„Das ist keine Liebe, das ist Sperma.”

Baby im Bauch, aber keine Ahnung was nun – Der Berlinale Film Ninjababy wagt eine unkonventionelle Perspektive auf das Thema Schwangerschaft. Ob das gelingt, hat Anna-Lena Schmierer sich unter freiem Himmel angesehen.

Rakel (Kristine Kujath Thorp) ist sauer – auf das Baby in ihrem Bauch und auch auf sich. Bildmontage/Foto: Motlys, Illustration: Joshua Liebig.

Was tun, wenn man herausfindet, dass man im siebten Monat schwanger ist? Die Protagonistin Rakel im Film Ninjababy kann sich so einiges besser vorstellen als Mutter zu werden: Försterin sein zum Beispiel oder Bierverkosterin oder Comiczeichnerin. Das Baby in ihrem Bauch ist jedenfalls ein hinterhältiger Ninja, weil es sich erst bemerkbar macht, als es für eine Abtreibung längst zu spät ist.

Der Film der norwegischen Regisseurin Yngvild Flikke handelt von Schwangerschaft und Selbstbestimmung. Er basiert auf dem Graphic Novel Fallteknikk von Inga Sætre und lebt von experimentellen Comic-Animationen. Auf der diesjährigen Berlinale wurde der Film in der Kategorie Generation 14plus vorgestellt und am 13. und 15. Juni im Freiluftkino Rehberge und auf der Freilichtbühne Weißensee vor Publikum gezeigt.

Das Penis-Jesus und Aikido-Mos Liebesdreieck

„Nein! Neiiin!“ schreit Rakel auf dem Boden liegend, als sie erfährt, dass sie schwanger ist. Ein Baby passt absolut nicht in das Leben der 23-Jährigen und doch scheint sie sich der Mutterrolle stellen zu müssen: Für eine Abtreibung ist es zu spät, der Vater des Kindes ist „Pikkjesus“, mit dem sie nur wegen seiner Penisgröße geschlafen hat, und ein Kind zur Adoption freizugeben ist schwieriger als gedacht.

Doch zum Glück hat sie ihre beste Freundin Ingrid. Und Aikido Mos, der sie so mag wie sie ist, und attraktiv nach Butter riecht. Die beiden begleiten sie durch alle Konflikte und Zwiespälte, die eine ungewollte Schwangerschaft mit sich bringt.

Angelina Jolie als Adoptivmutter?

Rakel verarbeitet ihre Schwangerschaft, indem sie Comics zeichnet. So setzt sie sich grafisch mit dem Fötus auseinander, bis die kleine Bleistiftkritzelei zum Leben erwacht und mit ihr zu sprechen beginnt. Der Fötus begleitet sie überall hin und diskutiert mit ihr. Zum Beispiel darüber, dass er „Pikkjesus“ nicht für einen angemessenen Vater hält, oder dass er unbedingt von Angelina Jolie adoptiert werden will.

Die Animation verdeutlicht, was in Rakel vor sich geht. Argumente und Emotionen werden durch die Zeichnungen verstärkt und teilweise durch Bilder metaphorisch aufgearbeitet. Gefühle werden dadurch auf die Zuschauer*innen übertragen. Sie sind jedoch nicht einheitlich im selben Stil gehalten, sondern experimentieren mit verschiedenen Materialien und Farben. Eine mutige, jedoch eher unglückliche Entscheidung. Denn so entsteht statt einer für die Geschichte unterstützenden Funktion eine Art paralleler Comic, der sich teilweise nur mit viel eigener assoziativer Denkarbeit mit der Handlung verbinden lässt und die Zuschauer*innen aus der Geschichte reißt.

„I have zero desire to be a mother!”

Sehr gut gelungen sind dagegen die abwechslungsreichen, ästhetischen Szenen mit starken Dialogen, die Ninjababy zu einem runden Erlebnis machen. Rakels ehrliche und direkte Art gibt dem Film einen wunderbaren Humor, der dem Ernst des Themas Leichtigkeit verleiht. Sie will absolut keine Mutter sein, gleichzeitig hat sie starke Schuldgefühle ihrem noch ungeborenen Kind gegenüber. Dieser Zwiespalt trifft den Nerv der Zeit und spricht das Tabuthema Abtreibung an und die damit zusammenhängende selbstbestimmte Entscheidung, keine Kinder haben zu wollen. Wirklich revolutionär sind Thema und Inszenierung zwar nicht. Dennoch ist Ninjababy für alle, die auf der Suche nach einer bewegenden, feministischen Geschichte vom Hinfallen und Wiederaufstehen sind, die sich Tabus stellt und einen mit einem Schmunzeln zurücklässt, definitiv zu empfehlen.


Ninjababy ist Teil des Sommerspecials der Berlinale 2021. Am 13.06. wurde der Film im Freiluftkino Rehberge in Berlin ausgestrahlt sowie am 15.06. auf der Freilichtbühne Weißensee. Das Berlinale Special findet vom 9. bis 20. Juni an verschiedenen Standorten in Berlin statt.

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