durchdringt. Dabei sein ist alles. Aber mal ehrlich: ihr müsst anfangen, euch Prioritäten zu setzen. Star Wars oder der Symbolismus, Diätvideos oder politische Theorie. So geht es nämlich nicht weiter!

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

Ähnliche Artikel

3 Responses

  1. J sagt:

    Stimmt natürlich, ich gebe der Aussage auch Recht. Es wäre allerdings auch eine Möglichkeit, sich einfach ganz nach vorne zu setzen, wenn es so sehr stört.

  2. Anna sagt:

    Ha endlich spricht es jemand mal an! Danke an meine Komilitonin die letzte Woche vor mir in der Reihe auf der Gossip Girl Fanseite gesurft ist und sich mit anderen Fans im Chat darüber aufregt hat dass Dan Gossip Girl ist….
    ICH HATTE DAS FINALE NOCH NICHT GESEHEN!!!! Du hast mir jegliche Spannung genommen

  3. Rebecca sagt:

    Völlig richtig!Auf den Punkt gebracht! Gut, dass das mal an die Öffentlichkeit geht…
    Das is die Sache mit der Freiheit: Ist es Freiheit, wenn ich damit den Anderen ihre Freiheit stehle?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert