Die Van’t-Hoff-Straße ist nach einem Chemiker benannt. In dessen Laboren ging es heiß her. Passend dazu wird am Ende der Straße das studentische Mittagessen serviert. Von Veronika Völlinger
Nachdem das erste Spurensuchen in den Straßen um die FU zu Kriegsgenerälen und Adelsgeschlechtern geführt hat, fragt man sich zu Recht: Wo bleiben die Wissenschaftler? Immerhin wandern wir hier doch auf akademischem Terrain.
Und ja, es gibt sie auch, die nach Forschern benannten Straßen. Eine von ihnen ist die Van’t-Hoff-Straße, benannt nach dem niederländischen Chemiker und Nobelpreisträger Jacobus Henricus van ’t Hoff. Als van ’t Hoff in Berlin forschte, gab es die FU zwar noch nicht. Seine Straße hat hier aber einen guten Platz gefunden.
Auf dem Weg zum Henry-Ford-Bau
Man könnte der Van’t-Hoff-Straße fast schon eine zentrale Bedeutung zuschreiben. Zumindest für jene Fachbereiche, die rund um den Henry-Ford-Bau angesiedelt sind. In der Van’t-Hoff-Straße schwelt ein ewig währender Konflikt: Ist der eilende, weil verspätete, Studierende nun schneller am Henry-Ford-Bau, wenn er hinterm Harnack-Haus links abbiegt, oder wenn er davor in die Van’t-Hoff-Straße wechselt, um dann das Gebäude von der anderen Seite zu betreten?
Außerdem wartet am Ende der Straße der „Place to be“: Die Veggie-Mensa. Wer sich vor der Mensa noch einmal umdreht, kann einen Blick auf das Gebäude der Biochemie erhaschen – was ganz im Sinne des Namengebers van ’t Hoff gewesen wäre.
Wegbereiter der Chemie
Er war Chemiker in einer für die Chemie bahnbrechenden Zeit. Immer neue Entdeckungen, etwa von chemischen Elementen, stärkten den Ruf der Disziplin. Van ’t Hoff galt als Pionier auf dem Feld der Stereochemie. Dort untersuchen Forscher wie Atome in Molekülen räumlich angeordnet sind. Sein wohl bekanntestes Vermächtnis ist die Van’t Hoffsche Regel, die eine mathematische Gesetzmäßigkeit zwischen Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur bei chemischen Reaktionen formuliert.
Bis van ’t Hoff seinen Weg nach Berlin fand, dauerte es. 1852 wurde er in Rotterdam geboren. Sein Studium der Chemie begann er 1869 in Delft. Nach Stationen in Leiden, Bonn, Paris und Utrecht erhielt er 1877 einen Lehrauftrag an der Universität von Amsterdam. Viele Jahre blieb er dort, doch 1896 konnte er Berlin nicht mehr widerstehen. Er nahm das Angebot einer „Sonderprofessur“ an der Preußischen Akademie der Wissenschaften an. Zugleich wurde er Honorarprofessor an der Friedrich-Wilhelms-Universität, der heutigen Humboldt-Universität. Die Preußische Akademie der Wissenschaften hatte seit mehr als 100 Jahren keinen ausländischen Wissenschaftler aufgenommen – es war also eine kleine Sensation.
„In welcher Richtung ich arbeiten werde, ist klar: Die Verknüpfung von Chemie und Mathematik bleibt mein Hauptzweck“, sagte van ’t Hoff in seiner Antrittsrede. In Berlin forschte er zudem viel über geologische Ablagerungen sowie deren Entstehung. Die größtmögliche Auszeichnung seines Werkes war der Nobelpreis für Chemie im Jahr 1901. Es war der erste Chemie-Nobelpreis, der je vergeben wurde.
Die letzten Jahre in Dahlem
Dann nahm van ’t Hoffs Leben eine traurige Wendung. Er erkrankte 1906 an Lungentuberkulose. Da er seinen universitären Verpflichtungen nun nicht mehr nachgehen konnte, errichtete er sich auf der Domäne Dahlem ein Laboratorium, um Pflanzenwachstum nach physikalisch-chemischen Methoden zu erforschen. Die Regierung hatte ihm ein Grundstück zur Verfügung gestellt. Fünf Jahre lang arbeitete er daran, dann erlag van ’t Hoff seiner Krankheit.
37 Jahre später wurde unweit seines ehemaligen Labors die Freie Universität errichtet. Die Van’t-Hoff-Straße erinnert heute an das Lebenswerk des Chemikers, inklusive seiner Arbeit in Dahlem. Sein Grab befindet sich hier auf dem Friedhof, nahe der U.-Bahn-Station Dahlem-Dorf.