Was von “Danni bleibt” übrig bleibt

Seit dem Herbst 2019 kämpften Ortsansässige und Aktivist*innen für den Erhalt des 300 Jahre alten Dannenröder Forsts und gegen den Bau der A49 zwischen Kassel und Gießen. Isabell Geidel hat mit zwei Aktivistinnen gesprochen.

Ein von Aktivist*innen angebrachtes Transparent im Dannenröder Forst. Foto: Nadine

Kunstvolle Baumhäuser wurden errichtet, Bürger*inneninitiativen gegründet und Aufklärungsarbeit zum Erhalt des Ökosystems geleistet: Der Dannenröder Forst in Hessen ist zu einem Symbol des Widerstands gegen die gegenwärtige deutsche Umweltpolitik geworden. Aber seit Mitte September räumte die Polizei mit einem Großaufgebot die Schneise im „Danni”, in der mittlerweile alle Bäume zugunsten der Autobahn 49 gefallen sind.

Erst vor zwei Wochen fuhren noch Dutzende Busse voller Aktivist*innen, auch aus Berlin, ins Gebiet rund um den Forst. Doch mittlerweile wurden auch die letzten von ihnen aus ihren Baumhäusern geholt, die Utopie in den selbst errichteten Camps, die ein Jahr lang währte, ist Vergangenheit.

Pipa (Name geändert) und Nadine waren beide erst vor ein paar Wochen selbst im Wald. Für beide ist nur schwer vorstellbar, dass dort, wo sie noch vor kurzer Zeit gecampt und mit anderen am Lagerfeuer gesessen haben, nun kein Baum mehr steht und alle Camps und Baumhäuser geräumt wurden.

„Zusammensein, kochen, musizieren, debattieren“

Sie erzählen von einer Art Festivalatmosphäre und einem gemeinsamen Ziel, das aus Fremden ein Kollektiv machte. „Du wirst sofort aufgenommen, es wird immer nur von Menschen gesprochen, fast niemand benutzt Pronomen. Dann fühlt man sich halt als Mensch, als Teil von allem“, sagt Pipa.

Das Leben im Wald sei gut strukturiert und in mehrere „Barrios“ unterteilt gewesen, fast schon wie in einer Kommune. Jeden Abend seien auf freiwilliger Basis Aufgaben für den nächsten Tag verteilt worden, einen großen Teil des Alltags dort habe aber auch Skillsharing ausgemacht: Gerade für den Bau und Erhalt der Baumhäuser sei spezifisches Wissen nötig, zum Beispiel über bestimmte Knoten. Für die teils dreistöckigen Baumhäuser seien nämlich keine Nägel benutzt worden, um die Bäume nicht zu beschädigen. Der Austausch von Wissen und die gegenseitige Hilfsbereitschaft waren für Nadine und Pipa wichtige Bestandteile des Lebens im „Danni“.

Doch auch Ortsansässige haben viel Zuspruch für die Aktivist*innen übrig: „Freiwillige und Förster*innen bieten auch Touren an und erklären, was so ein riesiger Eingriff überhaupt mit dem Wald macht. Dass es nicht nur eine Straße ist, die dann Platz wegnimmt und den Boden zuschweißt, sondern dass daraufhin natürlich noch ganz andere Sachen ins Rollen gebracht werden – dass sich das ganze Ökosystem dort verändert“, erzählt Nadine.

„Die Bilder von der gerodeten Schneise machen verdammt traurig.”

Zur aktuellen Lage sagt sie: „Ich will nicht wissen, wie es da jetzt gerade aussieht. Die Bilder lassen schon tief blicken und machen einen auch verdammt traurig. Wenn du siehst, was für eine schöne Realität dort vor Ort geschaffen wurde, dass aber die Menschen bewusst ihre Augen davor verschließen und nur das Kapital im Vordergrund sehen.“

Mittlerweile ist der Dannenröder Forst geräumt und das Gebiet gerodet, nachdem die Polizei zeitweise auch mit Wasserwerfern gegen die Aktivist*innen vorging.  Und obwohl die Rodungsarbeiten im Dannenröder Forst selbst nicht gestoppt werden konnten, bleibt ein Hoffnungsschimmer für die Aktivist*innen: Die Proteste und der starke Rückhalt der Bevölkerung sowohl im Dannenröder Forst als auch an anderer Stelle im Hambacher Forst könnten für die Zukunft Vorbilder sein, die Menschen dazu motivieren, sich für ihre Umwelt einzusetzen.

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