Vollversammlung ruft „Streiksemester” aus

Die erste studentische Vollversammlung im neuen Semester hat sich mit studentischen Beschäftigten solidarisiert – und ein „Streiksemester” ausgerufen. Neben besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen forderten die spärlich anwesenden Studierenden auch mehr Mitbestimmung. Victor Meuche berichtet.

„Wir streiken bis zum Konsens” – Die studentische Vollversammlung hat zum Arbeitskampf gerufen. Foto: Victor Meuche.

„Gemeinsam gestalten, gemeinsam bestreiken!” – Unter diesem Motto haben der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der FU und die gewerkschaftliche Basisbewegung TVStud Berlin am Montag zur studentischen Vollversammlung geladen. Darin erklärten AStA und TVStud das aktuelle Wintersemester zum „Streiksemester”.

In ganz Deutschland wollen studentische Beschäftigte Mitte November ihre Arbeit niederlegen und den Unibetrieb „maximal stören” – so auch an der FU. Neben Streiks seien Podien, Workshops, sowie ein Campusfest geplant, kündigte TVStud gegenüber den etwa 50 Teilnehmenden der Vollversammlung an. Neben einem Inflationsausgleich für studentische Beschäftigte wollen TVStud und AStA damit eine gesicherte öffentliche Finanzierung von Forschung und Lehre, weniger prekäre Arbeitsbedingungen, sowie mehr studentische Macht erwirken.

Studentische Beschäftigte klagen über Überlastung, Outsourcing und fehlende Mitbestimmung

Hintergrund sind die bundesweiten Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst seit dieser Woche. Berlin ist das einzige Bundesland, in dem seit 1981 auch studentische Beschäftigte per Tarif bezahlt werden. Seit 2018 ist die dritte Auflage des „Tarifvertrags für studentische Beschäftigte“ (TVStud III) in Kraft. Die Gewerkschaften ver.di und GEW, die hinter der Initiative TVStud stehen, hatten den TVStud III damals durchgesetzt.

Mit ihren Forderungen rannten AStA und TVStud in der Vollversammlung offene Türen ein. Rund die Hälfte der anwesenden Studierenden gab im Großen Hörsaal der Chemie und Biochemie an, am Ende des Monats kein Geld mehr zum Sparen übrig zu haben. Zudem berichteten mehrere Teilnehmende gegenüber FURIOS von Überlastung durch Überstunden, von Outsourcing der Lehre an Tutor*innen, sowie von fehlender studentischer Mitbestimmung.

Vollversammlung fordert bessere Löhne, Entfristung und weniger Abhängigkeit von Drittmitteln

Dass im November gestreikt werden soll, darüber schien sich die Vollversammlung einig. Zumindest ging es in der Beschlussfassung weniger um die Frage, ob die Vollversammlung den Streik unterstützt, als wofür und mit welchen Mitteln gestreikt werden soll. Die insgesamt sechs Beschlussvorlagen, welche die Teilnehmenden in Arbeitsgruppen erörterten, enthielten neben ökonomischen auch politische Forderungen.

Neben unbefristeten Stellen und besseren Löhnen für das Universitätspersonal forderten die Studierenden eine Abschaffung der Regelstudienzeit. Zudem soll die FU unabhängiger von Drittmitteln werden, insbesondere von solchen aus der Fossil- und Rüstungsindustrie. Forschung und Lehre sollen also nicht von externen Mitteln abhängen, sondern von der öffentlichen Hand „ausfinanziert“ werden. Ferner sollen diskriminierende Sprach- und Zugangsbarrieren abgebaut werden.

„Die Studierenden sind die größte Gruppe an der Uni, haben aber die wenigste Macht. Jetzt ist die Möglichkeit, das zu ändern.”

Julian, AStA-Referent für Hochschulpolitik

Daneben ging es in den Beschlüssen auch um Strategien der Zusammenarbeit während des Streiks. Ziel sei eine größtmögliche Störung des Unibetriebs bei kleinstmöglicher Belastung der Studierenden vor. Darüber hinaus forderte die Vollversammlung einen Ausbau von Streikdemokratie und Strukturen zur Vernetzung.

Zu wenig Studierende anwesend: Vollversammlung war nicht beschlussfähig

Darüber hinaus erneuerten die Studierenden ihre Forderung nach einer Stimmengleichheit aller universitären Gruppen in den akademischen Gremien, der sogenannten Viertelparität. In allen FU-Gremien, die Forschung und Lehre betreffen, haben Professor*innen aktuell immer eine Stimme mehr als alle anderen Statusgruppen zusammen – und können so Entscheidungen blockieren oder erzwingen. “Die Studierenden sind die größte Gruppe an der Uni, haben aber die wenigste Macht”, kritisierte AStA-Referent Julian im Gespräch mit FURIOS. Jetzt sei die Möglichkeit, das zu ändern.

Tatsächlich waren die Studierenden am Montagabend so spärlich vertreten, dass die Vollversammlung nicht beschlussfähig war. Die Beschlüsse sind somit nicht bindend. Dennoch, so der AStA, werde man die Studierenden hören. Die Teilnehmenden forderten vom AStA, „seine ganze Mobilisierungskraft” zu nutzen.


Anm. d. Red.: In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass Berlin das einzige Bundesland ist, in dem seit 2018 auch studentische Beschäftigte nach Tarif bezahlt werden. Der Tarifvertrag gilt bereits seit 1981. Die dritte Auflage des TVStud wurde 2018 durchgesetzt. Das haben wir entsprechend korrigiert.

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1 Response

  1. Vera Heinau sagt:

    Vielen Dank für den Bericht; schade, dass die Beteiligung so gering war. 🙁

    Eine kleine Anmerkung:
    “Berlin ist das einzige Bundesland, in dem seit 2018 auch studentische Beschäftigte per Tarif bezahlt werden.” —
    Das stimmt nicht ganz. 2018 trat der TV Stud III in Kraft, der *erste* Tarifvertrag hingegen bereits 1981 – und darauf können die Berliner Studierenden durchaus stolz sein.

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