Priscilla: Das Dunkle im vermeintlichen Glanz

Basierend auf der Biografie Elvis & Me zeichnet die Regisseurin Sofia Coppola ein einfühlsames Porträt von Priscilla, der Frau des Weltstars Elvis Presley. Auf subtile Weise versteht es Coppola, sämtliche Facetten – das Strahlende, das Düstere und all die Nuancen dazwischen – in der Beziehung zwischen Priscilla und dem King of Rock ‘n’ Roll einzufangen. Eine Filmrezension von Juliania Bumazhnova.

Priscilla Presleys Leben: Zwischen Märchen und Albtraum. Foto: Ken Woroner 

Priscilla ist 14 Jahre alt, als sie Elvis kennenlernt, er 24. „Well, you are just a baby!“ sagt er zu ihr, als sie ihm erzählt, dass sie in die neunte Klasse geht. Ja, genau, ist sie! Umso verstörender ist es, mitzuerleben, wie er sie kurze Zeit später küsst. Ab diesem Moment spaltet sich der Film in zwei Perspektiven: Die der jungen Priscilla, die zunächst im siebten Himmel schwebt, da der umschwärmte Weltstar gerade Interesse an ihr hat und die der Zuschauer*innen, denen klar ist, dass die Medaille auch eine Kehrseite hat.

Priscillas Eltern erlauben es ihr, mit nur 16 Jahren zu Elvis zu ziehen. Nicht einmal sie können zu Elvis Nein sagen. Für Priscilla wird ein Traum wahr. Die ganze Situation erinnert an ein Märchen, in dem ein Mädchen aus einfachen Verhältnissen ihren Prinzen findet. Doch dieses Märchen bekommt schnell Züge eines Albtraums.
Im Haus von Elvis findet sich Priscilla in einem goldenen Käfig wieder. Sie darf nur raus, um in die Schule zu gehen, Freund*innen sind zu Hause nicht erlaubt und arbeiten darf sie auch nicht. „It’s either me or the career, baby!”, erklärt ihr Elvis. Der Weltstar ist selten zu Hause, doch er möchte, wann auch immer er es sich wünscht, Zugriff auf sie haben. Während sie einsam im Haus herumirrt, gibt Elvis Konzerte, spielt in Filmen und hat Affären mit anderen Frauen, von denen Priscilla in Zeitungen mitbekommt.

Wer ist Priscilla?

Man bekommt als Zuschauer*in den Eindruck, Priscilla eigentlich gar nicht richtig zu kennen. Sie existiert lediglich als das, was Elvis sich von ihr wünscht: sexy und willenslos. Entscheidungen über ihr Aussehen und ihre Freizeit werden von ihm getroffen. Selbst bei seinem Heiratsantrag fragt er sie nicht, sondern erklärt nur lächelnd: „We’re getting married.“ 

Der Druck, immer für Elvis schön sein zu müssen, wird besonders in einer Szene deutlich, als Priscilla kurz davor steht, ins Krankenhaus zu fahren, um ein Kind zu gebären und dabei falsche Wimpern aufträgt.

Emanzipation aus dem Nichts

Nach der Geburt ihres ersten Kindes, beginnt Priscilla zunehmend an Unabhängigkeit zu gewinnen. Sie trägt Kleider, die Elvis nicht gefallen, zieht häufiger Hosen an und entdeckt Hobbys wie Karate für sich. Schließlich fasst sie den Entschluss, sich von Elvis zu trennen. Diese Veränderungen passieren leider ohne Einblick in Priscillas Innenwelt, sodass man sich als Zuschauer*in fragt, wie Priscilla diese Kraft in sich findet. So bleibt Priscilla bis zum Schluss ein Rätsel.

Das Pendant zu Luhrmanns Elvis

Coppolas Priscilla, ist das cinematographische Pendant zu dem Film Elvis (2022) von Baz Luhrmann. Während Luhrmann Elvis als strahlenden Helden porträtiert und dabei geschickt unangenehme Aspekte seiner Beziehung zu Priscilla ausklammert, entscheidet sich Coppola dafür, schonungslos die düsteren Seiten von Macht und Berühmtheit zu enthüllen. Priscilla wird somit zu einem bedeutsamen Zeugnis, nicht nur für Priscillas Erfahrung, sondern auch für jene zahlreichen Frauen und Minderheiten, deren dunkle Erlebnisse im Glanz des Patriarchats übersehen werden.

Autor*in

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.