Past Lives: Nicht realisierbare Träume, Akzeptanz und die kostbare Wirklichkeit

Die Amerikanerin Nora Young mit koreanischen Wurzeln lebt in New York und führt ein glückliches Leben mit ihrem liebevollen Mann Arthur. Doch als sie ihre Kindheitsliebe Hae Sung in New York besucht, wird eine tiefe Verbindung wiedererweckt, die ihr Leben auf den Kopf stellt. Eine Filmrezension von Juliania Bumazhnova.

Keine klassische Liebesgeschichte: Die Lebenswege von Nora und Hae Sung kreuzen sich immer wieder und finden am Ende doch nicht zueinander. Illustration: Bianca Van Dijk

Past Lives erzählt die Lebensgeschichte von Nora Young, die im Alter von zwölf Jahren mit ihrer Familie aufgrund der beruflichen Verpflichtungen ihres Vaters nach Kanada zieht. Dabei lässt sie nicht nur Korea, sondern auch ihre erste Liebe Hae Sung zurück. Nach vielen Jahren kann Nora Hae Sung immer noch nicht vergessen. Durch Zufall finden sie sich wieder auf Facebook und beginnen, über Skype zu kommunizieren.

Trotz der vermeintlichen Wiedervereinigung der beiden stellt sich schnell heraus, dass ihre Lebenswege auseinander führen. Hae Sung plant, nach China zu ziehen, während Nora davon träumt, Dramaturgin in New York zu werden. Als Hae Sung Jahre später ankündigt, nach New York zu kommen, um Nora zu besuchen, ist sie schon lange mit dem Amerikaner Arthur verheiratet. Beim Wiedersehen wird Nora und Hae Sung wird klar, dass die Zeit der Intensität ihrer Verbindung nichts anhaben konnte. Und es stellt sich die nostalgische Frage: „Was wäre wenn? Wäre dann alles anders?“

In-Yun: Bekanntschaft aus früheren Leben?

Das buddhistische Konzept In-Yun ist ein Leitmotiv des Films. Es besagt, dass Menschen, die sich zufällig treffen, möglicherweise in einem früheren Leben eine Verbindung zueinander hatten. Kennen Nora und Hae Sung einander aus früheren Leben? Ist das der Grund für die tiefe Vertrautheit, die sie miteinander haben? Oder ist es gerade Arthur, den Nora aus einem früheren Leben kennt, weshalb der Verlauf ihrer Beziehung so hindernislos verlief?

Das Schicksal als Antagonist

Ein besonderer Aspekt des Films ist die Abwesenheit klarer Antagonist*innen. Arthur, Noras Ehemann, ist kein Hindernis, das überwunden werden muss, damit Nora und Hae Sung zusammen sein können. Es wäre einfacher, wenn Arthur den Bösen spielen würde, dann gäbe es kein Dilemma darüber, wer für Nora der Richtige ist. Doch der einzige Gegenspieler der Charaktere scheint das Schicksal selbst zu sein. 

Das Phänomen nicht realisierbarer Möglichkeiten ist letztendlich ein universelles Thema, was einen tiefen inneren Konflikt anspricht. Indem sich der Film mit diesem Schicksalsmotiv auseinandersetzt, schafft er eine Plattform, auf der das Publikum dazu angeregt wird, über die persönlichen, nicht verwirklichten Möglichkeiten nachzudenken. In dieser Reflexion liegt eine heilsame Dimension des Films, die die Zuschauer*innen dazu ermutigt, eigene Erfahrungen und unerfüllte Träume auf einer tieferen Ebene zu durchdenken und verarbeiten.

Achtung Spoiler: Noras Entscheidung und die Akzeptanz des eigenen Lebenslaufes 

Nora bleibt letztendlich bei Arthur. Eine kontroverse Wendung. Wo sie doch so eine magische Verbindung zu Hae Sung hat! Doch es ist genau diese Wendung, die der Komplexität des Lebens gerecht wird. Manche Verbindungen, sogar die allerschönsten, werden nie zu dem, was sie hätten sein können. Andere dagegen blühen überraschenderweise auf. Wir haben oft nicht die Macht darüber, welche Beziehungen dies sein werden und können nur den Verlauf der Dinge beobachten. Der Film schafft es, die Zuschauer*innen durch diese Trauer zur Akzeptanz des eigenen Schicksals und Wertschätzung für das, was ist zu führen. Eine großartige Leistung!

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