Am 18. September findet die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus statt. Gemeinsam mit der UnAufgefordert fragen wir in einer Interviewserie die Spitzenkandidaten und -kandidatinnen der Parteien, was sie eigentlich für uns Studierende auf der Agenda haben. Den Auftakt macht Sebastian Czaja von der FDP im Interview mit Vanessa Zutz von der UnAuf.
UnAufgefordert: Auch schon vor dem Ausscheiden der FDP nach der letzten Landtagswahl in Berlin zählte die FDP prozentual nicht zu den stärksten Parteien. Welche Ziele und Entwicklungen strebt Ihre Partei an?
Sebastian Czaja: Zunächst einmal wollen wir am 18. September den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus schaffen. Und ich bin mir sicher, dass wir das auch tun werden. Denn Berlin braucht die FDP dringender denn je. Der Senat von SPD und CDU hat in der ablaufenden Legislaturperiode auf der ganzen Linie versagt: Bürgerämter, Bildung, Wohnen, innere Sicherheit, Flughafen – Chaos und Elend, wohin man schaut. Und eine echte Opposition findet nicht statt, da sich die Piraten selbst zerlegt haben und Grüne wie Linke als Koalitionspartner der SPD zuarbeiten. Insofern ist es an der Zeit, dass im Abgeordnetenhaus ein frischer Wind einzieht und den Mief der letzten fünf Jahre vertreibt.
UnAuf: „Exzellenz“ ist derzeit ein sehr präsentes Stichwort an Berliner Hochschulen. Wie steht Ihre Partei zur Exzellenzinitiative und dem Ziel Berlin als Spitzenstandort für Wissenschaft zu gestalten?
Czaja: Damit sich wissenschaftliche Exzellenz auch entfalten kann, braucht sie Freiräume. Zur Förderung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Forschung ist es notwendig, die Anzahl von Studierenden pro Professor an Universitäten und Forschungseinrichtungen deutlich zu reduzieren. Dabei setzen wir uns für den Erhalt der durch die Exzellenzinitiative neu geschaffenen Strukturen an den Hochschulen ein, aber auch für eine stärkere Einbeziehung der Lehre. Dies gilt insbesondere für die Graduiertenschulen und Exzellenzcluster, die auf Bundesebene für die Berliner Hochschulen dauerhaft gesichert werden sollen. Die Vorschläge der sogenannten Imboden-Kommission, insbesondere in Bezug auf die dritte Förderlinie (Exzellenzprämie) halten wir für sachgerecht und werden uns für eine Umsetzung in diesem Sinne einsetzen.
UnAuf: Laut Wahlprogramm ist Ihre Vision eine Stadt mit fünf Millionen Einwohnern im Jahr 2050. Hierzu plädieren Sie zu dichterer und höherer Bebauung. Führt eine dichtere Bebauung nicht auch zum Verlust von Grünflächen und Minderung individueller Rückzugsorte?
Czaja: Wir wollen die Stadtentwicklung Berlins für ein weiteres Wachstum auf bis zu fünf Millionen Einwohner im Jahr 2050 ausrichten. Hierfür müssen konkrete Planungen für die Bereitstellung von Wohnraum, Bildungseinrichtungen, Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur, Büro- und Gewerbeflächen, Erholung und Energieversorgung entwickelt werden. Dabei ist neben der städtebaulich-räumlichen auch die gesellschaftliche, wirtschaftliche, ökologische, soziale und kulturelle Entwicklung mit einzubeziehen. Grünflächen sind da nur ein Aspekt, aber ein wichtiger. Deshalb wollen wir einen ausreichenden Grünflächenbestand in der Stadt absichern, um die innerstädtische Lebensqualität und die notwendige stadtklimatische Funktion des städtischen Grüns zu erhalten. Den Straßenbaumbestand wollen wir durch fachgerechte Pflege gesunder älterer Bäume und regelmäßige Nachbepflanzungen erhalten und weiter ausbauen. Wir wollen in allen Bezirken Naturschutz, Grünflächenplanung und Grünflächenpflege in einem einzigen Amt zusammenführen und ein flächendeckendes Register der Grünflächen erstellen, um den Naturschutz effektiver gestalten zu können.
UnAuf: An allen Berliner Hochschulen werden studentische Beschäftigte nach Tarifvertrag bezahlt. Der Stundenlohn liegt seit 2001 unverändert bei 10,98 Euro/Stunde. Neue Aushandlungen betreffen zunächst nur Gewerkschaften und Arbeitgeber (die Hochschulen). Wie positioniert sich Ihre Partei dazu?
Czaja: Wir werden uns für einen eigenständigen Wissenschaftstarifvertrag, für einen hochdynamischen Arbeitsmarkt einsetzen. Dadurch schaffen wir die Voraussetzungen für ein eigenständiges Tarif- und Vergütungssystem für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wissenschaftlichen Nachwuchs und wissenschaftlich-technisches Personal. Ebenfalls werden wir uns für eine sinnvolle Reform des Wissenschaftszeitvertrages einsetzen, die weder Studierende gängelt noch Professuren verhindert. Wir sehen wissenschaftliche Karrieren von ihren Anfängen an: Vom Job als studentische Hilfskraft über das Promotionsangebot mit guter Betreuung bis zur Professur. Wir Freien Demokraten sehen aber auch, dass nicht jeder Studierende eine Professur antreten kann – deswegen ist es wichtig, Absolventen auf den Arbeitsmarkt außerhalb der Hochschulen vorzubereiten, gemeinsam mit der Wirtschaft.
UnAuf: Für Geflüchtete ist es aufgrund bürokratischer Hürden und Finanzierungsproblemen oftmals unmöglich zu studieren. Wie gedenken Sie, geflüchteten Menschen den Hochschulzugang zu erleichtern?
Czaja: Der Zugang steht Geflüchteten doch offen. Grundsätzlich dürfen sie an deutschen Hochschulen studieren, besonders, wenn ihr Status anerkannt ist. Beim Zugang und bei der Zulassung zu einem Studium werden sie genauso gestellt wie andere internationale Studienbewerber. Für Geflüchtete, die ohne ausreichende Dokumente in Deutschland studieren wollen, haben die Kultusminister ein „dreistufiges Verfahren zur Studierfähigkeit“ beschlossen. Und was die Finanzierung betrifft, steht Geflüchteten die staatliche Förderung „BAföG“ zur Verfügung. Darüber hinaus hat der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) für die nächste vier Jahre ein 100 Millionen umfassendes Maßnahmenpaket für Unterstützung und Beratung beim Hochschulzugang, Verbesserung der Studierfähigkeit und Integration aufgelegt. Zudem haben viele Hochschulen besondere Angebote für Geflüchtete, wie zum Beispiel die Humboldt-Universität die Gasthörerschaft.
Haltet euch auf dem Laufenden und lest nächste Woche, was Georg Pazderski von der AfD der FURIOS verrät. Immer auf:
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