„Einen Arsch voll Kohle“

Die Krisen der vergangenen Monate stürzten viele Studierende in finanzielle Not. Die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler (DIE LINKE) fordert im Interview mit Fridolin Haagen eine Bafög-Reform. 

Für Studierende ist Geld ein Thema – nicht nur in den Wirtschaftswissenschaften. Foto: Unsplash.

FURIOS: Corona-Pandemie, steigende Energiepreise und allgemeine Inflation – viele Studierende sind über die vergangenen Monate finanziell in Bedrängnis geraten. Reicht das Berufsausbildungsförderungsgesetz, kurz das BAföG, um sich in Zeiten wachsender Kosten auf die Ausbildung oder das Studium konzentrieren zu können?

Katrin Vogler: Wir beobachten beim BAföG, dass viele Leute, die eigentlich Anspruch hätten, die Förderung noch nicht einmal beanspruchen. Wir sehen, dass überhaupt die Zahl der BAföG-Empfänger*innen zurückgegangen ist und wahnsinnig viele Studierende neben ihrem Studium auch noch jobben müssen. Das hat Auswirkungen auf die Intensität und die Qualität des Studiums.

FURIOS: BAföG können allerdings überhaupt nur diejenigen beantragen, deren Elternhaus eine Kompensation der gestiegenen Kosten nicht leisten kann. Dabei geraten auch andere Studierende unter Druck. Wie ist ihnen zu helfen?  

Vogler: Das BAföG ist zu niedrig, die Einkommensgrenzen der Eltern sind zu hoch. Man kann sich mit dem, was man an BAföG bekommt, überhaupt keinen Wohnraum mehr leisten, nachdem die Mieten so hoch gestiegen sind. Unser Plan für Studierende ist daher ein elternunabhängiges BAföG, welches auch die Kosten deckt. Das muss dann finanziert werden durch höhere Steuern für Reiche und Superreiche. Ich finde es überhaupt nicht nachvollziehbar, dass Leute während ihres Studiums von den Eltern abhängig sein müssen.

FURIOS: Unserem Sozialstaat liegt bisher das Prinzip der Subsidiarität zugrunde – Hilfe soll immer zuerst von den Angehörigen kommen, bevor der Staat einspringt. Halten Sie das für falsch?

Vogler: Also ich habe selber BAföG bezogen, als ich studiert habe – das war immer zu wenig. Mein Vater hatte Schulden, und ich hätte ihn auf Unterhalt verklagen müssen, um dann von meinem Einkommen leben zu können. Das ist natürlich eine Entscheidung, die man ungern trifft und das sollten wir als Gesellschaft niemandem antun. Deshalb muss BAföG elternunabhängig sein. Dann fallen diese Auseinandersetzungen in der Familie auch weg und die Finanzierung wird insgesamt gerechter.

FURIOS: Stichwort Finanzierung: Angesichts enger Haushaltsplanung wird Ihnen häufig die notwendige Finanzierbarkeit eines solchen elternunabhängigen Bafögs entgegengehalten. Kann der Staat sich das leisten? 

Vogler: Wir fordern schon lange ein elternunabhängiges, bedarfsdeckendes BAföG. Ich möchte Menschen während ihres Studiums nicht permanent mit der Frage belasten, wie sie ihre nächste Miete zahlen oder die notwendigen Bücher kaufen können. Ich möchte lieber von den Menschen das Geld zurückholen, das der Staat in ihre Ausbildung gesteckt hat, nachdem sie erfolgreich studiert und sich einen Arsch voll Kohle verdient haben.

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