Ein literarischer Abend auf der Terrasse der Humboldt Universität, mit vielen verschiedenen Texten. Über Berlin, das Gedankenkarussell und einen Exkurs zu den Dinosauriern. Aylin Olgun erzählt – von der Bühne aus.
Endlich ist soweit: Raus aus dem kuscheligen Kaminzimmer und rauf auf die „Sonnenterrasse der Normalität“. So gemütlich das Lesen am knisternden Feuer auch ist, nun heißt es: Bühne frei für den Frühling. Deshalb findet die Lesung des Studierendenwerks Berlin heute unter freiem Himmel statt. Als ich mich auf den Weg mache, ist die Freude groß: Draußen sitzen und das schöne Wetter genießen, dazu Texten lauschen. Denn ich komme nicht nur als Besucherin zur Veranstaltung sondern auch als Autorin…
Heute werden fünf junge Schriftsteller*innen im Innenhof der Humboldt-Universität ihre selbstverfassten Texte vorlesen. Da es dieses Mal keine Themenvorgabe gibt, sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Daher bin ich sehr gespannt, was es von den Anderen zu hören gibt. Bald geht es los. Und auch wenn das Idyll durch den Lärm der Straße und eine Orchesterprobe im ersten Stock etwas gestört wird, bleibt die literarische Lesung im Freien etwas ganz Besonderes.
Lasse Jürgen macht den Auftakt: Er liest uns Prosatexte vor, die er nach seinen Ausflügen und Entdeckungen auf Wikipedia schreibt. Seine Geschichten wirken etwas märchenhaft und sind mit viel Fantasie geschrieben. Vor allem sein Text „Karbon“, der im Zeitalter vor den Dinosauriern spielt, zeigt deutlich, wie groß seine Vorstellungskraft sein kann. Er nimmt uns in seiner Geschichte mit in diese Zeit und beeindruckt mit Kreativität und Ideenreichtum.
Als nächstes bin ich dran, mit meinem Gedicht „Kleines Segelboot“, ich bin etwas aufgeregt, aber freue mich auch, es vorlesen zu können. Das Segelboot in meinem Gedicht ist eine Metapher für Menschen, die sich selbst und ihr Einzigartigkeit nicht erkennen. Vor der Pause hören wir eine Geschichte über Enttäuschungen, mit gleichnamigen Titel. Sabrina Hövener erzählt uns von ihren Ansprüchen an Berlin und dass die Individualität und Vielfältigkeit der Stadt genauso schön wie auch anstrengend sein können. Mittlerweile habe sie sich jedoch mit Berlin angefreundet.
Nach einer kurzen Pause, in der wir uns mit Brezeln, Obst und Wein versorgen können, ist Lea Schmidt dran. Sie stellt uns zwei Texte vor: In ihrem Text „Sein müssen“ erzählt sie davon, wie sehr Gedanken uns überrollen können. Wer kennt es nicht? Die alte Bekannte: Das Gedankenkarussell.
Den Abschluss bildet Karl Philipp Kelschenbach. Seine Geschichte „Ein Tag in Berlin“ könnte auch ein Tag seinen Leben sein, sagt er und wahrscheinlich auch, der von vielen anderen Berliner*innen. Er erzählt von alltagstypischen Momenten in unserer Stadt, von Mailüberflutung, die uns vom Schreiben der Hausarbeit abhält, vom Berliner U-Bahn Leben und vom Ende eines Tages mit einem Bier in einer Berliner Kneipe. Mit diesem Ende schließt dann auch die Lesung ab. Die war vielleicht nicht so idyllisch, wie in meinem Kopf ausgemalt, aber dafür authentisch und mit vielen schönen Worten gefüllt.