Forschung, Vorträge, Vernetzung: Auch Studis können Wissenschaft!

Erneut und zum 13. Mal wurden Anfang Mai beim Studierendenkongress der Komparatistik in Bremen Vorträge gehalten, diskutiert und die Gelegenheit zum lockeren Austausch genutzt. Lisa Damm war dabei und hat einiges über Literatur und Transnationalität gelernt.

Die verschiedenen Themen der bisherigen Studierendenkongresse der Komparatistik. Bild: Lisa Damm.

Forschung und Wissenschaft muss und soll nicht nur Sache der Dozierenden und Profs sein. Sie muss auch nicht in hoch akademisierten Rahmen mit Exzellenz-Barrieren und komplizierten Bewerbungsprozessen stattfinden. Nein, sie kann ebenso gut, und das beweist der Studierendenkongress der Komparatistik (SKK), von Studierenden und für Studierende organisiert werden. Besonders schön ist die Atmosphäre des Ausprobierens und Kennenlernens sowie der Austausch über die Forschungsthemen der Kommiliton*innen von anderen Universitäten.

Wie so ein Kongress aussehen kann, haben etwa 18 Studierende der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaften der Freien Universität bei der diesjährigen Veranstaltung zum Thema Literatur und Transnationalität in Bremen miterlebt. Im nächsten Jahr könnte der Titel möglicherweise Studierendenkongress 2024 Berlin – Literatur und Exzess” lauten, denn wir hatten mal wieder eine spannende Zeit und schon über einige wilde Themen-Ideen spekuliert. 

Von Softporn und Professor*innen auf dem Studi-Kongress

An insgesamt drei Tagen und drei Standorten fanden die unterschiedlichen Veranstaltungen des Kongresses statt. Je zwei separate und thematisch abgestimmte ein- bis zweistündige Panels mit mehreren Vorträgen bildeten das Hauptprogramm. Der nach wie vor umstrittene Begriff Transnationalität dient als Ausgangspunkt der Frage, welche Rolle die Literatur in der stetig wachsenden Globalisierung und den dahinterstehenden Prozessen einnimmt. Dabei definiert das Team des SKK Bremen Literatur „nicht unter dem Bezugsrahmen der Nation, sondern als immer schon grenzüberschreitendes Phänomen.” 

Den Startschuss bildete das ironisch lesbare Soft Opening durch den Juniorprofessor Jonas Nesselhauf zu Pornographie und Transnationalität ausgehend von der Shakespear- Metapher The beast with the two backs – übersetzt in Normalsprache: Sex. Wie vielfältig das skurrile Sinnbild Shakespeares interpretiert und in verschiedensten, internationalen und medialen Kontexten, wie dem stereotypen und softpornartigen Drama The Blue Lagoon (1980) aus Italien adaptiert wurde, präsentiert Nesselhauf humorvoll in seinem Vortrag. 

Auch im vergangenen Jahr gestaltete sich der Auftakt durch einen Professor, namentlich Jürgen Wertheimer. Dieser schaffte mit seinem, im Vergleich zu den 20-minütigen Vorträgen der Studierenden, deutlich längeren Vortrag und der gebührenden und umfangreichen Vorstellungsrede der Institutsleiterin eine hierarchisierende Distanz.

Dass auch Lehrende an einem Studierendenkongress teilnehmen, kann im Sinne der Interaktion unterschiedlicher akademischer Statusgruppen einen angenehmen Austausch bewirken. Dennoch war es in beiden Jahren interessanter, die Beiträge der Studierenden zu sehen, anschließend darüber zu diskutieren und sich in der Kaffeepause bei einem erstaunlich guten Camembert-Schnittchen kennenzulernen.

bis hin zu Vorträgen über Migrationsliteratur und Erzählstrategien 

Besonders einprägsam waren in diesem Jahr ein Vortrag der Studentin Stephanie Siegl, in dem es um die Brückenmetapher in lyrischen Texten bezüglich des Migrationsdiskurses ging und inwiefern die metaphorische Brücke eine Verbindung oder Trennung darstellen kann, sowie ein Vortrag zum Verstummen und Erzählen in der transnationalen Gegenwartsliteratur” von Miriam Brost. In ihrer Aktualität, der professionellen Vortragsweise und sprachlichen Überzeugungskraft waren alle Beiträge beeindruckend und konnten durchaus mit Vorträgen langjähriger Akademiker*innen mithalten. So war auch die angeregte Abschlussdiskussion zu der Frage, was Transnationalität in Verbindung mit Literatur denn nun eigentlich ist, nicht nur aufschlussreich, sondern zeugt außerdem von der Motivation Studierender, sich in entsprechendem Sujet lebhaft zu äußern. Wenn eine solche Atmosphäre auch in Diskussionsrunden auf anderen akademischen Veranstaltungen geschaffen würde, kämen wir einer demokratischen Uni-Struktur ein Stück näher. Mal abgesehen von dem Engagement und den Diskussionen mit FU-externen Studierenden schweißt so eine gemeinsame Fahrt mit Coworking bis spät in die Nacht oder abendlichen Ausgängen bei ein oder zwei Gläschen Wein auch die Studierenden des eigenen Instituts zusammen und sorgt für ein Einfinden und Wohlfühlen in der Uni.  

Da muss doch mehr drin sein!

Auch wenn der SKK kein Einzelfall ist, von der Norm kann hierbei trotzdem nicht die Rede sein. Warum eigentlich? In den Reaktionen auf unseren gemeinsamen Wochenendausflug nach Bremen hat sich ein deutliches Bedürfnis nach der Gelegenheit eines solchen Wissensaustauschs und Kennenlernens geäußert. Für das Format des Studierendenkongresses ist es zwar relevant, dass universitäre Instanzen so wenig wie möglich eingebunden sind, um thematische und strukturelle Unabhängigkeit zu ermöglichen, doch wäre es im Allgemeinen sinnvoll, integrative universitätsinterne Strukturen für die Wertschätzung studentischer Arbeiten zu etablieren. Warum erhalten Studierende so selten und wenn dann meistens in Eigeninitiative und unter sich die Möglichkeit, ihre Arbeiten vorzustellen? Dominante akademische Hierarchien verhindern einen interaktiven Wissensaustausch, der den Lernenden die Gelegenheit bietet, ihre Interessenfelder ohne große Hindernisse aktiver auszubauen und zu präsentieren. Gerade die Studierenden, die keine akademische Karriere anstreben, sollten die Möglichkeit erhalten, ihre Erkenntnisse festhalten und präsentieren zu können. Besonders die Kultur- und Geisteswissenschaften bieten, durch die individuelle Prüfungsform der Hausarbeiten oder der Projektseminare, die entsprechende Praxis dafür. Der wieder einmal gut besuchte Studierendenkongress der Komparatistik zeigt unbestreitbar: Das Engagement sowie die Kompetenz für studentische Beiträge existiert.

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