FURIOS fiebert: Saunafieber

Im zweiten Teil unserer Ferienserie FURIOS fiebert erkundet Julia Schmit ihre Liebe zum Saunieren.

So geschlossen eine Saunakabine ist, so nah ist man in ihr dem Leben. Foto: Pixabay.

Als Studentin der Literaturwissenschaft durchlebe ich Phasen, in denen ich verwundert feststellen muss, dass ich einen Körper habe. An einem langen Abend in der Bibliothek erfassen meine Augen über weite Strecken nichts als Buchstaben, meine Hände tun wenig mehr als Umblättern, Unterstreichen und Notieren. Während mein Geist im Lima der 1950er Jahre oder in einem viktorianischen Internat auf Wanderschaft ist, bleibt mein tatsächlicher Leib unbeweglich auf den Stühlen in Dahlem. Ich brauche dann etwas, das mich wieder zurückholt aus der rein geistigen Welt. Am liebsten ein Besuch in der Sauna.

Keine Tätigkeit, bei der ich wieder vollends in meinem Körper ankomme, erfüllt und beglückt mich so umfassend wie das Saunieren. In dem kleinen Raum hat es 85℃, und ich sitze nackt auf der Holzbank. Es riecht nach Birke und Wärme, und während der Schweiß Perlen auf meinen Armen bildet, bin ich weder bei meinen Fehlern von gestern, noch bei meinen Ängsten vor morgen – sondern einfach nur bei mir.  

Das Wasser wird auf die heißen Steine gegossen. Feuchter Dampf füllt den Raum, und die Wärme umfasst mich, ich will gar nicht zu pathetisch klingen, aber das ist für mich ein spirituelles Erlebnis. Saunagänge sind vielleicht ein bisschen wie Literatur: Sie sind gleichermaßen ein Weg, der Welt zu entfliehen sowie ihr näher zu kommen.

Wenn die Wärme auf süße Weise unerträglich wird, verlasse ich die Sauna. Meine Atemwege kühlen ab, meine Lunge ist glücklich. Jetzt ist die Kälte dran. Am schönsten ist der Augenblick, in dem ich schon gesprungen, aber noch nicht in den See eingetaucht bin. Quatsch, am schönsten ist das Herzklopfen, das der kalte See auslöst. Ich bin ganz Körper, bin nur Hitze und Wasser, es ist kein Platz für Gedanken. 
In den kostbaren Momenten, nachdem ich aus dem kühlen Wasser gestiegen bin und auf meiner Haut Wärme und Kälte zugleich spüren kann, empfinde ich ein vollkommenes Gefühl von Einheit – ich nenne es Körperfrieden. Danach kommt der nächste Gang in die Sauna. Ich fiebere ihm schon entgegen.

Autor*in

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.