Studierende, die Geflüchteten helfen, begegnen oft einer Hürde: Kulturelle Unterschiede. Ein Workshop des Sprachenzentrums gab Erste Hilfe in arabischen Kulturen. Von Kim Mensing
Es ist Samstagvormittag. Während viele Studierende noch im Bett liegen, erschließt sich einigen ihrer Kommilitonen gerade eine neue Welt – der Nahe Osten. Der „Workshop für Helferinnen und Helfer in Initiativen für Geflüchtete“ am Sprachenzentrum der FU soll ihnen die arabische Kultur näherbringen.
Arabisch für Anfänger
Die Idee für den Workshop kam drei Arabisch-Dozenten der FU. Bouchra Laun ist eine von ihnen. Sie studierte zunächst Jura in Marokko, bis sie 1998 nach Deutschland kam. Nach Abschluss eines weiteren Studiums unterrichtet sie seit 2007 Arabisch an der FU. Die momentane Hilfsbereitschaft gegenüber Geflüchteten beeindruckt sie und ihre Kollegen. Sie wollen die engagierten Studierenden mit ihren Arabischkenntnissen unterstützen. Neben Übungen zum syrischen Dialekt und den Besonderheiten islamischer Gesellschaften gehört dazu auch die “Interkulturelle Sensibilisierung”, derer sich Laun in dem Workshop annahm.
Die Mehrzahl der Geflüchteten, die nach Deutschland kommen, stammen aus arabischen Ländern wie Syrien und Irak. Wenn Menschen verschiedener Kulturen zusammentreffen, fordert das gegenseitiges Verständnis. Auf dem Programm zum Thema “Interkulturelle Sensibilisierung” standen deshalb grundsätzliche Werte und Gebräuche arabischer Gesellschaften, die sich von den westlichen unterscheiden. Dies solle, so Laun, ein Bewusstsein für die eigenen kulturellen Prägungen und denen der Geflüchteten schaffen.
Wer bin ich, wenn ich deutsch bin?
Zu Beginn des Programms stellt Laun eine Frage in den Raum: Was macht ihr, wenn ein Freund angeklagt wird und ihr Zeuge der Tat seid – würdet ihr eine Falschaussage machen, um euren Freund vor einer Haftstrafe zu schützen? Die Teilnehmer sind überwiegend einer Meinung: Das geltende Recht hat Vorrang. Laun lächelt, als hätte sie es gewusst. Frage man Araber, würden die einvernehmlich für ihren Freund einstehen und eine falsche Aussage machen. Die arabischen Gesellschaften halte die Verpflichtung gegenüber Freunden und Familie zusammen – bei uns sei es vor allem die Demokratie und ihre Rechtsgrundlage.
Auch die Umgangsformen unterscheiden sich wesentlich von unseren. Ein “Nein” ist in arabischen Gesellschaften nicht üblich – ein „naja, mal sehen“ schon eher. Ausreden gehören zum guten Ton. Wer keine Lust auf den Kaffee hat, der einem angeboten wird, verneint mit: “Mein Arzt sagt, Kaffee ist nicht gut für mich”. Auch wichtig: Es wird nur mit der rechten Hand gegessen, Linkshänder werden von Kind auf umerzogen. Das sind feine, aber dennoch entscheidende Unterschiede im alltäglichen Umgang.
Zusammen mehr erreichen
Die Teilnehmer des Workshops helfen auf ganz unterschiedliche Art und Weise, aber alle sind sie da, um die arabische Kultur besser zu verstehen und daraus für den Umgang mit Geflüchteten zu lernen. Miriam ist eine von ihnen. Für die 23-jährige Sozial- und Kulturanthropologin sind interkulturelle Kompetenzen unabdingbar. Sie engagiert sich in dem Projekt “Gemeinsam Grenzen überschreiten”, das bundesweit versucht, Schüler für die Situation der Geflüchteten zu sensibilisieren. Für sie, wie für viele andere Teilnehmer, wird der Workshop eine Rolle in ihrer künftigen Arbeit spielen.
Bouchra Laun freut sich, den Teilnehmern eine praktische Hilfe geben zu können. Allerdings werde diese Veranstaltung vorerst die Einzige bleiben. Dank ihres Workshops werden jetzt aber vielleicht ein paar weniger Freiwillige das Essen mit links servieren.