Zwischen Atombomben und Rhododendrons

Virenforschung entwickelt Medizin oder Biowaffen, Gesichtserkennungssoftware macht Handys besser, aber auch Massenüberwachung möglich. Exportkontrolle betrifft viele Bereiche mit ethischer Verantwortung wie Emma Sevink lernen durfte.

Das Bild zeigt aufeinander gestapelte, bunte Container.
Vorschriften der Exportkontrolle betreffen auch universitäre Lehre und Forschung. Bild: Pexels

Drohnen sind lustige Spielzeuge oder fernsteuerbare Waffen und Zierpflanzen sind ungefährlich, gelten aber als Luxusgüter und fallen ebenfalls unter Embargos. Die Exportkontrolle betrifft viele Bereiche bei denen der Zusammenhang von wissenschaftlichen Entwicklungen, ethischen Implikationen und gesetzlichen Vorschriften nicht auf Anhieb offensichtlich ist. Auch Universitäten sind davon betroffen, wie am 11. Mai bei der Infoveranstaltung Exportkontrolle & Academia im Henry-Ford Bau, deutlich wurde. 

Angesichts der sich wandelnden geopolitischen Lage, Globalisierungsprozessen und erwarteten Entwicklungen auf den Gebieten der Künstlichen Intelligenz, Genforschung und weiteren Emerging and Disruptive Technologies, wird das Thema so schnell nicht mehr an Bedeutung verlieren. In Kooperation mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle richtete sich die Veranstaltung an Wissenschaftler*innen und Verwaltungsmitarbeitende der Berliner und Potsdamer Universitäten und bot nebenbei auch für Studierende eine spannende Einführung. An diesem Mittwoch sind etwa 50 Personen im Max Kade-Auditorium der FU anwesend, 50 weitere sind online zugeschaltet. 

Schnittstelle von Sicherheitspolitik und Wissenschaft

Exportkontrolle bedeutet die Reglementierung der Ausfuhr und Verbreitung kritischer Güter. Die Ziele sind dabei vor allem der Schutz der nationalen Sicherheit, die Wahrung internationaler Vereinbarungen und das Berücksichtigen möglicher Auswirkungen in den jeweiligen Ländern. Von den daraus resultierenden Verboten und Genehmigungspflichten sind wissenschaftliche Ergebnisse, Baupläne und Know-How potenziell genauso betroffen, wie Rüstungsgüter und militärische Trägersysteme. Dabei ist es unbedeutend, ob Forschungs- und Tätigkeitsbereiche für den zivilen Nutzen intendiert sind, in der Dual-Use-Problematik ist die objektive Möglichkeit zum Missbrauch entscheidend.

Trotz des fundamentalen Prinzips der Wissenschaftsfreiheit, weist gerade Dahlem historische Beispiele auf, die die Wichtigkeit einer Reglementierung von Forschung und ihrer Verbreitung aufzeigen. So wurden Fritz Habers Erkenntnisse über Stickstoffchemie und Otto Hahns Experimente mit Kernspaltung letztlich nicht nur für Kunstdünger und Energiegewinnung genutzt, sondern machten auch die Herstellung von Chemiewaffen und Atombomben möglich.

Wissenschaftsfreiheit und Wissenschaftsverantwortung

Den Überblick über alle exportrechtlich-relevanten Bereiche und die sich häufig aktualisierenden Regelungen und Güterlisten zu behalten, ist für Einzelpersonen eine schier überfordernde Aufgabe. Dies wurde an den zahlreichen Nachfragen während der Veranstaltung deutlich.

Seit einem konkreten Fall aus der Veterinärmedizin, bei dem auf einmal unklar war, inwieweit Frettchen-Virenstämme ein Sicherheitsrisiko für Menschen darstellen könnten, wurde die Notwendigkeit von Unterstützung und Beratung zu diesem Thema auch der Universität bewusst. Angeregt durch die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, hat die FU gemeinschaftlich mit der Charité die Kommission zur ethischen Beurteilung sicherheitsrelevanter Forschung (KEF) gegründet. Eine solche KEF existiert mittlerweile an vielen Universitäten und Forschungseinrichtungen und hat vor allem eine beratende Funktion. Sie soll den Mitarbeitenden der FU als Anlaufstelle bei wissenschaftlich-ethischen Fragen dienen und besteht dazu aus fachkundigen Vertreter*innen unterschiedlichster Disziplinen. Im universitären Kontext sei vor allem die Sensibilisierung für das Thema der Exportkontrolle wichtig. Es wird an die Eigenverantwortung der Einzelnen appelliert; es gehe um Zusammenarbeit mit dem gemeinsamen Ziel einer sicheren Forschung im Einklang mit dem Außenwirtschaftsrecht. 

Gegenwärtig befinden sich interne Strukturen zur Koordination von Zuständigkeiten, Prüfungsprozessen und der Umsetzung administrativer Leitlinien an der FU noch im Aufbau.

Der Fokus der Veranstaltung lag sowohl auf theoretischen Grundlagen als auch auf praktisch anwendbaren Handlungsanweisungen für den Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung und Exportrecht. Obwohl die Themenauswahl stark an konkret beruflichen und administrativen Kontexten orientiert war, ließen sich aus der siebenstündigen Einführung und den 117 PowerPoint-Folien auch als einfach aus Allgemeininteresse anwesende Person aufschlussreiche Einblicke gewinnen.

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