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Tief im Bibliotheksportal Primo findet sich einiges an erstaunlichen Büchern. Und so geht unser wissenschaftliches Bücherbingo in eine weitere Runde: Unsere Autorin Muriel Hardt liest dieses Mal Wir sind das Klima von Jonathan Safran Foer und findet heraus, wie wir den Planeten schon beim Frühstück retten können.

In der Klimakrise verhält sich die Menschheit ein bisschen wie ein*e Studierende*r und übt sich trotz akut drohender Abgabefrist weiterhin im Prokrastinieren Foto/Montage: FURIOS Wissenschaft

Schon wieder ein Buch über den Klimawandel. Aber wer, wenn nicht Jonathan Safran Foer, Autor des bekannten Romans Extrem laut und unglaublich nah, mit seiner Liebe für Details, kann einem die Lösung für das wohl schwierigste Thema so leicht erscheinen lassen?

In seinem Buch Wir sind das Klima – Wie wir unseren Planeten schon beim Frühstück retten können spricht Foer von der wohl menschlichsten Eigenschaft, die wir besitzen: dem Prokrastinieren, dem sich Befinden in einer Dauerschleife des Nichtstuns.

Das ist zunächst nicht weiter dramatisch, wenn es sich um kleine Dinge, wie bei der Nachbarin klingeln oder drei Seiten Pflichtlektüre lesen, handelt. Es ist jedoch schnell ein Problem, wenn es nun den ganzen Planeten, unser Zuhause, betrifft.

Warum wir nicht endlich unsere Zähne zusammen beißen und zur Tat schreiten können, um dem Klimawandel entgegen zu wirken, ist leicht begründet:

„[…] es ist uns egal. Und jetzt?”

Jonathan Safran Foer, Wir sind das Klima

Auch Foer zeigt es uns erneut; Es ist Zeit, der Wecker hat geklingelt, es ist zwölf – Zeit, sich die Augen wach zu reiben und etwas viel Wichtigeres anzupacken, als nur sein eigenes Leben: Das Leben der Anderen und der Zukünftigen. 

Kein Moralapostel, nur reine Fakten

Auf eine leichte Art führt und begleitet uns Foer durch die schwere Kost der menschlichen Irrwege und verdeutlicht uns immer mehr, wie wichtig es ist Aufmerksamkeit, besonders für unseren Konsum, zu wahren. Oft schleicht er durch die Köpfe der zeitgenössischen Gesellschaft, in dem er uns unsere Ausreden offenlegt und landet am Ende immer wieder bei einem herausstechenden Thema: dem Klimawandel. 

Das Sachbuch gleicht einem Gruselroman. Wir werden überrascht von Foers raffiniertem Schreibstil, der kein Detail auslässt und uns spüren lässt, was es bedeutet wahre Angst zu empfinden.

Der Atem stockt, wenn der Autor beiläufig erwähnt, dass in den USA jährlich 46 Millionen Truthähne allein an Thanksgiving verschlungen werden. Damit die Tiere, bevor sie zum Festmahl werden, es immer kuschelig warm haben, werden sie natürlich auf engstem Raum gezüchtet.

Foer verdeutlicht, dass es teilweise teurer ist Bienen zu importieren, als einen Menschen zu beauftragen ganze Blumenfelder von Hand zu bestäuben. Ein Selfie vom anderen Ende der Welt scheint uns wichtiger, als die Abgase der Flugzeuge. Damit will der Autor uns kein schlechtes Gewissen einreden – das kommt von ganz allein. 

Aber der Mensch wird nicht aus seinem schlechten Gewissen heraus handeln. Er wird handeln, weil er muss. Zu spät, weil er menschlich ist und immer alles aufschiebt.

Ein ganz normaler New Yorker

Als Vater zweier Söhne, der außerdem in einer lebendigen Stadt lebt, schreibt Foer aus einer Perspektive, die authentischer nicht sein könnte. Das ist womöglich der Grund, weshalb seine Worte so nahbar sind und man als Leser*in eine Akzeptanz für die Probleme entwickelt, die am Ende vielleicht wirklich etwas bewirken kann. In unserem Handeln, sollte es aber in keinem Fall bei einem Vielleicht bleiben, es sollte zu einem Zweifellos geändert werden. 

Der Autor führt nicht nur klare Fakten vor Augen, er bietet auch Lösungsvorschläge. Foers Intention wird in dem Buch sehr schnell klar: Es geht darum, ein Bewusstsein für die eigene Ernährung zu entwickeln. Am besten nur einmal in der Woche tierische Kost zu sich nehmen. Einfacher gesagt: Teilzeit-Veganer*in werden und damit die Massentierhaltung unterbinden. 

Wenn man das nicht für die Tiere tun möchte, dann wenigstens zum eigenen Wohl, denn wir alle wünschen uns eine weiße Weihnacht und kein weiteres Rekordjahr in Sachen Temperaturen. Dies ist womöglich der einzige Fall, bei dem der Egoismus des Menschen gut sein kann.

Das Buch hat einen bitteren Beigeschmack. Man ist angewidert von sich selbst, seinem Handeln und seiner Inkompetenz endlich etwas gegen den Klimawandel zu tun. Ob man jetzt Teilzeit-Veganer*in wird, nachdem man das Buch zur Seite gelegt hat, ist jedoch schwer vorstellbar. Einen ersten Schritt Richtung Handeln erreicht Foer dennoch: Nachdenken.

Autor*in

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