DAS ›F‹ in FU

Dr. Matthew Sabbi, Leon und Xinmeng Xia. Fotos: Larissa Schäfer

Was bestimmt Freiheit? Wann ist man frei oder unfrei? Wie unterschiedlich die Antworten auf diese Fragen sein können, haben Larissa Schäfer und Line Grathwol bei einer Umfrage mit vier FUler*innen herausgefunden.

In welchen Situationen fühlen Sie sich frei?

Dr. Matthew Sabbi – Dozent am Arbeitsbereich Politik und Gesellschaft in Afrika: Es gibt für mich politische und zivile Freiheit. Politische Freiheit bedeutet zum Beispiel Bewegungsfreiheit; dass ich auf der Autobahn fahren kann und die Polizei mich nicht, oder wenn, dann alle anhält. Genauso die Möglichkeit, an der Politik teilnehmen zu können. Noch wähle ich nicht in Deutschland, aber ich fühle mich relativ frei, über Politik reden zu können. In Bezug auf zivile Freiheit ist sowohl meine Privatsphäre als auch die Möglichkeit, meiner Arbeit nachzugehen, gewährleistet.*

Leon – Bachelorstudent der Physik: Ich habe eine Zeit lang in einer Höhle gewohnt. Dort hatte ich das erste Mal das Gefühl, wirklich selbstbestimmt entscheiden zu können, wer ich bin und wie ich handeln möchte. Meine einzige Pflicht war es, Essen zu organisieren, und der Rest war mir überlassen.

Anonyme Mitarbeiterin aus dem Sicherheitsdienst – getroffen in der Rost- und Silberlaube: Ich fühle mich frei, wenn meine Familie gesund ist. Wenn ich mir keine Gedanken machen muss über mein Leben oder das meiner Familie.

Xinmeng Xia – Masterstudentin der Angewandten Literaturwissenschaft – Gegenwartsliteratur: Ich fühle mich frei, wenn ich einfach ich selbst sein kann.

In welchen Situationen fühlst du dich unfrei?

Dr. Matthew Sabbi: Mein Kollege hat eine Zeit lang in Leipzig gewohnt. Er hat mir erzählt, dass es dort Orte gab, die er abends gemieden hat. 2018 habe ich deswegen ein Jobangebot in Leipzig abgelehnt. Ich wollte meiner Familie nicht das Gefühl geben, nicht sicher zu sein. An Orten, an denen Menschen Bedenken haben, sich aufzuhalten, ist die zivile Freiheit nicht gänzlich garantiert.*

Anonyme Mitarbeiterin: Wenn etwas Schwieriges passiert und ich jemandem nicht helfen kann. Wenn ich keine Zeit oder nicht die Kenntnisse dazu habe.

Xinmeng Xia: Ich fühle mich unfrei, wenn ich mir zu viele Gedanken machen muss, ob ich mich richtig verhalte oder ob ich etwas Falsches gesagt habe.

Was bestimmt, wie frei du dich fühlst?

Xinmeng Xia: Meiner Meinung nach ist die Freiheit von der gesellschaftlichen Struktur, der Geschichte und der gesellschaftlichen Mehrheit abhängig.

Anonyme Mitarbeiterin: Naja, Faktoren wie bei fast allen Menschen. Die Freiheit, sich bewegen zu können, zu sprechen und zu denken. Weil gerade jetzt sehr viele Menschen nicht selber denken und es viel Gehirnwäsche gibt. Und das ist keine Freiheit im Kopf.

Bieten Dir/Ihnen menschliche Zusammenschlüsse eher eine Möglichkeit, frei zu sein oder schränken sie dich dabei ein?

Leon: Beides (lacht). Wenn es eine gute Kommunikation gibt und Respekt vor der Autonomie des Anderen besteht, dann bereichern mich zwischenmenschliche Beziehungen. Dann ermöglichen sie mir mehr Freiheit, weil ich dann neue Impulse von anderen Menschen bekomme. Aber sobald eine Person mich nicht mehr als souveränes Individuum anerkennt und mich einzuschränken versucht, dann fühle ich mich nicht mehr frei.

Dr. Matthew Sabbi: Ich bin sehr wählerisch dabei, welchen Gruppen ich mich anschließe. Ich denke, Zusammenschlüsse helfen je nach Bedürfnis, aber man muss immer schauen, wie viel der eigenen Zeit sie fordern. Gruppenzugehörigkeiten schränken meiner Meinung nach an manchen Stellen die Freiheit ein, aber sie haben ihre Vorteile. Sie können helfen, individuelle Bedürfnisse zu befriedigen, die einzeln nicht beantwortet werden können.*

Xinmeng Xia: Ich glaube, es schränkt Menschen eher ein. Aufgrund unserer eigenen Biografien haben wir natürlich unterschiedliche Denkweisen. Das schränkt in Zusammenschlüssen die Menschen ein, die anders denken und sich eventuell nicht an die Regeln halten. Natürlich könnten menschliche Zusammenschlüsse andererseits auch Freiheit garantieren; vielleicht aber eher in einer homogenen Gruppe. Ansonsten muss man immer einen Mittelweg finden. 

*Übersetzt von der Redaktion

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