Grüner wird’s nicht

Auf dem klimaneutralen Campus der Leuphana Universität Lüneburg tummeln sich die Wirtschafts-Ikonen in spe. José-Luis Amsler sieht nach, ob das auch etwas für die FU wäre.

Raumschiff oder Audimax? Daniel Libeskind entwarf das futuristische Zentralgebäude. Foto: Leuphana

Innovativ, zukunftsorientiert, nachhaltig – das Zentralgebäude der Leuphana Universität Lüneburg steht sinnbildlich für das Gesamtkonzept der Uni. Der futuristische Bau ist Teil und Aushängeschild des seit 2014 klimaneutralen Campus, der bereits mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis nominiert wurde. Dass die Studierenden hier quasi den Kombi-Bachelor in Umweltschutz und Wirtschaftswachstum machen, sieht die Leuphana nicht als Widerspruch.

Alles glänzt, so schön neu

Das Konzept einer nachhaltigen Universität entstand Mitte der 2000er Jahre. Durch die Fusion der ehemaligen Universität Lüneburg mit der nahe gelegenen Fachhochschule kam die Chance einer völligen Neuorientierung. Seitdem wurde der mit teils selbst produziertem Ökostrom betriebene Campus zum Mosaik innovativen Energiesparens ausgebaut. Das reicht bis hin zur Nutzbarmachung von Regenwasser für die Toilettenspülung und der Verabschiedung von Plastik aus den Mensen.

Beim Ausbau ihrer Nachhaltigkeitsbestrebungen profitiert die Leuphana unter anderem von ihrem eher unüblichen juristischen Status, wie Pressesprecher Henning Zühlsdorff erklärt: „Mit der Stiftungsträgerschaft verbunden sind Freiräume und Handlungsmöglichkeiten, die andere Universitäten nicht haben.“ Weitere Unterschiede zu anderen Universitäten sind schnell ersichtlich. So macht man hier seinen Bachelor am interdisziplinären College, das ans amerikanische Modell der liberal education angelehnt ist. Insbesondere im ersten Semester, dem „Leuphana-Semester“, gibt es statt Kaltstart ins Uni-Leben eine intensive Einführung in Sachen Nachhaltigkeit und Handlungsorientierung. Valentin studiert dort Psychologie: „Das Konzept hat mich halt total überzeugt.“

Aktentasche statt Jutebeutel

Beim Blick auf die Studienschwerpunkte wird klar: Handlungsorientierung heißt in diesem Fall Start-Up Mentalität. Für die Leuphana bedeute unternehmerisches Handeln aber vor allem, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und bedinge nicht zwingend das Streben nach Gewinnmaximierung, so der Pressesprecher. „Nachhaltigkeit und Start-Up-Mentalität stellen insofern keinen Widerspruch dar.“

Die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte und die daraus resultierenden Besonderheiten der Leuphana wirken erstmal schwer reproduzierbar. Tatsächlich sind Nachhaltigkeitsbestrebungen, z.B. durch eigene Solaranlagen, aber auch für die FU kein Novum. Das Ausrufen des Klimanotstandes Ende letzten Jahres war ebenfalls ein wichtiger Schritt. Was die Unis wirklich unterscheidet, ist die Konsequenz in der Umsetzung.

„Es gibt hier definitiv eine „take-action“-Mentalität“, schwärmt Valentin. Davon könnte sich die FU eine Scheibe abschneiden. Plastikfreie (vegane) Mensen und ein Klimaneutraler Campus erfordern nun mal den Ausbruch aus gewohnter Berliner Lethargie. Start-Up-Slang und Aktentaschen können die Lüneburger gleichwohl gerne behalten – man muss ja nicht alles gut finden.

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